Breites Portfolio stabilisiert Merck
Als systemrelevantes Unternehmen sieht sich Merck in der Coronakrise in gesellschaftlicher Verantwortung. Der Pharma- und Chemiekonzern unterstützt global Bemühungen zur Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 und ist bestrebt, den Konzern weiterhin stabil zu halten. swa Frankfurt – “Merck ist systemrelevant, das treibt uns an”, fasst Konzernchef Stefan Oschmann die Haltung des Managements in der Corona-Pandemie zusammen. Das Familienunternehmen habe bislang die Krise “ziemlich gut gemeistert”, keine Kurzarbeit beantragt und habe dies auch nicht vor. Der Konzern profitiere von einem diversifizierten Portfolio mit drei “innovationsgetriebenen” Bereichen. Somit sehe man sich in guter Ausgangslage.Merck sehe sich gefordert, aktiv zur Bekämpfung der Pandemie beizutragen. Das Unternehmen arbeite weltweit mit Pharmakonzernen zusammen, um Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen die Infektionskrankheit Covid-19 zu beschleunigen. Merck stellt zudem der Weltgesundheitsorganisation WHO 290 000 Einheiten Interferon beta-1a, der Wirkstoff des Multiple-Sklerose-Mittels Rebif, für eine klinische Studie zur Verfügung. Darüber hinaus spendet Merck Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel.Die Pandemie bekommt Merck zu spüren, wobei sich im ersten Quartal unterschiedliche Auswirkungen positiv und negativ im Geschäft widerspiegeln. Das kräftige Umsatzwachstum um 16,7 % auf 4,4 Mrd. Euro ist von der Versum-Übernahme beeinflusst. Organisch zeigt der Konzern aber immer noch ein deutliches Plus von 7,6 %. Diese Entwicklung ist getragen von den Unternehmensbereichen Healthcare und Life Science, während die dritte Sparte Performance Materials zwar von einem starken Halbleitergeschäft profitierte, aber die Covid-19-Pandemie den Absatz von Flüssigkristallen für Displays bremst und das Pigmentgeschäft unter den Problemen in der Autoindustrie leidet.Im Pharmageschäft sorgt das Multiple-Sklerose-Medikament Mavenclad für Wachstum, dessen Umsatz im ersten Quartal von 43 auf 123 Mill. Euro vorankam. Darüber hinaus waren Diabetes- und Herz-Kreislauf-Mittel gefragt, weil sich Patienten Medikamentenvorräte anlegten. Im Segment Life Science zeigen sich positive und negative Effekte. Zum organischen Wachstum von 5,6 % trug vor allem die Einheit Process Solutions bei, die Produkte und Dienstleistungen für die Arzneimittelherstellung anbietet. Dagegen stagnierte das vergleichbare Geschäft mit Forschungseinrichtungen, weil primär akademische Labore weniger nachfragten.Der Bereich Performance Materials zeigt mit der Akquisition von Versum ein deutliches Plus, organisch sind die Erlöse aber rückläufig, wobei Versum organisch zugelegt habe. Im rückläufigen Geschäft mit Flüssigkristallen spiegelt sich nicht nur die Pandemie, sondern auch ein Sondereffekt im Vorjahr, als Display-Hersteller in China Produktionskapazitäten aufbauten. Rückläufig war in dem Segment zudem die Nachfrage aus Automobil- und Kosmetikindustrie nach Pigmenten.Trotz des dynamischen Jahresauftakts mit einem überproportionalen Anstieg des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) um 27,2 % auf 1,2 Mrd. Euro schließt Oschmann im Jahr einen Ergebnisrückgang nicht aus. “Nicht jedes Quartal dürfte so gut aussehen wie das erste”, mahnt der Manager. Merck peilt nun 2020 einen Umsatz in der Spanne zwischen 16,8 und 17,8 Mrd. Euro an nach 16,2 Mrd. im Turnus 2019. Das bereinigte Ebitda wird bei 4,35 bis 4,85 Mrd. erwartet nach 4,39 im Vorjahr. “Um das zu erreichen, werden wir hart arbeiten müssen”, sagt Oschmann.Auch in der Finanzierung hat sich Merck nach den Worten von CFO Marcus Kuhnert auf ein Worst-Case-Szenario vorbereitet und ist dabei, die Liquiditätsreserve über Kreditlinien sukzessive auf 3 Mrd. Euro hochzufahren. Die Entschuldung stehe nach der Versum-Übernahme nach wie vor weit oben auf der Agenda. Auch im laufenden Jahr werde das Unternehmen hier einen positiven Beitrag leisten können, auch wenn er womöglich nicht ganz so stark ausfallen werde, wie in einem von der Coronakrise unbeeinflussten Szenario. Im Quartal hat Merck den operativen Cash-flow ausgebaut. Die Kapitalbindung im Umlaufvermögen hat sich durch höhere Vorräte sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aufgebaut, aber weniger stark als der Umsatz. – Wertberichtigt Seite 8