Bahn-Logistiktochter

Schenker-Betriebsrat hält CVC für „kleineres Übel“

Beim milliardenschweren Verkauf der Bahn-Logistiktochter DB Schenker wird aus dem Preiswettbewerb der Bieter ein Ringen darum, wer die besseren Angebote zur Beschäftigungssicherung macht. Vertreter des Bundes beraten an diesem Freitag. Der dänische Logistikkonzern DSV wehrt sich gegen den Vorwurf, er würde 5.000 Stellen mehr abbauen.

Schenker-Betriebsrat hält CVC für „kleineres Übel“

Schenker-Betriebsrat hält CVC für „kleineres Übel“

Lenkungsausschuss der Bundesregierung brütet diesen Freitag über Gebote von CVC und DSV – Finanzinvestor baut 1.000 Stellen weniger ab als die Dänen

cru/ahe Frankfurt/Berlin

An diesem Freitag tagt der Lenkungsausschuss der Bundesregierung zum milliardenschweren Verkauf der Bahn-Logistiktochter DB Schenker. Vertreter von Kanzleramt und den Ministerien für Verkehr, Finanzen und Wirtschaft beraten über die Gebote des Konsortiums rund um den Finanzinvestor CVC auf der einen Seite und des dänischen Speditionskonzerns DSV auf der anderen. Beide liegen mit rund 14 Mrd. Euro derzeit gleichauf oder zumindest dicht beieinander. Allerdings hat CVC einen kleinen Teil des Kaufpreises an die Bedingung geknüpft, dass Schenker in den nächsten Jahren seine Gewinnziele erreicht.

Eine Entscheidung könnte der Bahn-Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung voraussichtlich am 19. September fällen – einen Tag nach dem ordentlichen Treffen des Kontrollgremiums. Das wird aus Finanzkreisen betätigt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Dienstag gesagt, dass Entscheidungen „zeitnah“ getroffen würden.

Zwei Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen bei Schenker

Eigentlich soll die Spedition, die den mit Abstand größten Ergebnisbeitrag im Deutsche-Bahn-Konzern liefert, an denjenigen gehen, der den höchsten Betrag bietet. Vorgegeben ist nur der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen für zwei Jahre. Diese Frist soll mit dem Closing der Transaktion beginnen. Doch inzwischen treten die Stellen- und Standortpläne in den Vordergrund und machen aus dem Preiswettbewerb, bei dem der Verkaufserlös dem Abbau der aktuell 35 Mrd. Euro Schulden der Bahn dienen soll, einen Sozialwettbewerb. Schenker beschäftigt in Deutschland knapp 15.000 Menschen, weltweit über 70.000.

Verdi ist für CVC

Laut einem internen Papier der Gewerkschaft Verdi vom 29. August, das der Börsen-Zeitung vorliegt, würde DSV aufgrund der Überlappungen im Geschäft 5.300 Stellen mehr in Deutschland abbauen als das CVC-Konsortium als neuer Eigentümer. Offiziell lehnte der Schenker-Betriebsrat eine Stellungnahme ab. „Die Ängste sind da. DSV beschwichtigt uns. Aber wir wissen nicht, ob wir das glauben können. CVC erscheint uns als das kleinere Übel“, sagte ein Verdi-Betriebsrat der Börsen-Zeitung.

Verdi-Bundesfachgruppenleiter Stefan Thyroke schreibt: „Die Zentralen von Schenker mit insgesamt 2.300 Mitarbeitenden (Schenker AG Head Office 1.200 inklusive 600 IT-Mitarbeiter, Europa 300 und Deutschland 800) sind bis auf möglicherweise 300 IT-Mitarbeiter allesamt von Wegfall ihres Arbeitsplatzes bedroht. Die Aussage von DSV uns gegenüber im Juli 2024 war klar und deutlich (‚We shut them down‘).“

DSV schießt gegen Verdi-Berechnungen

In den Geschäftsstellen Luft, See und Landverkehr gibt es laut der Gewerkschaft Verdi „in einigen Fällen eine direkte Nachbarschaft der Standorte“. Hier sei davon auszugehen, dass bei einer Übernahme durch DSV diese Standorte geschlossen werden. Bei den Standorten, wo es keine direkte Nähe gebe, sei ebenfalls mit einer Ausdünnung des Netzes an Geschäftsstellen zu rechnen. „Hier können wir nur spekulieren. Die Übernahme von Panalpina (aus Basel in der Schweiz) durch DSV im Jahr 2019 hat jedoch gezeigt, dass damals circa 40% der Arbeitsplätze verloren gegangen sind“, schreibt Fachgruppenleiter Thyroke.

Doch DSV hält jetzt dagegen. Nach Angaben aus Kreisen des dänischen Konzerns gegenüber der Börsen-Zeitung entsprechen die Angaben von Verdi nicht den Tatsachen. In einem Papier, das DSV beim Bahn-Aufsichtsrat sowie dem Vorstand und den Ministerien platziert hat, erläutern die Dänen, dass im Falle einer Übernahme von Schenker durch DSV nur 1.600 bis 1.900 Stellen abgebaut würden – im Vergleich zu 700 Stellen bei CVC. Die Differenz liege also bei rund 1.000 Stellen – und auch das nur zu Beginn. Nach der Übernahme werde DSV einen Milliardenbetrag in Deutschland in Terminals und Lagerhäuser investieren. Dies werde dazu führen, dass in drei bis fünf Jahren bei DSV und Schenker zusammen in Deutschland mehr Menschen arbeiten würden als derzeit.

Deutsche Bahn hält sich weiter bedeckt

Die Deutsche Bahn äußert sich nicht zu den Angeboten und spricht von „fortgeschrittenen Gesprächen“. Der Konzern verwies darauf, dass für alle Bieter „die gleichen, vorab festgelegten Regelungen zur Beschäftigungssicherung“ gelten würden. Die Bahn will Schenker veräußern, um sich – neben dem Abbau der Schulden – auch auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu können.

DSV schweigt offiziell

Dass DSV offiziell öffentlich keine Stellung nimmt, liegt am dänischen Kapitalmarktrecht: Der Konzern ist börsennotiert und hat seine Offerte für Schenker bisher weder öffentlich bestätigt noch öffentlich kommentiert, obwohl jeder davon weiß. Das erspart eine Pflichtmitteilung.

Dass auch beim Finanzinvestor CVC, der mit den Staatsfonds aus Abu Dhabi und Singapur (GIC) agiert, Stellen abgebaut würden, räumt sogar Verdi ein: „Bei einer Übernahme durch CVC rechnen wir lediglich und auch in unseren Augen sinnvollerweise mit dem Wegfall der Europa-Zentrale und einer Reduzierung bei der Konzern- und Deutschland-Zentrale.“

Für die Bahn arbeiten bei dem Deal in Finanzfragen Goldman Sachs und Morgan Stanley. Juristisch steht dem Konzern die Kanzlei Hengeler zur Seite.

Beim milliardenschweren Verkauf der Bahn-Spedition DB Schenker wird aus dem Preiswettbewerb der Bieter ein Ringen darum, wer weniger Stellen abbaut. Vertreter des Bundes beraten heute über die Offerten. Der dänische Logistiker DSV wehrt sich gegen den Vorwurf, er würde 5.000 Stellen mehr abbauen.