Börsenkandidat Westwing wächst um 22 Prozent
hek Frankfurt – Das E-Commerce-Unternehmen Westwing gilt schon seit längerem als Börsenkandidat. Jetzt werden die Vorbereitungen konkreter: Mitte August wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Mit einem neuen Logistikzentrum in Polen und dem Rückzug aus einigen Auslandsmärkten will Westwing nun die operative Schlagkraft voranbringen.Der auf Produkte für die Inneneinrichtung spezialisierte Online-Händler schreibt seit drei Quartalen schwarze Zahlen, bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Im ersten Halbjahr 2018 lag die bereinigte Ebitda-Marge bei 2 %. Der Umsatz kletterte um 22 % auf 120 Mill. Euro, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Auch im saisonal schwächeren zweiten Quartal verbuchte das Unternehmen, an dem die Start-up-Schmiede Rocket Internet mit 31,8 % beteiligt ist, nach eigenen Angaben ein “profitables zweistelliges Wachstum”. Die Zahlen sind um die Aktivitäten in Brasilien, Russland und Kasachstan bereinigt, die Westwing Anfang August zum Verkauf gestellt hat. Im vergangenen Jahr standen 220 Mill. Euro Umsatz und ein Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 2 % der Erlöse zu Buche.”Westwing befindet sich auf einem starken Wachstumspfad. Zur Finanzierung dieses Wachstums können auch Kapitalmarkttransaktionen gehören”, so das Unternehmen. Finanzkreisen zufolge strebt der Online-Händler bei dem geplanten Börsengang ein Emissionsvolumen von 100 Mill. bis 150 Mill. Euro an und könnte bei dem Schritt aufs Parkett mit 400 Mill. bis 450 Mill. Euro bewertet werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Bei einer Finanzierungsrunde vor zwei Jahren sei Westwing schon mit 449 Mill. Euro bewertet worden. Im Frühsommer war bereits der Online-Möbelhändler Home24, ebenfalls eine Rocket-Beteiligung, an die Börse gekommen.Die Fokussierung auf Europa begründet Westwing damit, dass hier große Synergien für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und der E-Commerce-Plattform bestünden. Hier ist der Konzern in elf Ländern unterwegs. Kernmarkt ist die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) mit 50 % Umsatzanteil sowie einem Erlöswachstum von 48 % und einer bereinigten Ebitda-Marge von 5 % in der ersten Jahreshälfte 2018. Außerdem ist Westwing in Italien, Spanien, Frankreich, Polen, den Niederlanden, Belgien, Tschechien und der Slowakei präsent. Hohe KundenbindungDas neue Logistikzentrum in Polen soll Anfang 2019 in Betrieb gehen. Es erweitert die dort vorhandenen Lagerkapazitäten. Mit einer Zusatzfläche von 35 000 Quadratmetern ist das neue Zentrum fast doppelt so groß wie das Verteilzentrum in Grossbeeren bei Berlin, das geschlossen wird.Westwing wurde 2011 gegründet und hat seinen Hauptsitz in München. Das Management Board besteht aus den beiden Gründern Stefan Smalla und Delia Fischer sowie Finanzvorstand Florian Drabeck. Smalla fungiert als Chief Executive Officer, während Fischer, eine frühere Redakteurin der Zeitschrift “Elle”, kreativer Kopf des Unternehmens ist. Die Produkte dienen vor allem dazu, eine Wohnung schöner zu machen. 90 % der Kunden sind Frauen.Die größten Anteilseigner neben Rocket Internet sind der schwedische Risikokapitalgeber Kinnevik mit 16,5 %, die Investmentfirmen AI European Holdings und Summit Partners mit jeweils etwa 11 % sowie Tengelmann Ventures mit 6,5 %. CEO Smalla hält 2,9 %.Neben einem festen Sortiment werden über die Plattform Produkte für ein täglich wechselndes Home-&-Living-Thema angeboten. Hinzu kommen 5 000 Erzeugnisse, die als Eigenmarken verkauft werden. Diese Private-Label-Waren bringen eine um 8 bis 10 Prozentpunkte höhere Marge als Drittmarken.Aufgrund der hohen Kundentreue kommt Westwing inzwischen mit relativ geringen Marketingaufwendungen aus. Diese betrugen im vergangenen Jahr 6 % der Erlöse. 85 % des Umsatzes erzielt der Konzern mit Kunden, die die Websites und Apps durchschnittlich 100-mal im Jahr, also etwa zweimal pro Woche, besuchen. Der Großteil des Geschäfts entfällt auf Textilien und Teppiche, Dekor und Accessoires, Beleuchtung und Küche/Essen. Der Möbel-Anteil am Umsatz beträgt 30 %. Bisher werden nur 5 % des relevanten Marktvolumens online abgewickelt.