Biotech Agennix löst sich auf
Von Julia Roebke, MünchenEs ist ein Sterben mit Ansage. Seitdem das Lungenkrebspräparat Talactoferrin in einer klinischen Studie der Phase III im August 2012 nicht die erhoffte Wirkung gezeigt hat, kämpft die börsennotierte Biotech-Firma Agennix ums Überleben. Wenige Monate zuvor hatte der Wirkstoff bereits bei einer Studie zur Behandlung von Blutvergiftung versagt, weitere Hoffnungsträger sind nicht in der Pipeline. Der Kurs brach allein 2012 um fast 90% ein.Jetzt wird sich Agennix auflösen. Eine entsprechende Liquidation haben die Aktionäre auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 22. Mai beschlossen, teilte Agennix gestern mit. Insolvenzen und Auflösungen, aber auch Rettungsübernahmen sind in der Biotechnologiebranche keine Seltenheit, ist doch das Geschäftsmodell angesichts hoher Entwicklungsrisiken und stetig steigender Komplexität an sich schon von Herausforderungen geprägt. Mit Agennix verlässt nun aber eines der wenigen börsennotierten deutschen Biotechs die Bühne, deren Anzahl verringert sich auf zwölf Unternehmen. Die Zahl der privaten Biotech-Unternehmen in Deutschland ist hingegen deutlich größer; der jüngste Branchenreport von Ernst & Young kommt auf 390 nicht börsennotierte Gesellschaften mit rund 8400 Mitarbeitern.Trotz zunehmender Finanzierungsprobleme und angesichts einer übersichtlichen Anzahl von Erfolgsmeldungen – 2012 gab es keine Marktzulassungen von Wirkstoffen aus deutschen Biotech-Schmieden und lediglich neun Wirkstoffe in der letzten Erprobungsstufe (Phase III) – war die Zahl der börsennotierten Gesellschaften hierzulande in den vergangenen Jahren erstaunlich konstant geblieben. Lediglich das Erlanger Biotechnologieunternehmen November AG, das 2006 bereits ein erstes Mal wegen drohender Überschuldung einen Insolvenzantrag stellte, verschwand 2012 endgültig vom Markt. Aber auch die anderen Gesellschaften mussten zuletzt kräftige Rückschläge einstecken. Beim Münchner Biotech-Laden Wilex etwa floppte das Hoffnungsträgermedikament Rencarex, die Aktie brach im Oktober um 60% ein und erholte sich seitdem nur geringfügig.An Wilex wie auch an der nun in der Liquidation befindlichen Agennix ist der SAP-Mitgründer Dietmar Hopp über seine Beteiligungsfirma Dievini in großem Stil engagiert. Neben den Gebrüdern Strüngmann (Hexal) mit ihrer Santo Holding gehört Hopp zu den großen Geldgebern hierzulande in der Branche. Dievini hat derzeit nach eigenen Angaben 15 Beteiligungen im Portfolio, an Wilex hält die Holding 39% und an Agennix 69%.Hopp gehört damit zu den großen Verlierern im Rahmen der Auflösung der Agennix. Denn nach dem Ausgleich der bestehenden Verbindlichkeiten wird für die Anteilseigner wohl nicht mehr viel zu holen sein.Zumindest gab Agennix bekannt, dass der derzeitige Barmittelbestand nicht ausreiche, um den gesamten Abwicklungsprozess zu finanzieren. Man führe daher Gespräche mit unterschiedlichen Parteien, um Finanzmittel zu generieren, so Torsten Hombeck, Vorstandssprecher von Agennix. So wie es aussieht, dient der Verkauf der verbliebenen Vermögenswerte also erst mal der Finanzierung der eigenen Abwicklung. Ehemals GPC BiotechSchon einmal stand die Gesellschaft nahe am Abgrund. Nach dem Scheitern eines Wirkstoffs gegen Prostatakrebs konnte die damalige GPC Biotech 2009 nur durch eine Fusion mit der US-Gesellschaft Agennix gerettet werden. GPC war einst ein Star am Neuen Markt, 2001 kaufte sich sogar das Chemieunternehmen Altana für 34 Mill. Euro als strategischer Investor ein (8,3%). Während der Fusion und der daran angeschlossenen Kapitalerhöhung bei Agennix, die 76 Mill. Euro einspielte, stand Friedrich von Bohlen und Halbach an der Unternehmensspitze. Er war schon damals Geschäftsführer von Dievini und sitzt heute auch im Agennix-Aufsichtsrat.