Börsennotiz passt ins Familienwappen

EY: Notierte Firmen unter Familieneinfluss entwickeln sich besser als ihre privat gehaltenen Pendants

Börsennotiz passt ins Familienwappen

Familienunternehmen schlagen sich an der Börse gut, das hat sich bereits herumgesprochen. Aber wie entwickeln sich börsennotierte Firmen unter Familieneinfluss im Vergleich mit ihren privat gehaltenen Pendants? Für das Geschäftsjahr 2014 fällt der Vergleich laut EY eindeutig aus.sp Frankfurt – Börsennotierte Familienunternehmen sind für Investoren längst kein Geheimtipp mehr. Dass die Unternehmerfamilie im Aktionärskreis oder die operative Führung durch ein Mitglied des Gründerclans positiven Einfluss auf die Unternehmensentwicklung haben können, zeigt sich zum Beispiel in der Entwicklung des Dax Plus Family 30 (siehe Chart). Eine Auswertung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY legt jetzt nahe, dass die Börse umgekehrt durchaus positive Wirkung auf die Entwicklung von Familienunternehmen hat.Von 678 Firmen aus Deutschland, bei denen die Familie wenigstens 30 % der Anteile hält und die mindestens 300 Mill. Euro Umsatz machen, haben sich die 72 börsennotierten Gesellschaften zuletzt deutlich besser geschlagen als die 602 privat gehaltenen Unternehmen. Der Umsatz der börsennotierten Konzerne unter Familieneinfluss legte im Geschäftsjahr 2014 um 4,9 % auf 630 Mrd. Euro zu, während die privat gehaltenen Firmen nur etwa halb so schnell um 2,6 % auf knapp 853 Mrd. Euro zulegten. Das Umsatzwachstum spiegelt sich auch in der Zahl der Beschäftigten wider, die in den Gesellschaften mit Börsennotiz um 4,8 % auf insgesamt 2,4 Millionen anstieg. Die privaten familiengeführten Unternehmen stellten 2014 netto rund 100 000 neue Mitarbeiter ein, die Zahl der Beschäftigten kletterte damit um 2,6 % auf 3,7 Millionen.Ob Familie mit oder ohne Börsennotiz im Wappen, deutliche Unterschiede in der Entwicklung von Familienunternehmen ergeben sich auch in einer regionalen Betrachtung: Während die Gesellschaften unter Familieneinfluss in Baden-Württemberg und Bayern im Jahr 2014 mit einem Umsatzwachstum von 5,6 % und 5,3 % überdurchschnittlich zulegten, kamen die familiengeführten Firmen in Nordrhein-Westfalen um 1,9 % voran. Bei den untersuchten Familienunternehmen mit Sitz in Hamburg schrumpfte der Umsatz leicht um 0,3 %.”Familienunternehmen prägen die deutsche Wirtschaft”, kommentiert EY-Partner Peter Englisch die Auswertung. Am wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand Deutschlands und der guten Arbeitsmarktlage hätten sie entscheidenden Anteil. Die für sie typische Betonung von Kontinuität, Nachhaltigkeit und langfristiger Planung scheine sich dabei auszuzahlen. Nur jeweils gut ein Fünftel der untersuchten Gesellschaften habe in dem Geschäftsjahr einen rückläufigen Umsatz und sinkende Beschäftigtenzahlen gemeldet. Patriarch als Fluch und SegenEin entscheidender Erfolgsfaktor von Familienunternehmen sei die enge persönliche Bindung der Inhaber an das Unternehmen, sagt Englisch. Viele Familienunternehmen blickten außerdem auf eine beeindruckende Geschichte zurück. Das älteste der untersuchten Familienunternehmen ist die auf das Jahr 1467 zurückgehende BGH Edelstahlwerke GmbH mit einem Umsatz von 720 Mill. Euro. Die älteste börsennotierte Gesellschaft ist die 1668 gegründete Merck KGaA, die es auf einen Umsatz von rund 12 Mrd. Euro bringt. Immerhin 13 % der Familienunternehmen in der Auswertung sind älter als 150 Jahre.Der Einfluss des Familienpatriarchen ist freilich häufig auch mit ein Grund dafür, dass so manches Familienunternehmen an die Grenzen seiner Entwicklungsmöglichkeiten stößt. Experten sehen gerade in Sachen Corporate Governance häufig Probleme in familiengeführten Unternehmen. In vielen Firmen stehen in den nächsten Jahren außerdem Generationenwechsel an, die von der Gründergeneration oft nur unzureichend vorbereitet werden und das Unternehmen im Übergang einem echten Stresstest unterziehen.Gerade für die regionale Wirtschaft hätten die mittelgroßen bis großen Familienunternehmen dennoch eine herausragende Bedeutung, sagt Englisch. Sie seien häufig abseits der wirtschaftlichen Zentren angesiedelt und vor Ort oft der größte Arbeitgeber. Sie wirkten stabilisierend und engagierten sich in erheblichem Umfang in Ausbildung, Integration sowie Kultur und Soziales.Als größtes familiengeführtes Unternehmen in Deutschland führt EY in ihrer Auswertung den Volkswagen-Konzern unter Einfluss der Familien Porsche und Piëch an. Insgesamt sind 56 Unternehmen unter den ausgewerteten Firmen der Automobilindustrie zuzurechnen. Stark vertreten sind auch der Maschinenbau (54) und die Metallverarbeitung (32), aus anderen Industriezweigen stammen 116 Firmen. Ebenfalls stark geprägt von Familienunternehmen sind in Deutschland die Branchen Lebensmittelerzeugung (71) und Handel (59). In den Branchen Medien (13) und Informationstechnologie (11) gibt es nur wenige Familienunternehmen in der Größenordnung von 300 Mill. Euro Umsatz und mehr.