„Das Geld sitzt nicht mehr so locker“
Im Gespräch: Henning von Kottwitz
„Das Geld sitzt nicht mehr so locker“
Der Vorstandsvorsitzende begründet, warum sich die Münchner Beteiligungsgesellschaft Blue Cap mit Transaktionen schwertut
Von Joachim Herr, München
Investoren sind vorsichtiger geworden mit dem Kauf von Unternehmen. Das bekommt auch die Münchner Beteiligungsgesellschaft Blue Cap zu spüren. Vorstandschef Henning von Kottwitz stellt den Aktionären dennoch zwei bis vier Transaktionen für die nächsten Monate in Aussicht.
Das Geschäft für Beteiligungsgesellschaften ist mühsam geworden. Kauf und Verkauf von Unternehmen werden häufig zu Geduldsproben. Das ist die Erfahrung von Henning von Kottwitz, der seit Oktober 2023 Vorstandsvorsitzender der Blue Cap AG in München ist. „Die Due-Diligence-Prozesse der Kaufinteressenten dauern länger als früher, sie sind jetzt zum Teil in der dritten oder vierten Schleife“, berichtet er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Seine Begründung: „Das Geld sitzt nicht mehr so locker, die Entscheidungsfindung ist komplexer geworden.“
„Wir verfolgen derzeit aktiv zwei bis drei Verkäufe“, sagt er. Im vergangenen Jahr hatte sich Blue Cap von einer Beteiligung getrennt. Seitdem ist nichts mehr passiert. Auch auf der Kaufseite will das Unternehmen wieder tätig werden: „Wir prüfen auch vorsichtig, brauchen aber nicht so viele Schleifen, weil wir schlanke Prozesse haben und schnell Entscheidungen treffen“, betont er. „Wir schauen derzeit auf eine Handvoll Unternehmen und prüfen intensiv einen Kauf.“
Zwei bis vier Abschlüsse angestrebt
Nach längerer Vorbereitungszeit stellt von Kottwitz den Aktionären für die nächsten Monate Abschlüsse in Aussicht: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir noch in diesem Jahr zwei bis vier Transaktionen bekannt geben werden.“
Blue Cap ist an acht Unternehmen beteiligt, in sieben Fällen als Mehrheitsgesellschafter. Der Jahresumsatz liegt – mit der Ausnahme einer kleineren Firma – zwischen 20 Mill. und 70 Mill. Euro. „Wir konzentrieren uns auf Industrieunternehmen aus dem deutschen Mittelstand mit einem stabilen und nachhaltigen Geschäftsmodell“, sagt von Kottwitz. „Sondersituationen wie die Nachfolgesuche, Ausgliederungen oder eine temporäre Krise sind für uns besonders attraktiv. Sanierungsfälle kommen auch infrage, wenn wir glauben, deren Probleme lösen zu können.“
Leicht gesunkene Bewertungen
Der Blick auf solche Unternehmen hat noch einen anderen Grund: „Die Preise für Sanierungsfälle sind in Relation zur Unternehmensgröße niedrig“, berichtet von Kottwitz. „Wenn es größere Unternehmen sind, ist auch der Hebel für einen Turnaround größer.“ Blue Cap beobachtet deshalb nun auch Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Mill. Euro. Generell sind Käufe etwas erschwinglicher geworden: „Die Bewertungen sind in den vergangenen zwei Jahren leicht gesunken“, sagt er. „Das stellen wir auch als Verkäufer fest.“
Dahinter und hinter der Vorsicht der Interessenten steckt aber noch etwas anderes: „Die Märkte sind volatiler geworden.“ Wegen der erhöhten Unsicherheit sei es schwieriger geworden, die Geschäftsentwicklung vorherzusagen. „Es gibt markante Ausschläge sowohl nach oben als auch nach unten“, berichtet der Vorstandschef von Blue Cap, wenn er auf die Unternehmen im Portfolio schaut.
Verlust im vergangenen Jahr
Im vergangenen Jahr hatte Blue Cap den Firmen ein Fitnessprogramm verordnet. In Kombination mit einem Umsatzrückgang belastete die Restrukturierung das Ergebnis erheblich. Blue Cap wies einen Konzernverlust von 20,3 Mill. Euro aus nach einem Gewinn von 10,4 Mill. Euro im Jahr zuvor. Der Umsatz verringerte sich auf 273 (i.V. 291) Mill. Euro, das operative Ergebnis (Ebitda) auf 15,2 (40) Mill. Euro.
In diesem Jahr sei die Profitabilität der Unternehmen gestiegen und der Aufwand für Restrukturierungen deutlich gesunken, berichtet von Kottwitz. Ob das Konzernergebnis (ohne Transaktionen) positiv sein wird, will er nicht prognostizieren. Blue Cap strebt einen Umsatz von 270 Mill. bis 290 Mill. Euro an sowie eine um Sondereffekte bereinigte Ebitda-Marge von 8,5 bis 9,5%. Im Vorjahr waren es 8,5%, vor zwei Jahren 9,3%.
Sonderdividenden geplant
Wegen der schwachen Geschäftsentwicklung hatte der Aktienkurs im vergangenen Jahr schwer gelitten. Der mit dem sogenannten Net Asset Value gemessene Wert des Portfolios ging zurück. Hinzu kam der Abgang von Vorstandschef Tobias Hoffmann-Becking, den er im August 2023 überraschend angekündigt hatte. Hoffmann-Becking leitet inzwischen als Gründungspartner die Investmentgesellschaft Birkenstein Capital.
Im vergangenen Jahr verlor die Aktie von Blue Cap rund 30% an Wert. Dann holte sie bis Juni einen Teil davon auf. „Die Kursentwicklung seit der Hauptversammlung in diesem Jahr stellt uns aber nicht zufrieden“, gibt von Kottwitz zu. „Wir müssen Transaktionsergebnisse liefern. Da sind wir dran, dann sollte es mit dem Kurs wieder nach oben gehen.“ Derzeit liegt die Marktkapitalisierung unter 78 Mill. Euro.
„Ein wesentlicher Baustein“
Überzeugen will er Aktionäre auch mit einer Gewinnausschüttung. „Die Dividende ist ein wesentlicher Baustein für unsere Investoren“, sagt er. „Mit einer Dividendenrendite von bisher 3 bis 4% ist das ein Argument für unsere Aktie.“ Geplant ist eine Zweiteilung: „Wir wollen unseren Aktionären künftig eine Basis- und eine Sonderdividende zahlen. Auch für 2024 soll es eine Sonderdividende geben, wenn wir wie geplant erfolgreich Unternehmen verkaufen.“