Bosch muss Diesel-E-Mails offenlegen
igo Stuttgart – Der Zulieferkonzern Bosch muss im Zusammenhang mit einer Klage gegen die VW-Mehrheitsaktionärin Porsche SE interne Unterlagen offenlegen. Darunter E-Mails, die Mitarbeiter und Juristen des Konzerns an Volkswagen geschickt haben. Das urteilte das Landgericht Stuttgart am Freitag. Bosch will die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Man behalte sich vor, Rechtsmittel einzulegen. Hintergrund des Streits ist eine Klage privater und institutioneller Anleger gegen die Porsche SE, die 52 % der VW-Stammaktien hält. Die Kläger werfen VW und der SE vor, den Kapitalmarkt zu spät über die Manipulation der Abgasnachbehandlung von Dieselfahrzeugen informiert zu haben. Das Gericht hatte daraufhin von Bosch die Herausgabe einer Reihe von Unterlagen gefordert. Bosch, die VW mit Software belieferte, hatte sich verweigert und dabei auf das Zeugnisverweigerungsrecht und Geheimhaltungsvereinbarungen mit VW verwiesen. Der zuständige Stuttgarter Richter Fabian Richter Reuschle wies beide Einwände ab. Das Zeugnisverweigerungsrecht setze voraus, dass Bosch durch die Offenlegung der Dokumente ein Schaden entstehen würde. Das sei aber nicht der Fall. Als realwirtschaftlicher Zulieferer sei Bosch nicht für den Schutz von Anlegern eines Kunden verantwortlich. Bosch laufe daher “unter keinen Umständen Gefahr, wegen einer möglicherweise falschen Kapitalmarktinformation selbst in Anspruch genommen zu werden”, so Reuschle. Das gelte “erst recht” gegenüber sonstigen Firmen, mit denen Bosch keine direkte Geschäftsbeziehung habe, wie der Porsche SE. Keine Gefahr bei AussageReuschle sieht es auch nicht gegeben, dass sich Bosch oder deren Mitarbeiter bei der Beantwortung von Fragen oder der Offenlegung von Dokumenten der Gefahr aussetzen würden, selbst wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Unter den Dokumenten befinden sich E-Mails von Bosch-Ingenieuren an Audi-Ingenieure sowie eine E-Mail der Rechtsabteilung des Zulieferers an VW. Die Dokumente stammen aus den Jahren 2007 und 2008. Darin soll Bosch VW vor dem Einbau einer illegalen Software gewarnt und eine Haftungsfreistellung angefordert haben.Reuschle legte in seiner Urteilsbegründung dar, dass er die Verantwortung für die illegalen Abschaltfunktionen in VW-Autos allein bei den Software-Ingenieuren des Autoherstellers sieht. Von einem Betrug ihrerseits gehe er indes nicht aus, da die dafür erforderliche Bereicherungsabsicht fehle. Diese Einschätzung ist einem Gerichtssprecher zufolge für die eigentliche Klage gegen die SE oder sonstige Klagen im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug nicht relevant. Die angeforderten Unterlagen, so der Richter, attestierten Bosch ein “compliancegemäßes Verhalten bis Juni 2008”. Damit bestehe gerade keine Gefahr einer Verfolgung. Die Unterlagen könnten nicht dazu dienen, mögliche spätere Pflichtverletzungen ab 2009 nachzuweisen. Auch den Einwand, Bosch würde Geschäftsgeheimnisse offenlegen, wies der Richter ab. Die Manipulation der Software sei wettbewerbswidrig. Weil die Vorlage der Dokumente den “Gefahrenverursacher, die Volkswagen AG”, beträfen, sei Bosch in diesem Zusammenhang nicht schutzwürdig.Die Verhandlung der eigentlichen Klage gegen die SE soll am 12. September beginnen. Dazu hatte der Richter unter anderem den früheren VW-Konzernchef Martin Winterkorn und Bosch-Chef Volkmar Denner als Zeugen geladen (vgl. BZ vom 9. Juni). Beide berufen sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht. Es wird daher am 14. September zur Verhandlung des nächsten Zwischenstreits kommen, in dem das Gericht entscheiden muss, ob sich Denner überhaupt darauf berufen kann.