IM BLICKFELD

Boomjahre für deutsche Messen

Von Antje Kullrich, Düsseldorf Börsen-Zeitung, 27.1.2016 Die deutsche Wirtschaft brummt. Und die deutschen Messen profitieren davon. Ihnen geht es so gut wie lange nicht mehr. Die Messekonzerne Frankfurt und Köln stellten bereits 2015 einen neuen...

Boomjahre für deutsche Messen

Von Antje Kullrich, DüsseldorfDie deutsche Wirtschaft brummt. Und die deutschen Messen profitieren davon. Ihnen geht es so gut wie lange nicht mehr. Die Messekonzerne Frankfurt und Köln stellten bereits 2015 einen neuen Umsatzrekord auf. Auch im gerade angelaufenen 2016 sind die Aussichten rosig, da es sich um einen veranstaltungsintensiven Jahrgang handelt. Nürnberg erwartet ein Rekordjahr und auch Düsseldorf und München rechnen mit starken Zahlen. In der NRW-Landeshauptstadt stehen mit der weltgrößten Druckmaschinenausstellung Drupa und der Kunststoffmesse “K” gleich zwei große Messen auf dem Programm, die nur im mehrjährigen Turnus stattfinden und München ist Gastgeber der Baumaschinenausstellung Bauma, die alle drei Jahre stattfindet und laut Veranstalterangaben flächenmäßig die größte Fachmesse der Welt ist.Der Messeplatz Deutschland ist und bleibt mit großem Abstand die Nummer 1 weltweit. Die Gelände in Hannover und Frankfurt führen in puncto Größe und Hallenkapazitäten das Ranking an. Rund 60 % der global wichtigsten Branchenmessen finden hierzulande statt. Pro Jahr kommen nach Angaben Messeverbandes Auma rund 10 Millionen Besucher zu den rund 170 Veranstaltungen, die an den insgesamt 26 deutschen Messestandorten auf die Beine gestellt werden.Die Messegesellschaften selbst kommen auf einen Umsatz von rund 3,5 Mrd. Euro, doch die gesamtwirtschaftlichen Effekte sind um ein Vielfaches höher. Die lokale Hotellerie und Gastronomie, Messebauer, Taxiunternehmen und andere Dienstleister profitieren. Das Ifo-Institut hat errechnet, dass die Produktionseffekte von Messen in Deutschland rund 23 Mrd. Euro jährlich erreichen.Praktisch alle großen Messeplätze hierzulande sind auf Wachstumskurs und orientieren sich dabei zunehmend international. Die Messe Frankfurt erzielt mittlerweile bereits mehr als ein Drittel ihres Umsatzes im Ausland.Und auch für die Kämmerer und Finanzminister lohnt sich das Messegeschäft wieder. Denn Kommunen und Länder sind in aller Regel Anteilseigner der Messegesellschaften. 2015 haben nach den vorläufigen Zahlen alle sieben führenden deutschen Messekonzerne schwarze Zahlen geschrieben. Das war in der jüngeren Vergangenheit längst nicht immer so. So hatte sich die damals defizitäre Messe Hannover 2012 ein Sparprogramm auferlegt. Von 2018 will das Unternehmen jedes Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben, zuletzt gelang das nur in veranstaltungsstarken Jahren.Auch die Kölner Messe plagt ein Kostenproblem: Ein Oppenheim-Esch-Fonds hatte sich vor gut zehn Jahren Grundstück und Bau von vier neuen Messehallen gesichert. Seit der Fertigstellung zahlt die Kölner Messe hohe Mieten. Das Vergabeverfahren wurde später vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt. Seit 2011 zahlt die Messe nur noch 75 % der ursprünglich vereinbarten Miete. Ein Vergleich in dem jahrelangen Streit ist jetzt zum Greifen nah, die Messe könnte bei Gelingen Mietrückstellungen auflösen. Die Messe München ist in Sachen Profitabilität schon weiter und schreibt trotz hohen Kapitaldienstes für den Neubau des Messegeländes bereits das sechste Jahr in Folge schwarz. Terror bedroht freien HandelDie Momentaufnahme der deutschen Veranstalter zeigt ein sonniges Bild, doch die Messemanager machen sich Sorgen. Die Digitalisierung ist für sie mehr Herausforderung als Chance. Die Geschäfte zwischen Unternehmen wandern immer mehr ins Internet. Noch stemmen sich die Messen erfolgreich dagegen. Im Marketing haben die großen Branchentreffs nach wie vor einen hohen Stellenwert. Nach einer Umfrage von TNS Emnid unter ausstellenden Unternehmen sind Messen hinter der eigenen Webseite das zweitwichtigste Instrument in der B2B-Kommunikation – noch vor dem eigenen Außendienst, Direct Mailing oder Werbung.Als neue Bedrohung nimmt die Messewirtschaft den Terrorismus wahr. Der Nürnberger Messechef Roland Fleck, der Anfang des Jahres zum Vorstandssprecher der Gemeinschaft deutscher Großmessen gewählt wurde, sprach kürzlich unter dem Eindruck der Anschläge in Paris gar von einer “epochalen Zeitenwende”. “Sollte die Terrorgefahr weiter zunehmen, dann ist die Messewirtschaft – wie immer – wohl eine der ersten Branchen, die dies spürt.” Und er fügte hinzu: “Denn Messen funktionieren bekanntlich nur, wenn auch der freie Handel floriert, wenn sich Menschen ohne Furcht treffen, sich austauschen und Geschäfte in fester Überzeugung einer positiven Zukunft abschließen.”