Boomender Online-Handel wird skeptischer
ge Berlin – Trotz ungebremst hoher Wachstumsraten sinkt die Zahl der Online- und Versandhändler, die ein weiteres Umsatzplus erwarten. Dennoch gehen immer noch fast zwei Drittel der Befragten von steigenden Erlösen in den nächsten zwölf Monaten aus, zeigt die Händlerstudie “Die Wirtschaftslage im deutschen Interaktiven Handel B2C 2015/2016”. Verglichen mit dem Umsatzplus sei der Ertragsanstieg in der Branche jedoch “eher gering”, urteilt Ralf Zirbes, der Geschäftsführer von Creditreform Boniversum, die die Untersuchung im Auftrag des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (Bevh) erstellt hatte. Sie zeigt auch, dass die Zahl der Firmen nicht nur in der gesamten Wirtschaft, sondern zuletzt auch im interaktiven Handel zurückging. Zugleich wächst der Anteil des Online-Handels (inkl. Mehrwertsteuer) auf fast 47 Mrd. Euro (plus 10 %), während die Erlöse des Versandhandels erneut einbrachen, 2015 um ein Viertel auf nur noch 5,5 Mrd. Euro.Eine skeptischere Stimmung auf hohem Niveau belegen auch die Antworten zu den geplanten Investitionen. Hierfür wollen zwar mehr als 90 % Geld in die Hand nehmen – doch weniger als ein Drittel (minus 12 Prozentpunkte) beabsichtigt damit, Kapazitäten zu erweitern. Stattdessen wird verstärkt in Innovationen investiert.Im Vordergrund steht dabei das Instrument der “dynamischen Preisgestaltung”, um auf Wettbewerber oder ungewöhnliches Kaufverhalten zu reagieren, ergibt die Untersuchung weiter. Mehr Kunden wagen OnlineInsgesamt liegt der Konjunkturklima-Index des interaktiven Handels mit 148 Punkten deutlich über dem der gesamten deutschen Wirtschaft mit 133 Zählern. In allen Sparten ist eine leichte Erholung zu beobachten – nur im Segment Freizeit hält der Abwärtstrend auf nur noch 136 Zähler an. In dieser Sparte enthalten ist auch der Kauf von Büchern, Tonträgern und Musik. Ein Teil dieser Leistungen wird inzwischen nicht mehr einzeln erworben, sondern über Streamingdienste in Anspruch genommen – womit der separat erfasste Umsatz sinkt, begründet Bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer das schlechter werdende Konjunkturklima. Entgegen Zirbes Erwartungen sind die teuren Retouren weiter angestiegen. Trotz ausgefeilterer Scoring-Modelle berichtet fast ein Fünftel der Online-Händler von höheren Quoten. Beim Modeversand, auf den fast ein Drittel der Online-Erlöse entfallen, würden bis zu 70 % der Bestellung zurückgeschickt, so Wenk-Fischer. Um potenzielle Käufer nicht abzuschrecken, werde die neue gesetzliche Möglichkeit, Gebühren für Retouren zu verlangen, “im Großen und Ganzen” nicht angewandt. Für Wenk-Fischer ist die höhere Rückgabequote ein Anzeichen dafür, dass mehr Kunden den Online-Handel ausprobieren.