Bayer packt die große Keule aus
ab Düsseldorf – Bayer will es wissen. Gut einen Monat nachdem ein Berufungsgericht in den USA das Urteil im ersten Glyphosat-Prozess im Grundsatz bestätigt hat, bringen die Leverkusener die Causa in die nächste Instanz. Der Oberste Gerichtshof in Kalifornien soll klären, ob ein Unternehmen dafür haftbar gemacht werden kann, wenn es keinen Warnhinweis auf einem Produkt anbringt, obwohl US-Bundesrecht einem solchen Vorgehen entgegensteht. Schon bei der Urteilsverkündung im Berufungsverfahren hatte Bayer angekündigt, sich weitere Schritte vorzubehalten.Doch Bayer geht noch einen Schritt weiter: “Falls keine Überprüfung zugelassen wird, wird die widersprüchliche und fehlerhafte Behandlung dieser Fragen mit großer Wahrscheinlichkeit von Gerichten nicht nur in Kalifornien, sondern im ganzen Land weitergeführt”, heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens. Dabei macht Bayer geltend, dass die US-Umweltschutzbehörde EPA zu dem Schluss gekommen sei, dass ein Warnhinweis “krebserregend” auf Produkten, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, falsch wäre und es von daher mit Bundesgesetz nicht in Einklang zu bringen sei, ein Herbizid wissentlich mit einem solchen Warnhinweis zu verkaufen. Im vorliegenden Fall habe das Berufungsgericht Monsanto dafür bestraft, diese Straftat nicht begangen zu haben. Auf der Anklagebank sitzt Monsanto, aus deren Laboren Roundup kommt. Bayer hatte den US-Saatguthersteller 2018 erworben und kämpft seither mit tausenden Klagen.Das Berufungsgericht in Kalifornien hatte den verhängten Schadenersatz Ende Juli zwar auf 20,5 Mill. Dollar reduziert, zugleich aber bestätigt, dass das Herbizid Roundup wie vom Kläger behauptet Auslöser für dessen Krebserkrankung war. Der Kläger habe “reichlich” Belege dafür geliefert, dass seine Krebserkrankung durch Glyphosat und andere Substanzen aus dem Unkrautvernichter Roundup ausgelöst worden sei, hieß es in der Begründung. Bayer steht dagegen auf dem Standpunkt, dass das Urteil weder mit den im Verfahren vorgelegten Beweisen noch mit der Rechtslage in Einklang zu bringen ist.Zwar hatte sich Bayer Ende Juni mit einem Großteil der Glyphosat-Kläger auf einen außergerichtlichen Vergleich verständigt. Das letzte Wort ist in der Sache jedoch noch nicht gesprochen. Erst in der vorigen Woche mahnte das zuständige Gericht in San Francisco Fortschritte in den Vergleichsverhandlungen an (vgl. BZ vom 29. August) und setzte einen neuen Anhörungstermin für den 24. September fest.Die drei in erster Instanz ergangenen Urteile, die Bayer allesamt verlor, hatten die Leverkusener ausdrücklich von dem Vergleich ausgenommen. Es sei wichtig, diese Fälle zu verteidigen und so schnell wie möglich eine höchstrichterliche Entscheidung zu bekommen, hatte Bayer-Finanzchef Wolfgang Nickl im Interview erklärt. “Das Ziel ist, rechtskräftig feststellen zu lassen, dass die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche durch Bundesgerichte ausgeschlossen sind.”