Lehren aus Signa-Absturz

Bonitätshüter fordern Transparenz ein

Die Ratingagenturen S&P und Scope machen undurchsichtige Strukturen der Signa-Gruppe mit verantwortlich für den Absturz des Immobilien- und Kaufhauskonglomerats.

Bonitätshüter fordern Transparenz ein

Bonitätshüter fordern Transparenz ein

Ratingagenturen S&P und Scope führen Signa-Absturz auf undurchsichtige Strukturen zurück

hek Frankfurt

Governance-Probleme können den Zugang zu Finanzmitteln einschränken und die Kreditwürdigkeit beeinträchtigen. Diese Lehre zieht S&P Global Ratings aus dem Fall Signa. Komplexe Organisationsstrukturen mit zahlreichen Minderheitsaktionären böten in der Regel nur begrenzte Transparenz und würden daher negativ bewertet, schreibt die Ratingagentur. Privateigentum mit undurchsichtigen Beteiligungen mache Unternehmen zudem anfällig für aggressive und unvorhersehbare Dividendenzahlungen.

Interessenkonflikt

Kritisch sieht S&P Eigentümer-Verflechtungen, wenn also der Vermieter am Mieter beteiligt ist. Das könne zu künstlich höheren Mieten und Bewertungen führen. Diesen Interessenkonflikt gibt es bei Signa des Öfteren. So gehören Signa etliche Kaufhäuser der eigenen Tochtergesellschaft Galeria. Eine ähnliche Konstellation besteht beim Luxuskaufhaus KaDeWe.

Kritiker halten Signa vor, überhöhte oder zumindest sehr hohe Mieten zu verlangen und so die Bewertungen und damit den Verschuldungsspielraum nach oben getrieben zu haben. Der Vertrauensverlust der Signa-Kreditgeber sei auch auf die Komplexität und Undurchsichtigkeit der Gruppe und die aggressive Dividendenpolitik zurückzuführen, glaubt S&P.

Die österreichische Signa Holding hat Ende November Insolvenz angemeldet. Diverse Tochter- oder Enkelgesellschaften sind ebenfalls insolvent.

Druck auf Bewertungen

Der Ausfall von Signa reiße eine Delle in den ohnehin angeschlagenen Gewerbeimmobiliensektor, aber S&P befürchtet keine weitreichenden Spannungen. Der Druck auf die Bewertungen könne sich verschärfen, falls Signa-Immobilien zu Preisen deutlich unter dem Marktniveau verkauft werden. Es sei schwieriger als vor einem Jahr, Bankfinanzierungen für neue Immobilienentwicklungen zu bekommen.

Das Bruttokredit-Engagement der elf von S&P bewerteten deutschen und österreichischen Banken gegenüber der Signa-Gruppe veranschlagt die Ratingagentur auf 2,7 Mrd. Euro. Die tatsächlichen Verluste seien aufgrund der Besicherungen höchstwahrscheinlich deutlich geringer. Bei den Versicherungen sieht S&P keine wesentliche Konzentration von Investments, die sich auf das Rating einzelner Versicherer auswirkt.

„Übergroße Entwicklungspipeline"

Laut der Ratingagentur Scope sticht das Signa-Geschäftsmodell mit einer „übergroßen Entwicklungspipeline" und hohen Bewertungen hervor. Die „sehr komplexe Unternehmens- und Finanzierungsstruktur" habe dazu geführt, dass Kreditgeber mit der Bereitstellung von Mitteln zögern. Das bringe Signa letztlich in eine Zwangslage. Die Überbewertung der Signa-Immobilien veranschlagt Scope auf 20 bis 25%.

Die Analysten Philipp Wass und Thomas Faeh halten Assetverkäufe mit hohen Abschlägen zum Buchwert für möglich. Diese seien der Marktstimmung "sicherlich nicht zuträglich". Potenzielle Verluste für die Gläubiger durch die Umstrukturierung von Bankschulden könnten dazu führen, dass sich die Finanzierungsbedingungen für den Immobiliensektor verschärfen. In den Jahren 2024 bis 2026 würden rund 120 Mrd. Euro Kapitalmarktschulden europäischer Immobilienkonzerne fällig – ein Anstieg um 75% im Vergleich zu 2021 bis 2023.

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