Berater sehen Milliardenmarkt für Mobilitätsdienste

Hohe Investitionen in künstliche Intelligenz - Mobilität auf Abruf mit guten Wachstumschancen

Berater sehen Milliardenmarkt für Mobilitätsdienste

igo Stuttgart – Neben der Elektrifizierung beschäftigen sich Autokonzerne derzeit vor allem mit Mobilitätsdienstleistungen. Hintergrund ist neben der Digitalisierung sämtlicher Lebensräume die Erwartung, dass der Individualbesitz von Autos in westlichen Ländern bald seinen Höhepunkt erreicht. Um sich darauf vorzubereiten, investiert die Industrie in neue Technologien und Start-ups zur Entwicklung neuer Dienstleistungen (vgl. BZ vom 12. September).Künstliche Intelligenz gilt als Schlüsseltechnologie für autonomes Fahren und Vernetzung. Einer Erhebung der Strategieberatung McKinsey zufolge investierten Auto- und Technologiekonzerne seit 2010 insgesamt 51,1 Mrd. Dollar in Übernahmen rund um künstliche Intelligenz. Seit 2014 habe sich das Volumen der Investments gegenüber den Jahren davor vervierfacht, schreiben die Autoren. Zwei Drittel der Investitionssumme flossen McKinsey zufolge in den Bereich autonomes Fahren, weitere 13,6 Mrd. Dollar in das Kundenerlebnis beim Fahren, also etwa in auf künstlicher Intelligenz basierende Infotainment-Systeme. Dabei wird der Vernetzung ein geringeres Umsatzpotenzial vorausgesagt als anderen Geschäftsmodellen. Hersteller sind bereits aktivDie Unternehmensberatung Accenture taxiert das zusätzliche Umsatzpotenzial für die Automobilindustrie durch Mobilitätsdienste allgemein bis 2030 auf jährlich 576 Mrd. Euro. Besonders vielversprechend ist demnach der Markt für Carsharing und sonstige Mobilitätsdienste auf Abruf. Hier sehen die Autoren ein Umsatzpotenzial von 343,5 Mrd. Euro. Fast alle etablierten Hersteller beschäftigen sich mit dem Thema. So gründete Volkswagen Ende 2016 die Marke Moia, die derzeit ein Pooling-Angebot – also Mitfahren auf Abruf – testet. Daimler sowie BMW und Sixt haben eigene Carsharing-Angebote.Services rund um das vernetze Fahrzeug bieten Accenture zufolge mit 119 Mrd. Euro das zweitgrößte Potenzial. Auch hier haben Hersteller bereits vereinzelt Ökosysteme geschaffen, etwa Daimler mit der Mobilitätsplattform Moovel. Der Monetarisierung von Fahrzeugdaten wird ein Erlöspotenzial von jährlich 56,5 Mrd. Euro vorausgesagt. Aus den Daten können zum einen neue Geschäftsmodelle entwickelt werden, etwa präzisere Stauwarnungen, für die der Kunde bezahlt. Anonymisiert könnten die Daten zum anderen an Dritte verkauft werden, etwa an Tankstellenbetreiber zur besseren Analyse des Verkehrsflusses.Der Aufbau digitaler Ökosysteme rund um Mobilität, sogenannte Living Brands, könnten zu zusätzlichen 32 Mrd. Euro Umsatz im Jahr führen. Mercedes me von Daimler oder Onstar von Opel sind Beispiele dafür. Über die Anwendungen lassen sich etwa Hotelzimmer buchen.Andreas Gissler, Leiter Automotive bei Accenture Strategy, traut den etablierten Herstellern grundsätzlich zu, IT-Konzernen bei der Entwicklung von Mobilitätsdiensten Paroli bieten zu können. “Es reicht aber nicht, einfach nur eine Mobilitätsplattform aufzubauen und eine schöne App dazu anzubieten”, so Gissler. Vielmehr setze sich derjenige mit seinem Angebot durch, der die Kundenbedürfnisse am besten verstehe. “Die Autohersteller müssen in ihre Daten- und Analysekompetenzen investieren, um gegenüber den Konkurrenten aus dem Silicon Valley eine Chance zu haben.”