BMW verärgert Anteilseigner

Schelte für den nahtlosen Wechsel von Vorstandschef Reithofer in den Aufsichtsratsvorsitz - Sorgen um größten Einzelmarkt China

BMW verärgert Anteilseigner

Trotz des Lobes für eine erfolgreiche Bilanz hat BMW Kritik von Aktionären geerntet. In der Generalaussprache störten sich viele Redner daran, dass Vorstandschef Norbert Reithofer unmittelbar in den Aufsichtsrat (AR) wechselt, um dort den Vorsitz zu übernehmen. Chefkontrolleur Joachim Milberg rechtfertigte diese Entscheidung mit Reithofers “profunden” Erfahrungen.sck München – Der nahtlose Übergang von Vorstandschef Norbert Reithofer in den Aufsichtsratsvorsitz hat die Stimmung auf der ordentlichen Hauptversammlung von BMW unmittelbar vor dem Machtwechsel an der Konzernspitze etwas getrübt. Sowohl Kleinaktionärsvertreter als auch institutionelle Investoren äußerten sich kritisch über diesen Schritt. “Das ist kein Weg, der Nachahmer finden sollte”, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Dies werfe einen “kleinen Schatten” auf ihre erfolgreiche Arbeit, wandte sie sich an Reithofer, der als neuer Chefaufseher den langgedienten Milberg ablöst. Ähnlich drückte sich Felix Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) aus, der ankündigte, gegen Reithofers Wahl in den Aufsichtsrat zu stimmen. Diese Konsequenz zog die DSW-Vertreterin nicht; sie stimmte dennoch zu.Harscher formulierte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment seinen Missmut: “Damit schaden sich alle Beteiligten letztlich selbst.” Ein Aufsichtsratsvorsitzender brauche eine kritische Distanz, um Dinge zu hinterfragen. Ohne eine Abkühlungsphase sei das aber nicht möglich. Reithofer mache es seinem Nachfolger Harald Krüger noch schwerer, aus seinem Schatten zu treten. “Was für andere Dax-Konzerne gilt, muss auch für BMW gelten”, sagte er. Sämtliche Kritiker verwiesen auf die Grundsätze der guten Unternehmensführung, den deutschen Corporate Governance Kodex. Dieser empfiehlt eine Abkühlungsphase zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitz von zwei Jahren. Gesetzliche AusnahmeDer Kodex sieht aber in diesem Fall eine Ausnahme vor, was sich mit dem Aktiengesetz (§ 100) deckt. Ein nahtloser Wechsel ist dann möglich, wenn er auf dem Vorschlag von Einzelaktionären beruht, die mehr als 25 % halten. Das trifft auf BMW zu. Nach dem Willen der drei Großaktionäre, der Quandt-Familie, die zusammen fast 47 % des stimmberechtigten Grundkapitals kontrolliert, sollte Reithofer vorzeitig in den Aufsichtsratsvorsitz wechseln, um auf diese Weise an der Konzernspitze einem jüngeren Manager, dem bisherigen Produktionsvorstand Krüger, Platz zu machen. Stefan Quandt, zugleich stellvertretender Aufsichtsratschef, sprach von einer neuen Zeitrechnung bei BMW. Der Generationswechsel an der Konzernspitze sei gelungen. Milberg rechtfertigte Reithofers Übertritt in das Kontrollgremium mit dessen “profunden Erfahrungen” als Vorstandsvorsitzender. “Wir sind wirklich der Überzeugung, für die Aktionäre das Beste entschieden zu haben.” Der unmittelbare Wechsel in den AR stärke das Gremium im Interesse der Anteilseigner, formulierte er es. Bei einer Präsenz von 75,9 % des stimmberechtigten Grundkapitals segneten dank der HV-Mehrheit der Quandt-Familie die Aktionäre Reithofers Wechsel in den AR mit 85,5 % Ja-Stimmen ab. Kurz danach wählten ihn die Gremiumsmitglieder zum Vorsitzenden. Hohe ErwartungenIn der Aussprache gab Reithofer derweil die Richtung für seinen Nachfolger vor. So soll Krüger die Strategie seines Amtsvorgänger weitgehend fortsetzen. In seiner Rede nannte er u.a. die weitere Internationalisierung des Geschäfts, die verstärkte Hybridisierung der Antriebe sowie den Ausbau der Elektrofahrzeugflotte als künftige Aufgaben. Bei Letzterem will BMW auf diese Weise die strengeren Kohlendioxidvorschriften bis 2020 erfüllen. Die DSW-Vertreterin sprach davon, dass Krüger auf einer “hohen Basis” starte. Da werde es schwierig, alle Erwartungen zu erfüllen. “Wir erwarten von Ihnen, dass BMW weiter auf der Überholspur fährt”, sagte Bergdolt.In diesem Jahr steuert BMW neue Bestwerte bei Absatz, Umsatz und Ergebnis (vor Steuern) an. Getrübt wird dieser Ausblick allerdings von einer deutlich nachlassenden Wachstumsdynamik im größten Einzelmarkt China, wo BMW mittlerweile jedes fünfte Auto verkauft. Der Sprecher von Union Investment warnte davor, dass sich BMW zu abhängig von China mache. “Die fetten Jahre könnten schneller vorbei sein als gedacht, wenn die Entwicklung in China BMW einen Strich durch die Rechnung macht.” Reithofer betonte, dass der Konzern darauf abziele, beim Absatz ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Europa, Asien und Nordamerika zu erreichen. Dabei sei Europa das Rückgrat von BMW.