Beharrliche Männerwirtschaft

EY-Studie: Deutsche Konzerne tun sich schwer mit dem Aufstieg von Frauen ins oberste Management

Beharrliche Männerwirtschaft

Die Vorstände großer Unternehmen sind mehrheitlich immer noch Männerclubs. Der Anteil von Frauen in den obersten Führungsetagen erhöht sich sehr langsam. Es keimt Hoffnung, dass die neuen gesetzlichen Vorgaben mehr Dynamik ins Geschehen bringen.swa Frankfurt – Trotz der jüngsten Gleichstellungsinitiative des Gesetzgebers und der 2001 erklärten Selbstverpflichtung der Dax-Konzerne nimmt der Anteil von Frauen in Führungspositionen nur in Minischritten zu. In den 160 Unternehmen der Dax-Familie liegt der Frauenanteil im Vorstand aktuell bei 5,9 %, vor einem Jahr waren es 5,4 %, geht aus einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) hervor. “Deutsche Vorstandsetagen bleiben mehrheitlich männliche Monokulturen”, stellt Ana-Cristina Grohnert, Mitglied der EY-Geschäftsführung, fest. Vor dem Hintergrund der seit vielen Jahren anhaltenden Diskussion sei das “ein enttäuschendes Ergebnis”. Vier NeueAnfang 2016 haben es in der Dax-Familie insgesamt 40 Frauen in die Vorstandsetagen geschafft, im Kreis von 641 Männern. In den vergangenen sechs Monaten kamen vier Managerinnen dazu: bei Bayer, der Deutschen Bank, Schaeffler und Tele Columbus.Ein kleiner Lichtblick ist immerhin da: Während der Frauenanteil zwischen 2013 und 2015 kontinuierlich zurückgegangen war, zeigt sich seitdem immerhin eine leichte Steigerung. Große Schritte werden aber auch in naher Zukunft nicht erwartet, wie die ersten Veröffentlichungen der seit Anfang des Jahres verlangten Zielvorgaben in Unternehmen zeigen. Nach einer Befragung des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) strebt nur eine Minderheit absehbar einen höheren Frauenanteil an, zahlreiche Firmen geben weiterhin eine Quote von null als Zielwert an.EY-Partnerin Grohnert gibt die Hoffnung nicht auf und geht davon aus, dass die nun gesetzlich verankerte Diversität mehr Schwung in die Sache bringen wird. “Die Diskussion über den auch im internationalen Vergleich sehr niedrigen Anteil an weiblichen Vorständen wird an Intensität gewinnen, wenn die Unternehmen ihre selbst gesteckten Ziele veröffentlichen”, meint sie. Der Druck, ambitionierte Ziele zu benennen, werde zunehmen.Drei von vier Vorstandsgremien in börsennotierten Unternehmen sind aktuell ausschließlich mit Männern besetzt. Nur in 23 % der Firmen arbeitet mindestens eine Frau im Vorstand, vor zwölf Monaten lag dieser Anteil bei 21 %. Lediglich drei Dax 30-Unternehmen haben zwei Managerinnen im obersten Führungsgremium: Deutsche Lufthansa, Munich Re und Siemens. Im MDax, SDax oder TecDax sucht man dies vergebens. Anke Schäferkordt ist als Co-CEO der Mediengruppe RTL die einzige Frau an der Spitze in einer der 160 Dax-Firmen. In den 500 größten US-amerikanischen Unternehmen sind aktuell 21 weibliche CEOs am Ruder, das sind allerdings auch vier weniger als Ende 2014. Auch hier geht es mühsam voran: In den vergangenen zehn Jahren ist nach einer Analyse von S & P Capital IQ nur jedes zweite Jahr eine Frau an die Spitze gerückt.Die beiden Gesundheitskonzerne Fresenius und Fresenius Medical Care stechen hierzulande als die einzigen Blue Chips hervor, bei denen nicht nur im Vorstand, sondern auch im Aufsichtsrat Männerwirtschaft herrscht. Mit den Neuwahlen in diesem Jahr will Fresenius die gesetzliche Quote im Aufsichtsrat von 30 % erfüllen, kündigt der Konzern in der Erklärung zur Teilhabe von Männern und Frauen in Führungspositionen an. Zu den Diversity-Zielen im Vorstand äußert sich das als SE & Co. KGaA firmierende Unternehmen nicht: “Der Gesetzgeber sieht nicht vor, dass Unternehmen unserer Rechtsform Zielgrößen für den Vorstand definieren”, begründet Fresenius die Zurückhaltung und nennt für die beiden Ebenen unterhalb des Vorstands den Status quo als “Zielgröße” bis Ende 2020.Die Teilhabe im Vorstand variiert mit der Zugehörigkeit zum Börsenindex, wobei der Frauenanteil im Dax in den vergangenen sechs Monaten von 7,7 auf 8,7 % geklettert ist, was in absoluten Zahlen ein Anstieg von 15 auf 17 Managerinnen ist. Im SDax legte die Quote von 6,9 auf 7,9 % oder von 12 auf 14 zu. Stagnation herrscht dagegen im TecDax mit vier und im MDax mit insgesamt fünf Frauen in der obersten Führungsebene. MDax hinkt hinterherDer Anteil der Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand beträgt im Dax derzeit 47 % – vor einem Jahr waren es 40 %. Im SDax haben 28 % der Unternehmen eine Frau im Vorstand, im TecDax 13 % und im MDax nur 10 %.In der Ressortverteilung haben die Managerinnen mit 38 % vor allem operative Aufgaben übernommen, je ein Fünftel zeichnet für Finanzen und Personal verantwortlich.In eigener Sache unterstreicht die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, dass sie bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben mit gutem Beispiel vorangehen möchte, auch wenn man selbst keine Börsennotierung hat. EY hat in Deutschland derzeit drei Frauen in der zwölfköpfigen Geschäftsführung, bis 2017 soll ein Drittel weiblich sein. Im Kreis der großen Wettbewerber sorgt PwC mit zwei Frauen bei neun Vorstandsmitgliedern ebenfalls für Diversity, während bei KPMG und Deloitte der Vorstand bzw. die Geschäftsführung noch reine Männerdomänen sind.