Finanzierung

Bei Immobilien-Minibonds ist Feuer unterm Dach

Die kapitalintensive Immobilienbranche spürt die Folgen des rapiden Zinsanstiegs und volatiler Kapitalmärkte stärker als andere Sektoren. Etliche Emittenten kommen mit Refinanzierungskonzepten auf ihre Gläubiger zu.

Bei Immobilien-Minibonds ist Feuer unterm Dach

Feuer bei Immobilien-Minibonds

ESPG plant Umtausch in neue Anleihe – Erwe-Geldgeber lehnen Debt-to-Equity-Swap ab – Stern vor Gläubigerversammlung

Die kapitalintensive Immobilienbranche spürt die Folgen des rapiden Zinsanstiegs und volatiler Kapitalmärkte stärker als andere Sektoren. Vielen Unternehmen ist der Zugang zum Anleihemarkt de facto versperrt. Etliche Emittenten kommen mit Refinanzierungskonzepten auf ihre Gläubiger zu.

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Die Talfahrt der Immobilienmärkte setzt nicht nur Aktieninvestoren zu. Auch Anleihebesitzer müssen herbe Kursverluste hinnehmen – bis hin zum weitgehenden Totalausfall. Vor allem einige Mittelstandsanleihen stehen unter Druck, da die Emittenten in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Die Unternehmen präsentieren ihren Gläubigern Rettungskonzepte, um Handlungsspielraum zurückzugewinnen.

Diese Restrukturierungen laufen im Schatten des Großemittenten Adler Group. Bei dem in Luxemburg ansässigen Unternehmen ging es um das stattliche Volumen von 3,2 Mrd. Euro. Letztlich konnte Adler ihr Konzept durchsetzen, weil der High Court in London im April grünes Licht gab.

9,5 Prozent Zinsen

Um weitaus kleinere Beträge geht es bei Unternehmen wie European Science Park Group (ESPG) und Erwe. Die auf Wissenschaftsparks spezialisierte ESPG ist mit einem Umtauschangebot an ihre Bondholder herangetreten. Die Geldgeber sollen die Fälligkeit durch Umtausch im Verhältnis 1:1 in eine neue Anleihe mit drei Jahren Laufzeit verlängern. Der alte Minibond im Volumen von 46,6 Mill. Euro ist Ende September fällig.

Für die neue Schuldverschreibung bietet die frühere Diok Real Estate 9,5% Zinsen im Jahr – ein Satz, den man in der Vermietung erst einmal erwirtschaften muss. Die alte Anleihe weist einen Kupon von 6% auf. Als Berater ist die Quirin Privatbank an Bord. ESPG spricht von großem Interesse an dem Umtauschangebot, doch bei der Abwicklung sei es zu Verzögerungen gekommen. Daher wurde die Frist für den Umtausch bis 7. Juli verlängert. Vorstand Ralf Nöcker macht geltend, dass der Verschuldungsgrad (Loan to Value) auf 56,6% gesunken sei, was allerdings immer noch ein relativ hohes Niveau ist. Seit April 2022 hätten die Aktionäre 15,9 Mill. Euro Kapital eingeschossen.

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In akuten Nöten steckt das Immobilienunternehmen Erwe. Die Liquiditätslage sei „äußerst angespannt“, geht aus einem Firmendokument zur finanziellen Umstrukturierung hervor. Als Gründe werden unzureichende Cashflows aus der Vermietung und kurzfristige Fälligkeiten genannt. Die erwirtschafteten Mittel reichten nicht aus, um Personal- und Verwaltungskoten, geplante Investitionen, den laufenden Kapitaldienst und Beraterkosten zu decken.

Finanzierung über Anleihe

Das Unternehmen, das sich auf Mischnutzungsimmobilien konzentriert, finanziere sich „nahezu ausschließlich“ über eine 40-Mill.-Euro-Schuldverschreibung, die 2019 begeben wurde und am 10. Dezember 2023 fällig ist. Dieser Bond mit einem Kupon von 7,5% soll nun in Aktien getauscht werden.

