Autoindustrie

Blume trimmt Volkswagen auf Rendite

Vorstandschef Oliver Blume trimmt den VW-Konzern mit einer angepassten strategischen Ausrichtung auf Rendite. Wertschöpfung hat künftig Vorrang vor Volumenwachstum. VW setzt zudem auf die Kraft seiner Marken.

Blume trimmt Volkswagen auf Rendite

Blume trimmt Volkswagen auf Rendite

Autobauer setzt auf Kraft seiner Marken – Wertschöpfung erhält Vorrang vor Volumenwachstum

ste Hamburg

Der seit September vergangenen Jahres von Oliver Blume geführte Wolfsburger Fahrzeugbauer Volkswagen hat seine strategische Ausrichtung angepasst. Um mit Blick auf die hohen Investitionen in den weiteren Umbau zu einem softwarebasierten Mobilitätsanbieter profitabler zu werden und Mittelzuflüsse zu stärken, überträgt der Konzern seinen Marken die Verantwortung für deren Renditeziele, Strategie und Markenidentität. Erstmals werde jede Marke ein eigenes Ergebnisprogramm auflegen, teilte VW anlässlich eines Kapitalmarkttags am Mittwoch mit. Unlängst hatte die größte Volumenmarke VW Pkw bereits avisiert, bis 2026 eine Ergebnisverbesserung um 10 Mrd. Euro anzustreben, um die operative Rendite von zuletzt 3% auf ein als wettbewerbsfähig angesehenes Niveau von 6,5% zu bringen und um damit Investitionen in Zukunftstechnologien und Beschäftigung zu sichern. Details des “Performance Programms” sollen bis Oktober vorliegen.

VW sieht neue Konkurrenten

In einem Mediengespräch vor der Präsentation am Hockenheimring sprach Vorstandschef Blume von einem “sehr besonderen und wichtigen Tag” für VW. Dieser Tag werde die strategische Vision verdeutlichen, die “massiven Potenziale” des Konzerns zu steigern. Um die Perspektiven näher zu erläutern, soll der Dialog mit Investoren und Analysten bei weiteren Kapitalmarktveranstaltungen der Marken in den kommenden Quartalen intensiviert werden. Am Mittwoch zog die Neuausrichtung Anleger noch nicht in den Bann: Die Vorzugsaktie, 2022 bei einer um Sondereinflüsse bereinigten Umsatzrendite des Konzerns von 8,1 (i.V. 8,0)% um 34% gesunken, legte nach Bekanntwerden der Pläne am Nachmittag um bis zu 1,4% zu, lag aber am Handelsende bei 125,02 Euro mit 0,9% im Minus.

Vor Analysten sagte Blume, die Aussichten der Automobilindustrie seien angesichts der geopolitischen Risiken und der konjunkturellen Unsicherheit ungewiss. Zugleich sehe sich VW mit neuen Konkurrenten konfrontiert, die aggressiv in den Markt drängten. Deshalb müsse man die eigene Transformation beschleunigen, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Konzernchef, der in einer von Investoren und Analysten kritisierten Doppelrolle auch an der Spitze der im vorigen September an die Börse gekommenen Sportwagentochter Porsche steht, teilte mit, IPO-Pläne für weitere Pkw-Marken sehe die Ausrichtung aktuell nicht vor. Indem für alle Marken klare Ziele und Umsetzungspläne festgelegt seien, die Unternehmergeist und schnellere Entscheidungen förderten, werde aber die Kapitalmarktorientierung bei jedem Akteur innerhalb des Konzerns verstärkt. Je fitter jede Marke werde, desto besser werde der Konzern.

Arno Antlitz, Finanzchef (CFO) und Chief Operating Officer (COO) von VW, erklärte den mit der Neuausrichtung verbundenen Paradigmenwechsel damit, künftig nachhaltiger Wertschöpfung gegenüber Volumenwachstum den Vorrang einzuräumen. Habe man in der Vergangenheit versucht, schneller als die Fixkosten zu wachsen und die Profitabilität über Volumenwachstum zu steigern, erfordere der Wandel zu Digitalisierung und Elektromobilität einen neuen Ansatz und ein Steuerungsmodell, das auf den Prinzipien Profitabilität, niedrigere Fixkosten und disziplinierte Investitionstätigkeit basiere. Durch diesen Paradigmenwechsel erhofft man sich bei VW eine stärkere Marktpositionierung der Marken.

Markengruppen neu benannt

Zur neuen Ausrichtung gehört auch eine Umbenennung der vier Markengruppen des Konzerns. Die Markengruppe “Core” (bislang: Volumen), zu der die Marken VW Pkw (Margenziel: 6,5%), Skoda (10%), Seat/Cupra (10%) und VW Nutzfahrzeuge (6%) gehören, soll mittelfristig eine Umsatzrendite von 8% erreichen, die Markengruppe “Progressive” (Premium) mit Audi (13%), Bentley (20%), Lamborghini (25%) und Ducati (14%) eine Umsatzrendite von 14%. Für die Markengruppe “Sport Luxury” mit Porsche werden 20% avisiert, für die Trucks-Gruppe mit MAN, Scania, Navistar und dem Südamerikageschäft 9%. Mindestmaßstab für die jeweiligen Finanzziele der Marken seien die Renditen von Wettbewerbern, so VW. Skalenvorteile sollen den Marken mit Plattformarchitekturen, Batterie, Software und Mobilitätsangeboten vier neu aufgestellte technologische Bereiche verschaffen.

Ab 2023 strebt der VW-Konzern den Angaben zufolge bis 2027 ein jährliches Umsatzwachstum von durchschnittlich 5 bis 7% an. Für die Zeit danach sei ein Wachstum geplant, das sich an der Branchenentwicklung orientiere. Die Umsatzrendite soll bis 2030 bei 9 bis 11% liegen. In den fünf Jahren bis 2027 will der VW-Konzern insgesamt 180 Mrd. Euro investieren, davon mehr als zwei Drittel in Digitalisierung und Elektromobilität. Mittelfristig und nach Auslauf der Investitionen in die Verbrennertechnik soll die Investitionsquote bis 2027 auf unter 11% und bis 2030 auf rund 9% sinken. Jede Markengruppe soll bestimmen können, wie die Mittel am effizientesten eingesetzt werden.

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