Pharmaindustrie

Bayer stimmt auf Übergangsjahr ein

Mit einem milliardenschweren Konzernverlust und einem er­nüchternden Ausblick auf 2021 hat Bayer die Investoren am Donnerstag verschreckt. Mit einem Verlust von 6,4 % bildete Bayer das Schlusslicht im Dax.

Bayer stimmt auf Übergangsjahr ein

ab Köln – Nach einem desaströsen Geschäftsjahr, das Bayer letztlich einen Konzernverlust von 10,5 Mrd. Euro bescherte, sehen sich die Aktionäre mit einer saftigen Dividendenkürzung konfrontiert. Zur Ausschüttung vorgeschlagen werden 2,00 (i.V. 2,80) Euro je Aktie, wie Bayer bei der Bilanzvorlage mitteilte. Doch auch nach vorn geblickt sieht es nicht viel besser aus, kalkulieren die Leverkusener doch auch im laufenden Turnus mit einem Rückgang im bereinigten Ergebnis je Aktie. Dieses dient als Bemessungsgrundlage für die Dividende.

Der tiefrote Abschluss war Ergebnis hoher Sonderlasten, die sich im abgelaufenen Turnus auf 23,3 Mrd. Euro summierten. Das Gros entfiel dabei auf Rückstellungen zur Beilegung diverser Rechtsstreitigkeiten – allen voran die Glyphosatklagen – und milliardenschwere Wertkorrekturen. Mit einem bereinigten operativen Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) von 11,5 Mrd. Euro behauptete sich Bayer dagegen auf Vorjahresniveau. „Trotz Pandemie sehen wir eine robuste operative Performance“, kommentierte Bayer-Chef Werner Baumann und verwies darauf, dass es mit Kostensenkungen gelungen sei, die negativen Währungseffekte von 741 Mill. Euro zu kompensieren.

Doch vor allem im Schlussquartal lief es operativ alles andere als rund. Insbesondere in den Divisionen Cropscience und Consumer Health kam es zu spürbaren Ergebnisrückgängen im bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Einzig der Pharmasparte gelang im letzten Jahresviertel eine Ergebnissteigerung. Die 2018 mit Monsanto vergrößerte Agrarchemie büßte im Schlussquartal dagegen 30 % im operativen Ergebnis ein. Neben negativen Währungseffekten machte sich hier der temporäre Verlust der Zulassung für ein Herbizid bemerkbar. Seit Oktober ist Xtendimax aber für fünf Jahre zugelassen.

Die verspätete Zulassung werde sich auch 2021 noch auswirken, sagte Baumann. Entsprechend wird im laufenden Turnus damit gerechnet, dass das Agrargeschäft nur im Gleichschritt mit dem Markt um 2 % wächst. Den Anspruch, schneller als der Markt zu wachsen, habe Bayer jedoch nicht aufgegeben. „Wir haben nicht nur die Ambition, sondern auch die Mittel, um das darzustellen“, sagte Baumann. 2021 sei lediglich ein Übergangsjahr.

Doch auch auf Konzernebene wird Bayer 2021 nicht an das Vorjahresniveau anknüpfen können, zumal weiterhin Gegenwind von der Währungsfront weht. Allein im Umsatz werde sich das mit 2 Mrd. Euro niederschlagen, sagte Finanzchef Wolfgang Nickl vor der Presse. Konkret strebt Bayer für den neuen Turnus einen währungsbereinigten Konzernumsatz von 42 bis 43 Mrd. Euro an, ein Zuwachs um 3 %. Das Ebitda vor Sondereinflüssen wird dagegen nur in einer Größenordnung von 10,5 bis 10,8 Mrd. Euro vorhergesagt, entsprechend einer Marge von etwa 26 %. Doch auch zu konstanten Wechselkursen würde das bereinigte Ebitda mit 11,2 bis 11,5 Mrd. Euro nur knapp an das 2020er Niveau heranreichen. Übersetzt in das bereinigte Ergebnis je Aktie rangiert der Zielkorridor zwischen 5,60 und 5,80 Euro nach 6,39 Euro.

Hoher Mittelabfluss

Da 2021 auch milliardenschwere Zahlungen im Zusammenhang mit den geschlossenen Vergleichen fällig werden – kalkuliert wird mit Auszahlungen von etwa 8 Mrd. Euro –, geht Bayer von einem Mittelabfluss (Free Cash-flow) von 3 bis 4 Mrd. Euro aus. Im abgelaufenen Turnus waren noch 1,3 Mrd. Euro zugeflossen, obwohl knapp 4 Mrd. Euro in Vergleichszahlungen gesteckt wurden. Der Free Cash-flow fiel damit höher aus als erwartet. Das spiegelt sich auch in der auf 30 Mrd. Euro verringerten Nettoverschuldung. Diese wird im Zuge der Vergleichszahlungen gemäß der Planung jedoch wieder auf 35 bis 36 Mrd. Euro anschwellen.

Mit den Auszahlungen 2020 und 2021 dürften die Cash-Effekte aus den Vergleichsvereinbarungen im Großen und Ganzen abgedeckt sein, sagte Nickl. Doch auch operativ kommt Bayer mit dem Abarbeiten des Glyphosat-Vergleichs voran. Nach den Angaben sind inzwischen etwa 90 000 der 125 000 aktuellen Klagen verglichen. Noch offen ist das Settlement mit Blick auf künftige Klagen. Hier hatte Bayer den ersten Vergleichsvorschlag, den das zuständige Gericht in San Francisco absegnen muss, zunächst zurückgezogen und überarbeitet. Anfang Februar wurde ein neuer Vorschlag bei Gericht eingereicht. Der Ball liegt nun im Feld von Richter Vince Chhabria. Ende März/Anfang April wird mit seiner Entscheidung gerechnet.

Dass Bayer trotz des milliardenschweren Verlustes eine Dividende zahlt, begründete Baumann mit der operativen Performance und der Liquiditätslage, die das erlaube. „Wir wollen ein verlässlicher Partner der Kapitalmärkte sein“, sagte der Bayer-Chef und setzte nach, dass auch nach vorn geblickt nicht mit einem Dividendenausfall zu rechnen sei.

Bayer
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz41 40043 545
Bereinigtes Ebitda11 46111 474
Bereinigtes Ebit7 0956 975
Sondereinflüsse– 23264– 2 813
Ebit– 161694 162
Finanzergebnis– 1 081– 1 309
Konzernergebnis– 104954 091
Ergebnis/Aktie (Euro)–10,684,17
Bereinigtes Ergebnis/Aktie (Euro) 6,396,38
Free Cash-flow1 3434 214
Nettoverschuldung30 04134 068
Eigenkapitalquote (%)26,237,6
Börsen-Zeitung