StaRUG

Bisher erst wenige vorinsolvenzliche Sanierungen

Das seit Jahresbeginn geltende Gesetz für vorinsolvenzliche Restrukturierungen (StaRUG) wird erst wenig genutzt.

Bisher erst wenige vorinsolvenzliche Sanierungen

hek Frankfurt

– Das seit Jahresbeginn geltende Gesetz für vorinsolvenzliche Restrukturierungen (StaRUG) wird erst wenig genutzt. Das wurde bei einem Round Table der Anwaltskanzlei Latham & Watkins deutlich. „So richtig gezündet hat das StaRUG noch nicht“, sagt Christoph Morgen, Partner der Restrukturierungs- und Insolvenzverwalterkanzlei Brinkmann & Partner. Deutschlandweit gebe es vier, fünf kleinere Fälle.

Das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen ermöglicht eine finanzielle Restrukturierung bei drohender Zahlungsunfähigkeit. Nicht zuletzt infolge der Corona-Pandemie haben die Regelungen in der Fachwelt große Aufmerksamkeit gefunden.

Der Hamburger Insolvenzrichter Axel Herchen bestätigt: „Wir haben nicht allzu viele praktische Fälle.“ Es sei aber relativ viel Kenntnis zu dem neuen Recht vorhanden. „Im Mo­ment wird mehr darüber geschrieben als damit gearbeitet“, meint Herchen. Am Gericht Hamburg gebe es einen abgeschlossenen Fall und darüber hinaus zahlreiche Schutzschriften von Gläubigern, die fürchten, von einem Verfahren überrascht und überrannt zu werden. In dem einen Fall habe das Gesetz einigermaßen gut funktioniert. An manchen Stellen ruckele es aber. Herchen nennt den Kostenvorschuss für den Restrukturierungsbeauftragten. Es könnten zwei, drei Wochen für die Einziehung des Vorschusses ins Land gehen: „Das ist sicher nicht das, was der Gesetzgeber sich vorstellt.“

Das „mit viel analytischer Brillanz“ in kurzer Zeit entstandene Gesetz habe „eine Fülle von Anwendungsvoraussetzungen“, sagt Latham-&-Watkins-Partner Jörn Kowalewski. Diese technischen Themen müssten sich noch einschleifen. Die geringe Zahl an Fällen bedeute keineswegs, dass das StaRUG in der Beratung keine Bedeutung habe. Das neue Instrument sei in der Praxis angekommen. Latham-Partner Frank Grell hält eine internationale Anerkennung des StaRUG­ für wichtig. Das Gesetz sei gerade für größere Restrukturierungsfälle gedacht. Diese seien häufig grenzüberschreitend.

Nach Einschätzung Morgens wird das Gesetz künftig in Einzelfällen zur Anwendung kommen, aber nicht das Sanierungsmittel für alle Situationen sein. Häufig biete das Insolvenzrecht bessere Optionen, etwa wenn Mietvertragsänderungen oder Personalmaßnahmen notwendig seien. Deutschland verfüge im internationalen Vergleich über ein sehr gut funktionierendes Insolvenzrecht. Ge­rade bei kleinen und mittleren Unternehmen aus den Breichen Gastronomie, Reise und Kultur sei eine Renaissance der klassischen Insolvenzverwaltung zu erwarten, weil der Zugang für die Eigenverwaltung verschärft worden sei. Bei größeren Unternehmen biete das StaRUG aber „neue Möglichkeiten“.

Der Restrukturierungsberater Tammo Andersch beobachtet ein eher passives abwartendes Verhalten bei vielen Unternehmen und nur wenige durch das Management angetriebene Transformationsprozesse. Es gebe wenig Bereitschaft, die stattlichen Corona-Liquiditätshilfen zu nutzen, um Strukturen und Geschäftsmodelle schnell zu verändern. Die Schuldenlast steige aber dramatisch. Verschärft werde die Problematik durch den „Corona­turbo“: Die Pandemie zwinge dazu, Strukturen noch schneller anzupassen, etwa im Handel. „Das aber vermissen wir derzeit bei vielen Unternehmen“, sagt der Vorstandschef von FTI-Andersch.