Bilfinger strebt weitere Erhöhung der Profitabilität an
Bilfinger strebt weitere Erhöhung der Profitabilität an
Zahlen und Ausblick übertreffen Erwartungen – Dividende wird kräftig angehoben – Aktie auf höchstem Niveau seit elf Jahren
md Frankfurt
Der Industriedienstleister Bilfinger hat 2024 alle Finanzziele erreicht, teilweise sogar übertroffen. Das Gleiche gilt für die Konsensschätzungen der Analysten. Die im MDax enthaltene Aktie tendierte am Dienstag in einem schwachen Umfeld freundlich, zumal der Ausblick auf das laufende Jahr positiv war. Zudem sei Bilfinger auf einem guten Weg, die Mittelfristziele für 2026/27 zu erreichen, sagte Vorstandsvorsitzender Thomas Schulz. Für den Kapitalmarkttag im Dezember stellte er neue Mittelfristziele für 2030 in Aussicht.
Bilfinger habe die zum 1. April zugekauften Teile des Industriedienstleisters Storck schneller als erwartet integriert, berichtete Schulz. Der Ergebnisbeitrag dieser Geschäfte habe über den ursprünglichen Erwartungen gelegen, was neben der anhaltend guten Nachfrage zum „äußerst erfolgreichen Jahr 2024", so Schulz, beigetragen habe.
Akquisition führt zu Umsatzsprung
Der in Mannheim ansässige Konzern setzte 2024 mit 5,04 Mrd. Euro 12% mehr um als im Vorjahr; der Großteil des Wachstums war allerdings akquisitionsbedingt. Organisch seien die Erlöse um 2% gestiegen, hieß es in der Bilanzpressekonferenz. Das Management hatte für den Umsatz eine Zielspanne von 4,8 Mrd. bis 5,2 Mrd. Euro vorgegeben, während die Konsensschätzung der Analysten nach Zahlen der Finanzdatensammler Bloomberg und Vara bei 5,03 Mrd. Euro lag.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielles Vermögen (Ebita) sprang den Angaben zufolge um 39% auf 264 Mill. Euro; daraus errechnet sich eine Ebita-Marge von 5,2 (i.V. 4,3)%, was dem oberen Rand der anvisierten Spanne von 4,8 bis 5,2% entspricht. Hier waren Analysten mit der Durchschnittsschätzung (Vara) von 253 Mill. Euro Ebita und einer Margenerwartung von 5,0% etwas zu vorsichtig gewesen.

Den deutlichen Ergebnisanstieg führte Finanzvorstand Matti Jäkel u.a. auf die Verbesserung der Quote für Vertriebs- und Verwaltungskosten zurück, deren Anteil am Umsatz von 6,6% auf 6,3% gedrückt wurde. Dahinter steckten Programme zur Steigerung der Effizienz und strenge Kostendisziplin.
Freier Cashflow sechs Quartale in Folge positiv
Das dritte Finanzziel, das sich Bilfinger gesetzt hatte, war der Free Cashflow – er sollte zwischen 125 Mill. und 165 Mill. Euro liegen. Tatsächlich wurden es sogar 180 (122) Mill. Euro, obwohl diese Prognose Mitte November angehoben worden war. Die von Bloomberg ermittelte Durchschnittserwartung der Analysten hatte bei knapp 170 Mill. Euro gelegen.
Vorstandschef Schulz wies darauf hin, dass das Schlussviertel des Vorjahres das sechste Quartal in Folge mit einem positiven freien Cashflow gewesen sei. CFO Jäkel unterstrich die positive Entwicklung der Cash Conversion Rate (freier Cashflow zum Ergebnis), die im Vergleich zu 2023 von 64% auf 71% gestiegen sei. „Wir wollen ein Investmentgrade erreichen“, sagte der Finanzvorstand, der seit 1989 bei Bilfinger arbeitet und seit 2022 Vorstandsmitglied und CFO ist. Die langfristigen Finanzschulden betrugen zum Bilanzstichtag 317 (295) Mill. Euro.
Der Jahresüberschuss lag wenig verändert bei 179,5 (181,5) Mill. Euro. Dabei sei zu berücksichtigen, dass 2023 die Aktivierung latenter Steuern einen positiven Effekt von 61 Mill. Euro auf das Nettoergebnis gehabt habe, wie CFO Matti Jäkel betonte. Der unverwässerte Gewinn je Aktie wird mit 4,79 (4,84) Euro angegeben. Der Hauptversammlung wird eine im Vergleich zum Vorjahr deutlich höhere Dividende von 2,40 (1,80) Euro pro Anteilsschein vorgeschlagen. Die Ausschüttungsquote liegt mit 53% in der vom Vorstand vorgegebenen Spanne von 40 bis 60%.
