Brenntag kassiert Prognose
Brenntag kassiert Prognose
Zusätzliche Anstrengungen zur Kostensenkung – Unkalkulierbares Rechtsrisiko in den USA
ab Köln
Brenntag dreht nach Ablauf des ersten Halbjahres bei: Hatte der Chemikalienhändler die Ergebnisprognose nach einem schwachen ersten Quartal zunächst nur an den unteren Rand des Prognosekorridors verschoben, lässt sich die Zielsetzung nun nicht mehr länger aufrechterhalten. Geplant wird jetzt mit einem operativen Ergebnis vor Amortisation (Ebita) zwischen 1,1 und 1,2 (zuvor: 1,23 bis 1,43) Mrd. Euro.
Zwar hält sich Brenntag-Chef Christian Kohlpaintner zugute, dass sich die Erholung im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal fortgesetzt hat. Im Vergleich zum Vorjahr haben jedoch beide Segmente deutlich schwächer abgeschnitten. Mit 112 Mill. Euro verdiente Brenntag Specialties im Zeitraum April bis Juni operativ fast 13% weniger, Brenntag Essentials steuerte ein operatives Ebita von 214 Mill. Euro bei, ein Rückgang um 13,4%.
Brenntag streckt Investitionen
Die Ergebnisverringerung ist vor allem auf höhere Kosten zurückzuführen. Neben Akquisitionen spielten dabei auch gestiegene Transportkosten aufgrund höherer Absatzmengen sowie Kosten infolge der begonnenen Trennung der beiden Geschäftsfelder eine Rolle. Kohlpaintner betonte noch einmal, dass die Entflechtung der beiden Segmente sowohl in rechtlicher als auch in operativer Hinsicht eine längerfristige Aufgabe sei. Nach früheren Angaben nimmt sich Brenntag hierfür bis 2026 Zeit.
Der anhaltend hohen Wettbewerbsintensität gepaart mit fortwährendem Druck auf die Verkaufspreise will Brenntag mit zusätzlichen Kostensenkungsmaßnahmen begegnen. Zwar ändert sich an dem bis 2027 angekündigten Einsparziel von 300 Mill. Euro nichts, doch sollen die Maßnahmen beschleunigt werden. Konkreter wurde Kohlpaintner auch auf Nachfrage nicht. Finanzchefin Kristin Neumann führte an, dass Ausgabe und Investitionen in die IT und die Digitalisierung gestreckt werden sollen.
Brenntag | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | 1. Halbjahr | |
in Mill. Euro | 2024 | 2023 |
Umsatz | 8.179 | 8.784 |
Operatives Ebita | 557 | 677 |
Sondereinflüsse | -29 | -13 |
Konzernergebnis | 295 | 406 |
Free Cashflow | 333 | 881 |
Nettoverschuldung | 2.864 | 2.187* |
*) zum 31.12.2023 |
Vom eingeschlagenen Akquisitionskurs lässt sich der Chemiemanager den schwierigen Rahmenbedingungen zum Trotz jedoch nicht abbringen. Seit Jahresbeginn hat der Chemiedistributeur fünf Akquisitionen mit einem Unternehmenswert von 340 Mill. Euro getätigt. Die Folge: Die Nettoverschuldung stieg im Vergleich zum Bilanzstichtag 2023 um 677 Mill. Euro auf 2,86 Mrd. Euro. Zugleich brach der freie Cashflow auf 333 (i.V. 881) Mill. Euro ein.
„Interessante Opportunitäten“
Angesichts des Marktumfelds gebe es eine Reihe „interessanter Opportunitäten“, die sich Brenntag anschaue, sagte Kohlpaintner. Dabei handele es sich aber eher um kleinere Geschäfte. Bewegung für größere Konsolidierungsschritte gebe es derzeit nicht, zumal sich auch Private-Equity-Investoren in dem stark fragmentierten Geschäft momentan eher an der Seitenlinie bewegten.
Vor gut anderthalb Jahren hatte Brenntag die Übernahme des größten Rivalen Univar Solutions geprüft. Daraus wurde am Ende nichts, doch mit dem Vorstoß brachte Brenntag zahlreiche Aktionäre gegen sich auf. Sie forderten im Nachgang die Aufspaltung des Unternehmens.
Klagezahl wächst dynamisch
Doch nicht nur operativ ist Brenntag mit Gegenwind konfrontiert. Auch rechtlich sind weitere Risiken erwachsen. Wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht, musste Brenntag die Rückstellungen für Klagen in den USA im ersten Halbjahr um 19,7 Mill. Euro erhöhen. Grund dafür sei „die dynamisch gestiegene Anzahl eingereichter Klagen“, die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Talk und ähnlichen Produkten stehen. Brenntag werde sich aktiv verteidigen und darüber hinaus Entschädigungsansprüche gegenüber Dritten geltend machen, heißt es.