Blackstone zahlt Solvay 1 Mrd. Euro
Die belgische Solvay veräußert das von Deutschland aus geführte Geschäft mit Material für Zigarettenfilter in die USA. Finanzinvestor Blackstone zahlt etwa 1 Mrd. Euro. Eine zweite Solvay-Sparte steht noch zum Verkauf.wb Frankfurt – Der belgische Spezialchemiekonzern Solvay hat einen Käufer für das schon länger im Schaufenster stehende Geschäft mit Materialien für Zigarettenfilter gefunden: Blackstone kauft die Division Acetow, die ihren Hauptsitz im badischen Freiburg hat. Der amerikanische Finanzinvestor zahlt rund 1 Mrd. Euro inklusive Schulden für den Carve-out. Angaben zur Fremdfinanzierung werden nicht gemacht.Die Auktion haben Credit Suisse und Goldman Sachs geleitet. Blackstone wurde von Rothschild, Natrium Capital und UBS beraten. Die als Sodaproduzent bekannte Solvay will das Geschäft mit Hightech-Materialien, das höhere Margen einspielt, ausbauen und weg vom großvolumigen Massengeschäft in Kunststoffen und der Basischemie. 7-mal Ebitda gezahltDie Bewertung entspricht laut Solvay dem 7-Fachen des Ergebnisses vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda). Die Gruppe, die es an der Euronext in Brüssel aktuell auf eine Marktkapitalisierung von 9,3 Mrd. Euro bringt, kann einen Gewinn von 150 Mill. Euro buchen und will den Mittelzufluss für den Schuldenabbau verwenden. Auch Platinum Equity soll zuletzt zum eingeengten Bieterkreis gezählt haben. Solvay hat auch das Polyamidgeschäft zur Disposition gestellt. Hier geht es um Nylon und hitzebeständige Kunststoffe. Hier wurden zuletzt rund 1,9 Mrd. Euro umgesetzt. Beide Sparte zusammen wurden von Analysten auf 2,1 Mrd. Euro taxiert.Für das Nylongeschäft sollen sich die britische Ineos, Access Industries (Leo Blavatnik) und Private-Equity-Häuser interessieren. Erst vor wenigen Wochen veräußerte der französische Ölkonzern Total sein von Berlin aus geführtes Spezialchemieunternehmen Atotech für 3 Mrd. Euro an den US-Finanzinvestor Carlyle. Der niederländische Feinchemiekonzern DSM hatte 2015 den Finanzinvestor CVC mit 65 % an seine Geschäft mit Polymer Intermediates sowie Kunstharzen beteiligt. Hier lag die Bewertung bei 600 Mill. Euro plus einem Earn-out von 175 Mill. Euro und das Multiple bei gut 6-mal Ebitda.Solvay Acetow ist einer der führenden Hersteller von Celluloseacetat-Tow für die Zigarettenfilterherstellung und betreibt neben Freiburg Werke in Kingsport (USA), Santo André (Brasilien), Roussillon (Frankreich) und dem russischen Serpuchow. Acetow hatte für 2015 einen Umsatzrückgang von 16 % auf 542 Mill. Euro hinnehmen müssen. Das Commodity-Geschäft hängt zu mehr als 90 % am Zigarettenabsatz.Vor fünf Jahren erwarb Solvay für 6,6 Mrd. Euro den französischen Chemiekonzern Rhodia, die Acetow mitbrachte. Diese hatte seit 1912 zunächst Zelluloseacetat-Flocken hergestellt, die in Farben und Lacken eingesetzt wurden, später kamen synthetische Garne hinzu. Nach Aufkommen der Zigarettenfilterkabel – die Kabel werden als Verbund von Einzelfasern aus in Aceton gelösten Zelluloseacetatflocken produziert – begann die Herstellung 1956 auch in Freiburg. Immer wieder M&ASolvay hatte 2009 ihre ertragsstarke Pharma für 5,2 Mrd. Euro an Abbott Laboratories verkauft. 2013 erwarben die Belgier für 1,3 Mrd. Dollar den US-Konzern Chemlogics (Chemikalien für die Öl- und Gasindustrie) und legte sich im vorigen Jahr in den USA für 6,4 Mrd. Dollar Cytec zu, die unter anderem leichte Materialien für Luftfahrt und Autoindustrie herstellt. Damit wurde das Chemiegeschäft mit führenden Positionen in Spezialpolymeren, Soda, Wasserstoffperoxid, Polyamiden, Acetatfasern oder Bergbauchemikalien diversifiziert, doch wuchsen die Schulden mit dem Cytec-Deal auf 6,5 Mrd. Euro (inklusive der Hybridanleihen). Dies entspricht einem Leverage vom 2,7-fachen Ebitda. Nach IFRS liegen die Nettoschulden bei 4,3 Mrd. Euro per Ende September.In diesem Jahr hat Solvay die Indupa-Chlorovinyl-Sparte in Lateinamerika mit einer Bewertung von 202 Mill. Dollar abgestoßen und sich aus dem Joint Venture Inovyn verabschiedet, was 335 Mill. Euro in Cash einbrachte. Für 2016 rechnet Solvay, an der die familiär dominierte Solvac 30 % hält, mit einem Wachstum des operativen Ergebnisses von 7 bis 8 % und einem freien Cash-flow von mehr als 700 Mill. Euro. Im Jahr 2015 lag das Ebitda bei 2,3 Mrd. Euro bei Umsätzen von 12,4 Mrd. Euro.