Dividende wird deutlich stärker erhöht als erwartet
Nach Vara-Zahlen war selbst die höchste Analystenerwartung an die Dividende (2,30 Euro) und erst recht die Durchschnittsschätzung (2,06 Euro) niedriger als der Ausschüttungsvorschlag. Auf Basis des aktuellen Aktienkurses ergibt sich eine Dividendenrendite von 4%.
Dieses Jahr wird ein Umsatz von 5,1 Mrd. bis 5,7 Mrd. Euro avisiert. Die Ebita-Marge soll zwischen 5,2 und 5,8% liegen und der freie Mittelzufluss zwischen 210 Mill. und 270 Mill. Euro. Analysten erwarteten gemäß Vara bislang im Schnitt 5,29 Mrd. Euro Umsatz, 294 Mill. Euro Ebita und eine Marge von 5,6%. Laut Bloomberg lag die Konsensschätzung für den freien Cashflow zuletzt bei 210 Mill. Euro.
„Sehr großer Investitionsbedarf“
„Das globale Marktumfeld ist weiterhin volatil“, sagte Schulz. Die Kunden stünden vor vielfältigen Herausforderungen. Diese stellten sich je nach Region unterschiedlich dar und seien häufig durch politische Rahmenbedingen beeinflusst. Der CEO betonte das schwierige Geschäft in Deutschland, insbesondere im Geschäftsbereich Chemie & Petrochemie, äußerte aber die Hoffnung, dass durch Veränderungen der Politik in Brüssel und Berlin die Investitionen anziehen. Es bestehe „sehr großer Investitionsbedarf“ in der Privatwirtschaft, doch habe die Sorge vor neuen Gesetzen, die geplante Investitionen in Frage stellen, zu einem Investitionsstau geführt. Schulz, der 2022 zu Bilfinger kam, kritisierte in diesem Kontext die „faktische Deindustrialisierung“ in Deutschland.
Trotz der Investitionszurückhaltung in Deutschland sei der Auftragseingang im Konzern 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 13% auf 5,33 Mrd. Euro gestiegen; organisch betrug der Zuwachs 2%. Der Orderbestand legte laut dem Geschäftsbericht um 22% auf 4,12 Mrd. Euro zu; hier lag das organische Plus bei 7%.
Energiemarkt hat größtes absolutes Wachstumspotenzial
„Wir sehen für Bilfinger aufgrund der Energiewende das größte Wachstumspotenzial absolut gesehen im Energiemarkt“, sagte Scholz der Börsen-Zeitung. „Das größte relative Wachstum erwarten wir im Pharma- und Biopharma-Bereich, bedingt durch die verstärkte Lokalisierung der Produktion und die verkürzten Markteinführungszeiten.“
Ausgehend von der gegenwärtigen Konjunkturflaute ist bei Bilfinger offenbar noch viel Luft nach oben, denn das Geschäft von Bilfinger „sehen wir eher im mittleren- bis nachzyklischen Bereich“. Scholz erläutert: „Grundsätzlich durchlaufen unsere Kunden andere Geschäftszyklen als wir. Stehen sie unter Druck, steigt die Nachfrage nach Outsourcing und Effizienzsteigerungen. Ist der Endkundenmarkt im Aufschwung, resultiert daraus eine hohe Nachfrage nach Dienstleistungen, die unterstützendes Wachstum fördern“, sagte der CEO der Börsen-Zeitung.
Durch die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA sieht Schulz keine Nachteile auf sein Unternehmen zukommen. „Wir erwarten in den USA eine verstärkte Investitionstätigkeit und sind vor Ort präsent“, erläuterte der Manager. Deshalb sei Bilfinger von einem sich abzeichnenden Handelskonflikt auch nicht betroffen, da es keine Waren in die USA liefere, fügte Schulz hinzu.
Kurs in schwachem Umfeld fest
Der Kurs der Bilfinger-Aktie zog nach Handelseröffnung am Dienstag in einem sehr schwachen Markt bis auf 61,70 Euro an; das war der höchste Stand seit Mitte 2014. Am frühen Nachmittag kostete das Papier 60,10 Euro; ein Plus von 1,7%. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt bei 2,25 Mrd. Euro.