RECHT UND KAPITALMARKT

Brexit-Gnadenfrist für die deutsche Limited

Grenzüberschreitende Verschmelzung bedarf Vorlaufzeit

Brexit-Gnadenfrist für die deutsche Limited

Von Thomas Wisniewski und Thomas Asmus *)Noch immer sind geschätzte 8 000 bis 10 000 nach britischem Recht gegründete sogenannte Limited (Ltd.) mit Verwaltungssitz in Deutschland aktiv und nur wenige deutsche Anteilseigner dieser Limiteds dürften bislang große Freude an dieser Gesellschaftsform haben. Mangelnde Vertrautheit mit dem englischen Rechtskreis, die Erfüllung steuerlicher Pflichten in England trotz ausschließlicher Steuerpflicht der Limited in Deutschland sowie exorbitante Kosten für die Einschaltung lokaler Rechts- oder Steuerexperten machen die Limited unattraktiv. Das Unbehagen wird verschärft vom drohenden Brexit, der sich aktuell präziser als “Flexit” beschreiben lässt, da das Vereinigte Königreich die EU auch schon vor dem 31. Oktober 2019 verlassen könnte. Auflösung drohtKommt es zu einem harten Brexit, droht den Limiteds die automatische Auflösung und damit die Umqualifizierung des oder der Gesellschafter in einen Einzelkaufmann bzw. eine Personengesellschaft mit der Folge der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft. Gerade auch um eine persönliche Haftung zu vermeiden, wurde diese Rechtsform gewählt.Was tun? Lässt man rechtstheoretische Klimmzüge, wie zum Beispiel den grenzüberschreitenden Formwechsel in eine GmbH, außer Betracht und scheidet auch ein (steuerpflichtiger) Verkauf der Assets an eine GmbH mit anschließender langwieriger und kostenintensiver Liquidation der Limited aus, dann kommt derzeit – voraussichtlich nur bis zu einem harten Brexit – die grenzüberschreitende Verschmelzung der Limited auf eine deutsche GmbH in Betracht. Die GmbH wird Rechtsnachfolgerin der Limited, die dann erlischt. In der Praxis kann eine solche Verschmelzung binnen drei bis vier Monaten, also noch vor Ende Oktober, umgesetzt werden.Rechtsgrundlage für diese Verschmelzung sind die auf der europäischen Verschmelzungsrichtlinie beruhenden §§ 122 a ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Diese Vorschriften bieten ein mittlerweile in der Praxis etabliertes Instrumentarium und werden ergänzt durch den soeben im Angesicht des Brexit mit dem 4. Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes eingeführten § 122 m UmwG: Die Hineinverschmelzung auf eine GmbH soll für eine Limited auch dann noch möglich sein, wenn der Verschmelzungsplan (entspricht dem bei rein nationalen Verschmelzungen abzuschließenden Verschmelzungsvertrag) vor dem Brexit oder vor dem Ablauf einer Brexit-Übergangsfrist notariell beurkundet worden ist.Wenn es gelingt, einen Verschmelzungsplan vor einem “Flexit” oder jedenfalls vor dem geplanten Austrittsdatum 31. Oktober zu beurkunden, dann können die umwandlungsrechtlichen Instrumente für eine grenzüberschreitende Verschmelzung gesichert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund des inzwischen zum “Flexit” mutierten Brexit sollte also mit der Umsetzung einer Verschmelzung möglichst bald begonnen werden. Die Verschmelzung muss dann innerhalb von zwei Jahren nach der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans zum Register angemeldet werden.Für die Umsetzung der Verschmelzung einer Limited auf eine deutsche GmbH bedarf es außerdem der Mitwirkung von britischen Rechtsberatern (insbesondere im Rahmen des High Court Hearing). Auch dafür haben sich in den vergangenen Jahren Strukturen mit spezialisierten Anbietern von englischen Beratungsleistungen entwickelt. Die englische Rechtspraxis ist mit dem Phänomen der grenzüberschreitenden Verschmelzung mittlerweile vertraut und soweit ersichtlich sind laufende Verschmelzungsverfahren bislang durch den drohenden Brexit kaum beeinträchtigt. Steuerneutralität möglichDie “Hineinverschmelzung” einer Limited auf eine deutsche GmbH kann steuerlich nach den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) grundsätzlich steuerneutral zu Buchwerten erfolgen. Ein neuer § 1 Abs. 2 Satz 3 UmwStG stellt dabei sicher, dass eine übertragende Gesellschaft, die von der Übergangsregelung in § 122 m UmwG Gebrauch macht, weiterhin in den persönlichen Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes fällt, obwohl sich der Sitz der Gesellschaft nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs außerhalb der EU und des EWR befindet. Die Ausnutzung der durch § 122 m UmwG eingeräumten Übergangsregimes kann somit auch die Steuerneutralität der Hineinverschmelzung sichern.Der von vielen Unternehmern gehegte Wunsch, sich ihrer lästig gewordenen Limited zu entledigen und deren Aktivitäten möglichst steuerneutral in eine deutsche Gesellschaftsform mit Haftungsbegrenzung zu überführen, kann noch vor dem Brexit umgesetzt werden. Die grenzüberschreitende Verschmelzung bedarf allerdings eines gewissen zeitlichen Vorlaufs und Koordinierungsaufwands im Hinblick auf die Einschaltung von englischen Beratern. Mit dem neuen Austrittsdatum 31. Oktober ist eine Art Gnadenfrist für die Inanspruchnahme der Verschmelzungsregeln gesetzt. Wer diese nutzen möchte, sollte nun schnell handeln. *) Thomas Wisniewski und Dr. Thomas Asmus sind Steuerpartner von Lindenpartners in Berlin.