Brenntag schraubt an Prognose
Brenntag schraubt an Prognose
Spürbare Erholung auf 2024 vertagt – Aktienrückkaufprogramm schreitet voran
ab Düsseldorf
Brenntag übt sich im verbalen Spagat: Wenngleich die Zahlen im dritten Quartal wenig ermutigend ausgefallen sind, spricht Vorstandschef Christian Kohlpaintner unermüdlich von einer sequenziellen Erholung, die sich seit dem zweiten Quartal verfestige. Dessen ungeachtet verschiebt der Chemiedistributeur die Ergebniszielgröße an den unteren Rand der Prognosespanne. Konkret wird ein operatives Ergebnis vor Amortisation (Ebita) in einer Größenordnung von 1,3 Mrd. Euro ins Auge gefasst.
Ursprünglich hatte die Zielspanne zwischen 1,3 bis 1,5 Mrd. Euro gelegen, war zum Halbjahr jedoch schon auf 1,3 bis 1,4 Mrd. Euro eingekürzt worden. Nach neun Monaten belief sich das operative Ebita auf 980 Mill. Euro, ein Rückgang um gut ein Fünftel.
Das dritte Quartal sei von einem anhaltend schwierigen Marktumfeld geprägt gewesen, sagte Kohlpaintner im Pressegespräch. Zugleich erhöhten sich die Absatzmengen Monat für Monat, auch wenn sich diese Entwicklung im Vorjahresvergleich nicht spiegelt. Zugleich habe sich sowohl in divisionaler wie auch in regionaler Hinsicht ein gemischtes Bild gezeigt. So hat sich das Spezialitätengeschäft (Specialties), dessen Abspaltung Aktionärsaktivisten fordern, erneut schwächer entwickelt als das Geschäft mit Basischemikalien (Essentials).
Regionale Unterschiede
Das operative Ebita der Division Specialties gab im dritten Quartal um 26 (wechselkursbereinigt: −20)% auf 135 Mill. Euro nach. Dabei fiel der Rückgang in Amerika (−34%) und der asiatisch-pazifischen Region (−24%) besonders prononciert aus. Die günstige Entwicklung in Pharma und Wasserbehandlung konnte den negativen Trend in den übrigen Branchen nicht kompensieren.
Im Geschäft mit Basischemikalien erwies sich Nordamerika (−4%) im Berichtsquartal dagegen als Hort der Stabilität, während die Erträge in den übrigen Regionen zweistellig abschmierten, allen voran Lateinamerika mit einem Rückgang um 42%. An Ende gab das operative Ebita der Division um 18% respektive 13% in wechselkursbereinigter Rechnung nach.
Cashflow sprudelt
Aus Sicht von Kohlpaintner ist die Lage in Europa besonders kritisch zu bewerten. Mit Ausnahme der industrienahen Spezialitäten zeichne sich hier nirgends Volumenwachstum ab. Und selbst dieser positive Aspekt sei zu gering, um den Wendepunkt auszurufen. Nordamerika erweise sich demgegenüber als deutlich robuster. Grundsätzlich geht der Brenntag-Chef jedoch davon aus, dass 2024 besser als das laufende Jahr ausfallen wird.
Highlight aus finanzieller Sicht war für Brenntag das erfolgreiche Working-Capital-Management, das einen freien Cashflow von 442 Mill. Euro bescherte. Auf Sicht der ersten neun Monate wurde mit 1,3 Mrd. Euro sogar ein Rekord geschrieben. Kohlpaintner wertet diese Entwicklung als Beleg für die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens.
Der Cashflow wird auch benötigt, um das laufende Aktienrückkaufprogramm zu finanzieren. Zwei Drittel der Strecke – in Summe geht es um 750 Mill. Euro – sind zurückgelegt. Die Aktien wurden eingezogen. Mit der zweiten Tranche im Volumen von 250 Mill. Euro soll Anfang 2024 begonnen werden. Dem vorgeschaltet ist der Kapitalmarkttag am 5. Dezember. Bis dahin soll entschieden sein, ob der Konzern als Ganzes erhalten bleibt oder aufgespalten wird.