Hauptversammlung

Bayer-Vergütungsbericht mit knapper Mehrheit gebilligt

Allen Unkenrufen zum Trotz verlief die diesjährige Hauptversammlung von Bayer in ruhigen und geordneten Bahnen. Kritik manifestierte sich jedoch erneut an der Vorstandsvergütung.

Bayer-Vergütungsbericht mit knapper Mehrheit gebilligt

Bayer-Aktionäre stoßen sich an Vorstandsvergütung

Vergütungsbericht mit Ach und Krach gebilligt – Winkeljohann darf als Aufsichtsratschef weitermachen

Mit knapper Mehrheit haben die Aktionäre von Bayer den Vergütungsbericht in diesem Jahr gebilligt. Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann zeigte sich von dem Ergebnis enttäuscht und gelobte Besserung. Im Amt bestätigt wurde der Chefkontrolleur allerdings nur mit knapp 80% der Stimmen.

ab Düsseldorf

Gemessen am lauten Wortgeklingel aktivistischer Investoren im Vorfeld der Hauptversammlung ist das virtuelle Aktionärstreffen von Bayer in ruhigen Bahnen verlaufen. Das täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass sich an der Vorstandsvergütung starke Kritik manifestierte. Am Ende wurde der Vergütungsbericht mit einer knappen Mehrheit von 52,33% gebilligt, wobei sich viele Aktionäre der Stimme enthielten. „Mit diesem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann und versprach der Hauptversammlung 2024 ein überarbeitetes Vergütungssystem zur Billigung sowie eine überarbeitete Form der Berichterstattung.

Die Kritik entzündet sich daran, dass die zur Berechnung der kurzfristigen variablen Vergütungskomponente herangezogenen Kennzahlen um die milliardenschweren Vergleichszahlungen zur Beilegung von Klagen, die vor allem die Themenkomplexe Glyphosat und PCB betreffen, bereinigt werden. Vor diesem Hintergrund erfragte ein Kleinaktionär die Höhe der Aktionärsrendite für die Jahre 2020 bis 2022 im Vergleich zur Entwicklung der Vorstandsvergütung für den gleichen Zeitraum. Während sich die Aktionärsrendite in den drei Jahren auf −30,7%, +1,2% und +6,2% belief, wie Winkeljohann ausführte, sank die Vorstandsvergütung im Jahr 2020 um 61%, erhöhte sich 2021 um 104% und verringerte sich 2022 um 17%. In der Gesamtvergütung ist auch der an der Kursentwicklung orientierte langfristige Vergütungsbestandteil enthalten.

Rechenkünste

Winkeljohann, dessen Aufsichtsratsmandat mit der Hauptversammlung ablief, wurde dagegen bei einer Präsenz von knapp 62% des Grundkapitals nur mit knapp 80% der Stimmen wiedergewählt. Starken Einfluss hatten dabei die großen internationalen Fondsgesellschaften, die sich in der Regel an den Empfehlungen der Proxy Advisor ISS und Glass Lewis orientieren, und diese hatten einmütig zur Wiederwahl geraten. Anders dagegen die deutschen Fondsgesellschaften Deka, DWS und Union Investment, die sich mit Verweis auf die Ämterhäufung des einstigen Europa- und Deutschlandchefs von PwC gegen die Wiederwahl aussprachen.

Winkeljohann rechnete vor, dass er trotz der Mandate bei der Deutschen Bank und drei nicht börsennotierten Gesellschaften ausreichend Zeit für sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender bei Bayer habe. Die Mandate bei Bayer und Deutscher Bank nähmen jeweils 120 Arbeitstage in Anspruch. Gehe man von 260 Arbeitstagen in einem Jahr aus, bleibe noch ein Puffer, da die drei anderen Mandate deutlich weniger Zeit beanspruchten, so Winkeljohann. Auch Kimberly Mathisen, die im vergangenen Herbst gerichtlich bestellt worden war, wurde mit 95% der Stimmen in das Kontrollgremium gewählt.

Für den seit Mai 2016 amtierenden Vorstandschef Werner Baumann war es die letzte Hauptversammlung in dieser Funktion. Am 1. Juni übergibt er an Bill Anderson und scheidet damit ein Jahr vor Auslaufen seines Vertrags aus. Letztlich hatten Aktionäre den vorzeitigen Abgang erzwungen. Wie Winkeljohann auf Nachfrage ausführte, bekommt Baumann seinen bis April 2024 laufenden Vorstandsvertrag ausbezahlt. Zudem erhält er bis Mai 2025 eine Karenzentschädigung. Der Barwert von Baumanns Altersbezügen belaufe sich auf 18,5 Mill. Euro.

Sichtlich ergriffen nahm Baumann, der 35 Jahre für Bayer arbeitete, die Dankesworte aus dem Aufsichtsrat entgegen. Die Aktionärsvertreter taten sich hingegen schwer, den scheidenden Manager mit lobenden Worten aus dem Amt zu geleiten. „Ihre Amtszeit waren aus Sicht der Aktionäre verlorene Jahre“, fasste Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, zusammen.

Angesichts der 2022 erwirtschafteten operativen Ergebnisse, die sich sehen lassen könnten, werde die Deka den Vorstand entlasten. „Das ist aber keine Entscheidung, die uns leicht gefallen ist“, merkte Speich an. In die gleiche Kerbe hieb Joachim Kregel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Janne Werning, Leiter ESG Capital Markets & Stewardship bei Union Investment, zollte Baumann Respekt für dessen „Lebensleistung bei Bayer“.

Marc Tüngler von der DSW sprach sich als einziger der Profi-Redner aus Deutschland für die Wiederwahl von Winkeljohann aus. Ihm sei es gelungen, die Nachfolge an der Vorstandsspitze bis zur diesjährigen HV zu regeln. Andersons Aufgabe werde es nun sein, die Konzernstruktur zu überprüfen. An dieser Stelle haben die institutionellen Investoren unterschiedliche Vorstellungen. Einig waren sich die HV-Redner, dass dem neuen Vorstandschef die erforderliche Zeit zur Meinungsbildung gegeben werden sollte.

Für mich war Bayer immer mehr als nur ein Arbeitgeber – Bayer ist für mich eine Herzensangelegenheit.

Werner Baumann