Beteiligungsgesellschaft Blue Cap im Wartemodus
Im Gespräch: Tobias Hoffmann-Becking
Blue Cap
im Wartemodus
Der Vorstandsvorsitzende der Münchner Beteiligungsgesellschaft erklärt seine Zurückhaltung im M&A-Markt in diesem Jahr
Von Joachim Herr, München
Im M&A-Markt tut sich derzeit relativ wenig. Die Zahl der angekündigten Fusionen und Unternehmenskäufe verringerte sich in der ersten Hälfte dieses Jahres weltweit um fast ein Viertel auf gut 28.000, wie das Analyse- und Beratungsunternehmen Global Data in London feststellt. Die gestiegenen Zinsen, die hohe Inflation, die Furcht vor einer Rezession und der Krieg Russlands gegen die Ukraine hemmen das Geschäft – auch das von Blue Cap. Die börsennotierte Münchner Beteiligungsgesellschaft hält sich sowohl als Käufer als auch als Verkäufer in diesem Jahr zurück.
Der Vorstandsvorsitzende Tobias Hoffmann-Becking begründet dies im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zum einen mit der Verfassung der acht Unternehmen im Beteiligungsportfolio von Blue Cap. Die operative Leistung der Firmen sei derzeit nicht gut genug. „Ein Verkauf wäre wegen der Marktsituation nur mit Abschlägen möglich“, sagt er. Ohnehin fehle es an guten Angeboten, weil es nur wenige Käufer gebe. Private-Equity-Firmen zum Beispiel wollen nach Hoffmann-Beckings Erfahrung derzeit keinen Fehler machen: „Sie halten sich zurück, wollen nicht zu früh kaufen.“
Sanierungsfälle im Angebot
Blue Cap beteiligt sich mit Anteilen von aktuell 42 bis 100% an mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 30 Mill. bis 80 Mill. Euro. Zum Kauf angeboten werden Blue Cap derzeit vor allem Unternehmen, die mit den hohen Preisen für Rohstoffe und Energie zu kämpfen hatten und haben, wie Hoffmann-Becking berichtet. Hinzu kämen in der Woche ein bis zwei Autozulieferer, allesamt Sanierungsfälle.
"Billig zu bekommen"
Da sich Blue Cap auf Unternehmen mit einem gesunden Kerngeschäft und mit Wachstumschancen beschränkt, winkt die Beteiligungsgesellschaft ab. „Autozulieferer mit einer Marge von 4 oder 5% und mit ein oder zwei Großkunden und einem austauschbaren Produkt wie Spritzgussteilen sind billig zu bekommen“, sagt der Vorstandschef. „Doch es ist sehr schwer, mit solchen Unternehmen Geld zu verdienen.“ Auf Sanierungsfälle konzentrieren sich andere Beteiligungsgesellschaften, etwa Mutares und Aurelius, die ebenfalls in München sitzen.
In diesem Jahr verkaufte Blue Cap nur eine Beteiligung: Uniplast, ein Hersteller von Verpackungen für Lebensmittel, wurde vom Management erworben. Die Frage, ob es Blue Cap in die Bredouille bringt, dass weitere Transaktionen vorerst ausbleiben, verneint Hoffmann-Becking: „Wir haben keine Fondsstruktur.“ Ein oder zwei Jahre länger mit Exits zu warten, sei auch im Sinne der Aktionäre.
"Kostenprogramme jetzt leichter"
Für Käufe fehle der Holding derzeit zudem genügend Liquidität. „Mit dem Geld, das wir zur Verfügung haben, stärken wir jetzt unsere Unternehmen.“ Ohne M&A-Transaktionen könne sich Blue Cap auf das Operative in den Beteiligungsfirmen konzentrieren. „Kostenprogramme sind jetzt leichter zu realisieren“, sagt Hoffmann-Becking. Wenn das Geschäft gut laufe, würden Probleme überdeckt. Auch mit Änderungen im Einkauf lasse sich die Rentabilität kurzfristig steigern.
Als Beispiele für Ansatzpunkte, die längerfristig ausgerichtet sind, nennt Hoffmann-Becking den Austausch der Geschäftsführung und der zweiten Managementebene, ein professionelles Recruiting von Fachkräften, einen gestärkten Vertrieb und Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie eventuell in neue Produkte und bei Bedarf ein Überarbeiten des Geschäftsmodells. Veränderungen konsequent durchzusetzen zählt für Hoffmann-Becking zur Kunst des Portfoliomanagements. Blue Cap versteht sich nicht als Freund der Geschäftsführung, sondern als Gesellschafter, der mit Wissen und Erfahrung unterstützt.
Aufträge verschoben
Dass die Kosten in der Gruppe in den vergangenen Monaten um 6% gesenkt worden seien, schlage sich in der Marge nieder, meint der Vorstandschef, nennt aber mit dem Verweis auf den Halbjahresbericht noch keine Zahlen. Den hat Blue Cap für den kommenden Mittwoch angekündigt. Im ersten Quartal war das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 30% gesunken. Hoffmann-Becking begründet dies damit, dass wichtige Kunden eines Unternehmens Aufträge verschoben hätten. „Nach dem Abbau der Lagerbestände kommen diese aber wieder, verstärkt wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte“, fügt er hinzu.
Im vergangenen Jahr steigerte die Gruppe den Umsatz um 30% auf 348 Mill. Euro. Das um Sondereffekte bereinigte Ebitda legte um 23% auf gut 30 Mill. Euro zu, die Marge verringerte sich auf 8,6 (i.V. 9,1)%. Der Nettogewinn hat sich auf 10,4 Mill. Euro mehr als verdoppelt. Für dieses Jahr stellt der Vorstand wegen des Verkaufs von Uniplast einen Umsatzrückgang auf 300 Mill. bis 320 Mill. Euro in Aussicht. Die bereinigte Ebitda-Marge soll in der Spanne von 8 bis 9% liegen.
Es sind nicht die besten Zeiten für Käufe und Verkäufe von Unternehmen. Blue Cap hat es nach den Worten von Vorstandschef Tobias Hoffmann-Becking aber nicht eilig. Die längere Haltedauer will die Beteiligungsgesellschaft nutzen, um ihre acht Firmen fitter zu machen. Kostenprogramme seien jetzt leichter durchzusetzen.