Bet-at-home stellt Geschäfte in Österreich ein
md Frankfurt
Bet-at-home, ein Anbieter von Online-Sportwetten und -Spielen (Roulette, Blackjack, Poker etc.), wird sein Online-Casino in Österreich „vorübergehend zeitnah einstellen“. Das haben Vorstand und Aufsichtsrat in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen, wie das ehemalige SDax-Unternehmen mitteilte. Die für eine Einzelentscheidung ungewöhnliche Zusammenkunft der beiden Gremien war angebracht: Österreich ist nach Deutschland der wichtigste Markt für die Gesellschaft, deren Umsatz nach früheren Angaben zu über 60% aus dem gesamten Gaming-Bereich stammt.
Hintergrund der Maßnahme sei, dass sich eine maltesische Konzerngesellschaft von Bet-at-home in Österreich Klagen von Kunden auf Erstattung von Spielverlusten im Online-Casino ausgesetzt sieht. Der Konzern erachte das Online-Casino-Monopol der nationalen österreichischen Glücksspielregelung nach wie vor als europarechtswidrig und sehe sich demnach als rechtmäßiger Online-Casino-Anbieter in Österreich, wird in der Mitteilung betont.
Nicht zuletzt aufgrund der aus der aktuellen EuGH-Rechtsprechung abgeleiteten Erforderlichkeit einer wiederkehrenden Überprüfung auch durch die österreichischen Gerichte, die nach Auffassung von Bet-at-home derzeit „nicht in gebotenem Umfang“ stattfindet, sei der Konzern bisher von einer positiven Entwicklung der Rechtsprechung ausgegangen – insbesondere bei den Obergerichten in den Rechtsmittelinstanzen bis Ende des ersten Halbjahres 2022. Allerdings sei wegen eines aktuellen Beschlusses des österreichischen Obersten Gerichtshofs nunmehr unklar, ob Bet-at-home ihre Rechtsauffassung schon in absehbarer Zeit vor österreichischen Gerichten durchsetzen kann.
Bet-at-home geht weiterhin von der europarechtlichen Rechtmäßigkeit ihres Handelns und zudem von der zivilrechtlichen Unzulässigkeit der Klagen aus. Doch würde die Fortsetzung des Angebots von Online-Casino in Österreich vor abschließender rechtlicher Klärung über einen derzeit nicht mehr absehbaren Zeitraum hinweg „zu einem stetig steigenden Risikopotenzial führen, das insgesamt unvertretbar erscheint“.
Die Entscheidung über eine etwaige Wiederaufnahme des Angebots des Online-Casino-Geschäfts in Österreich werde künftig in Abhängigkeit von der Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen. Die maltesische Konzerngesellschaft werde weiter mit allen verfügbaren rechtlichen Mitteln gegen die in Österreich geführten Klagen vorgehen, heißt es.
Statt Gewinn nun ein Verlust
Der Vorstand habe beschlossen, weitere Rückstellungen für die bisher in Österreich anhängigen Kundenklagen auf Erstattung von Spielerverlusten zu bilden. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit den österreichischen Kundenklagen belaufen sich nach Unternehmensangaben auf 24,6 Mill. Euro. Daraus resultiert eine gravierende Änderung der Jahresprognosen: „Vorläufig“ erwarte Bet-at-home 2021 nun einen Brutto-Wett- und Gamingertrag – vergleichbar dem Umsatz in einem Industrieunternehmen – zwischen 93 und 98 Mill. Euro (zuvor: 100 bis 110 Mill. Euro). Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll zwischen –10 Mill. und –14 Mill. Euro liegen. Bislang war ein positives operatives Ergebnis von 8 bis 10 Mill. Euro in Aussicht gestellt worden.
Abhängig von der Entscheidung der österreichischen Finanzverwaltung gehe die Gesellschaft davon aus, dass auf zu erstattende Spielerverluste Glücksspielabgaben in Höhe von 40% der betreffenden Beträge an Bet-at-home zu erstatten sind. Diese Beträge würden aufgrund rechtlicher Unsicherheiten jedoch nicht zur Minderung der Aufwendungen im Zusammenhang mit den österreichischen Kundenklagen herangezogen und auch nicht aktiviert.
Zur genauen Prüfung der Lage der maltesischen Tochter wird die Vorlage des Zwischenberichts für das dritte Quartal, die für den 8.November geplant war, auf einen noch nicht genannten Termin verschoben. Die Aktie von Bet-at-home brach um 16,8% auf 19,02 Euro ein.
Wertberichtigt Seite 8