Doch das Vorhaben stößt auf Gegenwind. In einer Abstimmung haben die Anleihegläubiger jetzt zwar einer Zinsstundung und einem Verzicht auf Kündigungsrechte zugestimmt, aber den Debt-to-Equity-Swap mit überwältigender Mehrheit von 99,3% (!) erst einmal abgelehnt. Vermutlich wollen sie abwarten, wie das Gutachten zur Fortführung des Unternehmens (Business Review) ausfällt.

Erwe braucht neuen Plan

Größter Bondholder ist Ethenea Independent Investors, die über einen Gegenantrag auch ihren Kandidaten für den gemeinsamen Vertreter der Bondholder durchgesetzt hat. Bei Ethenea spielt der bekannte Fondsmanager Luca Pesarini eine prägende Rolle.

Geplant war, nach einer Kapitalherabsetzung um 95% 6 Millionen Aktien an die Bondholder auszugeben. Diese hätten dann 83% des Grundkapitals gehalten. Nach Ablehnung des Konzepts muss nun ein neuer Rettungsplan her. Andernfalls droht die Insolvenz. Gut möglich, dass der Debt-to-Equity-Swap in modifizierter Form wieder auf den Tisch kommt. Größter Aktionär ist mit 37,3% die Elbstein AG, hinter der die Familie Ehlerding steht.

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Für 14. Juli hat Stern Immobilien eine Gläubigerversammlung angesetzt. Im Feuer steht die 6,25-%-Schuldverschreibung, die eigentlich am 24. Mai getilgt werden musste. „Die Gesellschaft hat die Rückzahlung zum Fälligkeitstermin nicht geleistet“, heißt es lapidar in der Mitte Juni veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilung. Laut der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger war eine Refinanzierung durch eine neue Anleihe gescheitert.

Alternativkonzept für Corestate

Nun schlägt Stern vor, die Laufzeit bis Ende 2023 zu verlängern und den Zinssatz von 6,25% auf 9,25% anzuheben. Außerdem ist eine Teilrückzahlung von 4,5 Mill. Euro zuzüglich aufgelaufener Zinsen zum 15. September geplant. Damit würden 30% des ausstehenden Volumens von 15 Mill. Euro getilgt.

Die Bondholder des Immobilien-Investmentmanagers Corestate haben im Juni auf der inzwischen dritten Gläubigerversammlung ein Alternativkonzept zur finanziellen Restrukturierung auf den Weg gebracht. Betroffen sind eine Firmenanleihe und eine Wandelschuldverschreibung im Gesamtvolumen von 488,3 Mill. Euro. Der ursprüngliche Plan, um den Bondholder und eine Gruppe von alten und neuen Aktionären lange gerungen hatten, musste modifiziert werden, weil kein Abschlussprüfer gefunden wurde. Das Rettungskonzept sieht nun einen Forderungsverzicht von 82%, neue Schuldverschreibungen von 37 Mill. Euro mit Laufzeit bis Ende 2026, die erstrangig besichert sind, und die Ausgabe von Aktien an Bondholder vor.

Accentro-Paket umgesetzt

Noch schlechter steht es um die Anleihen der Projektentwickler Terragon und Eyemaxx. Terragon meldete von einem Jahr Insolvenz an, Eyemaxx im Herbst 2021. Die beiden Unternehmen verlängern damit die ohnehin lange Liste ausfallender Mittelstandsbonds in Deutschland.

In trockenen Tüchern ist dagegen das Rettungspaket für Accentro. Die Bondholder hatten im Januar der Laufzeitverlängerung einer 250-Mill.-Euro-Anleihe um drei Jahre zugestimmt. Im Gegenzug steigt der Zins um 2 Prozentpunkte. Außerdem musste Accentro, die auf den Blockankauf von Wohnungen und die anschließende Weiterveräußerung an Mieter und Kapitalanleger spezialisiert ist, diverse Auflagen akzeptieren.

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