Brexit fordert Treasurer heraus

EU-Pass für britische Banken läuft ab - DAI-Konferenz - "Eine Menge offener Fragen, doch die Uhr tickt"

Brexit fordert Treasurer heraus

hek Frankfurt – Mit dem bevorstehenden Brexit kommen auf die Treasury-Abteilungen vieler Unternehmen große Herausforderungen und Unwägbarkeiten zu. Das wurde auf einer Konferenz des Deutschen Aktieninstituts (DAI) in Frankfurt deutlich.Kommt kein Ausstiegsdeal zwischen EU und Vereinigtem Königreich (UK) zustande, läuft der sogenannte EU-Pass für Banken mit britischem Sitz bereits in wenigen Monaten aus. Denn am 29. März kommenden Jahres verlassen die Briten die Gemeinschaft. Der EU-Pass erlaubt es UK-Geldhäusern, in der ganzen EU Finanzdienstleistungen zu erbringen. Auch wenn sich beide Seiten doch noch auf ein Abkommen verständigen, werde es mit großer Wahrscheinlichkeit keine Lösung geben, die den EU-Pass ersetzt, gibt Ralf Lierow, Senior Manager bei Siemens Treasury, zu bedenken. Es sei davon auszugehen, dass weder bei einem harten noch bei einem weicheren Brexit die notwendigen Lizenzen für Finanzdienste in dem Abkommen enthalten seien. Lange gewartetTreasurer stehen damit vor dem Problem, dass Banken mit UK-Sitz nach Verlust des EU-Passes die meisten Bankdienstleistungen für Unternehmenskunden wohl nicht mehr anbieten können. Betroffen seien zum Beispiel Kreditgeschäfte, neue und bestehende Derivatetransaktionen sowie Clearing- und Abrechnungsservices, erläutert Lierow.”Es gibt eine Menge offener Fragen, doch die Uhr tickt”, sagt der Siemens-Experte. Um sicher zu gehen, sei die Aufstellung neuer Einheiten von bestehenden UK-basierten Gegenparteien sehr empfehlenswert. Britische Banken hätten aber lange abgewartet, ob sich nicht doch noch etwas in Bezug auf eine Gesamtlizenz bewege. Reichlich spät hätten sie begonnen, Tochtergesellschaften mit EU-Sitz aufzumachen oder zu erweitern, die Voraussetzung sind, um künftig EU-weit Finanzdienste zu offerieren.Altverträge über Derivate werden nach vorherrschender Meinung durch den Brexit nicht ungültig, und normale Zahlungsflüsse aus bestehenden Derivaten erforderten keine speziellen Lizenzen. Allerdings gibt es hierzu unterschiedliche Rechtsauffassungen. Für Standardderivate sollte nach Einschätzung Lierows nicht zwangsläufig eine Übertragung auf EU-basierte Banken notwendig sein. Anders sieht es wohl bei Derivaten aus, die Serviceleistungen (Life Cycle Events) enthalten. Diese könnten eine EU-Lizenz erfordern. Darunter fallen beispielsweise Clearing und Settlement oder Veränderungen bei den Zahlungsdaten. Neue grenzüberschreitende Kredite aus UK seien nicht möglich ohne EU-Lizenz, hieß es. Einfache Bestandskredite könnten wohl weiterlaufen, während revolvierende Darlehen neu gefasst werden müssten.Bestehende Derivateverträge würden nicht automatisch zu unerlaubtem Geschäft, stellt auch ein DAI-Papier zum Brexit klar. Es müsse aber geprüft werden, ob Dienstleistungen enthalten seien, die nach dem Brexit nicht mehr aus dem Vereinigten Königreich erbracht werden dürften. Die Unternehmen werden aufgefordert, der Frage nachzugehen, ob und wie eine Verlagerung von OTC-Derivaten sowie des dazugehörigen Clearings möglich ist. Hier bestünden große Unterschiede zwischen dem Aufwand und den Möglichkeiten einer Übertragung von Neu- und von Bestandsgeschäft.