Italienische Edelfahrrad-Hersteller

Bianchi und Co wachsen gegen den Trend

Die Fahrradbranche klagt über deutlich rückläufige Umsätze. Italienische Edel-Fahrradhersteller wie Bianchi, Colnago oder Pinarello haben sich jedoch vom negativen Branchentrend abgekoppelt und legen zu.

Bianchi und Co wachsen gegen den Trend

Italiens Edel-Fahrradhersteller

Colnago & Co
hängen die Branche ab

Italienische Fahrradhersteller

Colnago & Co
hängen die Branche ab

Rekordzahlen bei Italiens Edel-Fahrradschmieden

bl Mailand
Gerhard Bläske, Mailand

bl Mailand
Gerhard Bläske, Mailand

Die Fahrradverkäufe in Europa sind 2022 und 2023 stark zurückgegangen. 2024 sieht es bisher nicht viel besser aus. In Italien sank die Produktion 2023 im deutlich zweistelligen Prozentbereich. Erstmals seit 1975 wurden weniger als zwei Millionen Fahrräder produziert. Anders schaut es bei den Produzenten sehr hochwertiger Rennräder aus: Erfolge von Kultmarken wie Colnago bei der Tour de France oder von Pinarello bei den Olympischen Spielen haben italienischen Velos zu einer Sonderkonjunktur verholfen.

Tour-de-France-Sieger Tadej Pogačar hat Colnago einen regelrechten Boom beschert. Die 1954 gegründete Marke aus den Nähe von Mailand, die seit 2020 mehrheitlich zu Chimera Investment aus Abu Dhabi gehört, hat ihren Umsatz seither auf 55 Mill. Euro verdreifacht. Für dieses Jahr peilt CEO Nicola Rosin 60 Mill. Euro an. In drei bis vier Jahren sollen es 100 Mill. Euro werden. Die Ertragslage ist mit einer Bruttobetriebsmarge von 25% komfortabel. Das Orderbuch deckt einen halben Jahresumsatz ab. Das Unternehmen investiert 15 bis 20 Mill. Euro in ein neues Werk. Ein wichtiger Treiber sind die Exporte. Colnago gibt die Exportquote mit 72% an.

Namen wie Colnago, Bianchi oder Pinarello lassen das Herz jedes Radsportfans höher schlagen: Inklusive Komponenten kann so ein Zweirad etwa im Fall der Colnago-Sonderserie Fleur-de-Lys, limitiert auf 111 Velos, 23.000 Euro kosten. Auch Komponentenhersteller wie Campagnolo oder Selle Royal, der weltweit führende Hersteller von Sätteln und Fahrradzubehör, genießen weltweit einen hervorragenden Ruf.

Hohe Kosten

Seit der Corona-Krise und diverser Konflikte im Anschluss haben viele Produzenten früher ins Ausland transferierte Produktionen zurückgeholt. Denn es hatte teilweise Probleme gegeben, etwa Komponenten aus Asien zu bekommen. Auch die Transportkosten sind deutlich gestiegen. Doch viele Produzenten haben im Boom zwischen 2020 und 2022 zu viel produziert.

Nicht nur Colnago errichtet ein neues Werk. Auch Bianchi hat 40 Mill. Euro für ein neues Werk am Firmensitz in Treviglio in der Provinz Bergamo (Lombardei) ausgegeben. Der 1885 gegründete Fahrradhersteller gehört seit 1997 der in Schweden beheimateten Holding Grimaldi von Salvatore Grimaldi.

Investoren steigen ein

Der Erfolg der italienischen Radindustrie hat das Interesse internationaler Investoren geweckt. Die börsennotierte niederländische Accell Group, zu der der deutsche Fahrradhersteller Winora-Staiger gehört, hat aus Italien Atara und den Rennrad-, Mountainbike- und Elektroradhersteller Carraro aus Padua im Portfolio. Die Private-Equity-Gesellschaft L Catterton hat ihre 80%-ige Beteiligung an Pinarello für angeblich knapp unter 300 Mill. Euro an das Family Office des südafrikanischen Milliardärs Ivan Glasenberg (Ex-Glencore) verkauft. Chairman Fausto Pinarello behielt seinen Posten und eine Beteiligung von 15%. Es gebe Projekte wie den Bau einer neuen Fabrik. Den Umsatz gibt er mit etwa 100 Mill. Euro an. Die Ertragslage habe sich weiter verbessert.

Die Phase der handwerklichen Schrauberei in irgendwelchen Hinterhöfen ist vorbei. Die notwendigen Investitionen in Innovationen, in die Diversifizierung des Angebots etwa um Gravel- oder Elektro-Fahrräder, in moderne und effiziente Fertigungen und in ein weltweites Verkaufsnetz verschlingen viel Geld. Dazu braucht es finanzkräftige Anteilseigner.

Börsengang abgesagt

Weniger gut läuft es für den Sattel- und Zubehörproduzenten Selle Royal aus Pozzoleone bei Vicenza, der seinen Umsatz zwischen 2019 und 2022 verdoppelt hatte. Der geplante Börsengang wurde Anfang 2022 wegen der unsicheren geopolitischen Situation abgeblasen. Das zu den weltweiten Marktführern gehörende Unternehmen zählt auch die Sattelmarken Fizik und Brooks (Ledersättel) zum Portfolio. Im Geschäftsjahr 2022/23 (30.6.) sank der Umsatz gegenüber Vorjahr von 223,8 Mill. Euro auf 176,5 Mill. Euro, die Ebit-Marge auf 6,9 (Vorjahr: 14,9)% und der Nettogewinn auf 8,2 (24,5 Mill.) Euro. Wise Equity stieg 2021 mit 33% ein. Die restlichen Anteile hält der Mailänder Investor Dec. 28 1928 Holding Spa.

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