"Black Mamba" beißt Batteriekonzern Varta
Nachdem sich der Kurs von Varta im Jahr 2019 fast verfünffacht hatte auf ein Allzeithoch von 128 Euro, wenden sich nun viele Investoren von dem schwäbischen Batteriehersteller ab. Auslöser ist ein Bericht des anonymen Händlers “Black Mamba” über Erfolge der neuen chinesischen Rivalen Eve und Mic Power.cru Frankfurt – Mit einem Kurseinbruch um zeitweise 24 % – so stark wie seit März 2011 nicht mehr – auf 89,20 Euro sorgte Varta am Mittwoch für Aufsehen. Zwar laufen die Geschäfte des Konzerns, der erst im Dezember wegen der starken Kursgewinne in den MDax aufgestiegen war, derzeit noch sehr gut. Doch mit einem Post in dem israelischen Investment-Blog “Seeking Alpha” hat unter dem Pseudonym “Black Mamba” ein anonymer Händler, der allerdings selbst im Geschäft mit Leerverkäufen tätig ist, jetzt aufgedeckt, dass große Varta-Kunden neuerdings auch Batterien anderer Hersteller in Geräten wie kabellosen Kopfhörern oder Hörgeräten einsetzen. Zuvor hätten diese nur Produkte des Ellwangener Konzerns eingesetzt (https://seekingalpha.com/article/4315559-varta-ag-strong-sell).Auch in einer Studie von Commerzbank-Analyst Stephan Klepp, die zum Kurssturz beitrug, wird von mutmaßlichen Verkaufserfolgen der chinesischen Varta-Rivalen bei Elektronikkonzernen wie Samsung, Sony, Jabra und JBL berichtet, die ihre Batterien bisher bei Varta als dem alleinigen Zulieferer mit Monopolstellung für die Kopfhörer-Akkus einkauften. Varta-Kunden wie Samsung und Sony haben demnach wegen der starken Nachfrage, die der deutsche Batteriehersteller mutmaßlich allein nicht komplett hätte bedienen können, neuerdings auch auf andere Zulieferer gesetzt. Ausschlaggebend war dabei wohl die Furcht vor eigenen Marktanteilsverlusten aufgrund von möglichen Lieferengpässen.Bei den neuen Konkurrenten von Varta handelt es sich um die beiden chinesischen Hersteller Mic Power und Eve, wie ein Varta-Sprecher der Börsen-Zeitung erklärte. Bei den Batterien handelt es sich um etwa münzgroße, wieder aufladbare Akkus in sieben verschiedenen Varianten. Abmahnungen mit Frist”Bei mindestens vier Batterie-Typen wurden unsere Patente verletzt, wie wir im Dezember entdeckt haben. Wir werden diese groben Verstöße auf keinen Fall akzeptieren”, sagte der Varta-Sprecher. Man habe deshalb die großen Elektronikhandelsketten in Japan und den USA angeschrieben und die Verstöße bei einzelnen Produkten abgemahnt. Sollten die Hersteller nach Fristende nicht umgehend reagieren, werde Varta einstweilige Verfügungen erwirken. Bei den Patentverletzungen geht es um das Verfahren zum Verschließen der Batteriezellen mit einer Folie. Die hohe Energiedichte sei auf das eigens entwickelte Verfahren zurückzuführen, das durch Patente abgesichert wurde.Ein pessimistischer Ausblick des US-Lithiumproduzenten Livent, dessen Titel um knapp 17 % einbrachen, drückte zusätzlich auf die Stimmung im Batteriesektor. Livent hatte wegen fallender Preise am Dienstag vor einem Gewinnrückgang im Jahr 2020 gewarnt. Dies sei überraschend, da der Ausstoß zunehmen solle, schreibt Analyst Seth Goldstein vom Analysehaus Morningstar. Zudem blieb Livent 2019 hinter den eigenen Erwartungen zurück. Lithium ist ein wichtiger Rohstoff für Elektroauto- und Smartphone-Batterien.Wie Berenberg-Analystin Charlotte Friedrichs berichtet, hatte Varta-Finanzchef Steffen Munz gerade erst auf der Investorenkonferenz Pennyhill von steigenden Margen im Geschäft mit den Mikrobatterien erzählt. Positiv wurden auch die von der EU angekündigten Subventionen von 3,2 Mrd. Euro für eine europäische Batterie-Produktion aufgenommen, zu deren Profiteuren Varta zählen dürfte. Gerade erst hat das Unternehmen die eigene Haushaltsbatterien-Sparte Varta Consumer Batteries zurückgekauft.Bisher hatte die starke Nachfrage nach Lithium-Ionen-Zellen Varta kräftigen Schub verliehen. Sie werden unter anderem für Hightech-Produkte für Endverbraucher benötigt, insbesondere für inzwischen sehr gefragte kabellose Kopfhörer. Ob die neuen Batterielieferanten die Patente von Varta verletzen oder nicht, kann laut Commerzbank im Moment noch nicht beantwortet werden. Nachfrage wächstUm den stark steigenden Bedarf zu decken, weitet Varta im Eiltempo seine Kapazitäten mit Investitionen von insgesamt 100 Mill. Euro erheblich aus – so stark wie niemals zuvor in der Unternehmensgeschichte. Bis zum Jahr 2022 sollen nach früheren Angaben über 150 Millionen Zellen jährlich produziert werden – anstatt 65 Millionen im Jahr 2019.Bereits 2020 soll die Produktion zunächst auf 80 Millionen im ersten Quartal und dann auf 100 Millionen Zellen steigen. Dazu wurde kürzlich ein 20-Mill.-Euro-Auftrag an den Zulieferer Manz vergeben. Für 2020 strebt Varta zudem mit einem Anteil von mehr als 50 % in bestimmten Märkten eine weltweit führende Position bei Mikrobatterien für kabellose Geräte an.Für den Ausbau in der Lithium-Ionen-Fertigung hatte sich das Unternehmen im Sommer über eine Kapitalerhöhung 100 Mill. Euro besorgt. Bei der Commerzbank geht man von einem guten vierten Quartal 2019 aus und hält es für wahrscheinlich, dass das Unternehmen die für 2022 angepeilten Kapazitätsziele bereits zwei Jahre früher erreichen will.Am Mittwoch wurde der Handel mit der Varta-Aktie nach den Regeln der Deutschen Börse für Fälle extremer Kursschwankungen kurzzeitig unterbrochen. Der Ausgabepreis der Varta-Aktie lag beim Börsengang im Jahr 2017 bei 17,50 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich auch nach dem jüngsten Kurssturz noch seit Juni 2019 auf 3,9 Mrd. Euro verdoppelt. Haupteigentümer ist mit 58 % die VGG GmbH, eine Tochter der Schweizer Industrieholding Montana Tech Components, die wiederum dem österreichischen Investor Michael Tojner gehört. VGG hatte ihren Anteil Anfang Dezember durch eine Platzierung abseits der Börse um 2 % reduziert, so dass der Streubesitz auf 41 % gestiegen ist. Montana Tech hat sich verpflichtet, den verbliebenen Anteil mindestens ein halbes Jahr zu halten und langfristiger Aktionär zu bleiben.