WAGNISKAPITAL

Blackbox Rocket Internet

Von Ulli Gericke, Berlin Börsen-Zeitung, 5.9.2014 Das Start-up-Konglomerat Rocket Internet hat auch kurz vor dem erwarteten Börsengang noch eine etwas komplizierte Struktur - die potenzielle Investoren eher abschrecken dürfte als anziehen. Zwar...

Blackbox Rocket Internet

Von Ulli Gericke, BerlinDas Start-up-Konglomerat Rocket Internet hat auch kurz vor dem erwarteten Börsengang noch eine etwas komplizierte Struktur – die potenzielle Investoren eher abschrecken dürfte als anziehen. Zwar gibt es klar gegliedert drei Kernbereiche, denen sämtliche weltweiten Aktivitäten – mit Ausnahme der USA und Chinas – zugeteilt sind: Zum einen E-Commerce, dann Market Places mit Taxidiensten, Essenslieferanten, wie Hello Fresh, oder Angeboten rund ums eigene Heim. Und schließlich Financial Technology, eine Sparte, die Mobile-Payment-Lösungen an den Markt bringt und Heimat von Lendico ist, einer Online-Plattform für die private Kreditvermittlung.So weit, so gut, so überschaubar. Unüberschaubar wird es allerdings bei den Zwischenholdings Bigfoot I, Bigfoot II und Bigcommerce. Diesen Gesellschaften sind unterschiedliche Firmen aus dem großen Reich der Samwer-Gründung Rocket zugewiesen, ohne dass klare Fokus-Abgrenzungen erkennbar wären. Und um die Verwirrung komplett zu machen: Jede dieser Zwischenholdings hat eigene Aktionäre in unterschiedlicher Zusammensetzung. Erst im Mai hatte der zweitgrößte Aktionär der Berliner, der schwedische Finanzinvestor Kinnevik, von Rocket – also der Mutter – Aktien der Tochterholdings Bigfoot I und II erworben, geht aus dem Kinnevik-Zwischenbericht hervor. Auch Access und United Internet, andere Kernaktionäre von Rocket, sollen an – zumindest einer – Zwischenholding beteiligt sein, mit unbekannten Anteilen. Nichts Genaues weiß man aber nicht – kein guter Zustand kurz vor einem IPO, bei dem Transparenz über alles geht.Um diese verworrene Struktur zu lichten und die Bilanzierung zu vereinfachen, haben sich Rocket und Kinnevik gestern auf eine Vereinheitlichung der Strukturen verständigt. Demnach werden fünf Online-Modelabel zu einer Gruppe zusammengeschlossen. Die künftige Global Fashion Group (GFG) besteht aus der brasilianischen Dafiti, Jabong aus Indien, der russischen Lamoda, Namshi aus dem Nahen Osten und Zalora, die in Südostasien und Australien tätig ist. Im ersten Halbjahr habe die Gruppe (pro forma) mit 8,4 Millionen Bestellungen einen Umsatz von 436 Mill. Euro erzielt – nach 406 Mill. im gesamten Vorjahr. Seit Gründung der Firmen 2011 und 2012 hätten Kinnevik, Access und andere Investoren gut 1 Mrd. Euro in die Online-Gesellschaften investiert, teilten Rocket und die Schweden gestern mit. Um im gleichen Atemzug die heutige GFG mit 2,7 Mrd. Euro zu bewerten – eine stolze Wertsteigerung binnen zwei, drei Jahren.Entsprechend ihren Anteilen an den Einzelgesellschaften werden die bisherigen Investoren an der neuen, in Luxemburg angesiedelten GFG beteiligt: Die drei größten Aktionäre sind demnach Kinnevik mit 25,1 %, Rocket mit 23,5 % und Access Industries mit 7.4 %. Der Rocket-Mitgründer Oliver Samwer und Kinnevik-Chef Lorenzo Grabau sollen die Fashion-Group leiten. GFG sei mit etwa 350 Mill. Euro zur Jahresmitte sehr gut kapitalisiert und damit in der Lage, rasch weiter zu wachsen. Wie mächtig ist Kinnevik?Festzuhalten bleibt, dass es unterhalb der an die Börse strebenden Dachgesellschaft Rocket Internet zukünftig nicht nur drei Zwischenholdings gibt, sondern auch noch eine vierte, die GFG. Klarheit und Wahrheit verheddern sich immer mehr in diesem Geflecht.Und es stellt sich die Frage, wie (über)mächtig und dominant eigentlich Kinnevik ist, die zusätzlich zur gemeinsamen Presseinformation mitteilte, ihren GFG-Anteil separat noch weiter aufgestockt zu haben. Gegen Hello-Fresh-Anteile und Bares habe man zudem von Phenomen Ventures weitere Aktien der Zwischenholdings Bigfoot erworben. ——–Die Struktur des Börsen-Aspiranten gibt noch viele Rätsel auf.——-