Automobilhersteller

Britische Autobranche macht Regierung Druck

Der britische Autoverband hat von der britischen Regierung gefordert, die Bedingungen für eine Verzehnfachung der Batterieautoproduktion bis 2030 zu schaffen. "Wir wollen keine Geschenke, wir verlangen Ehrgeiz", sagte Mike Hawes, der CEO der Society of Motor Manufacturers & Traders (SMMT) auf einer Branchenkonferenz in London.

Britische Autobranche macht Regierung Druck

Britischer Autoverband macht Regierung Druck

„Grüne“ Wachstumsstrategie gefordert: Verzehnfachung der Batterieautoproduktion bis 2030

hip London

Der britische Autoverband hat von der Regierung gefordert, die Bedingungen für eine Verzehnfachung der Batterieautoproduktion bis 2030 zu schaffen. „Wir wollen keine Geschenke, wir verlangen Ehrgeiz“, sagte Mike Hawes, der CEO der Society of Motor Manufacturers & Traders (SMMT), auf einer Branchenkonferenz in London.

Die britischen Autohersteller haben eine „grüne“ Wachstumsstrategie vorgelegt, mit deren Hilfe die Batterieautoproduktion bis 2030 auf mehr als 750.000 Fahrzeuge verzehnfacht werden könnte. Es geht um Industriepolitik und um eine Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der US-Regierung und die Reaktion der EU auf das groß angelegte Subventionsprogramm von US-Präsident Joe Biden für die Energiewende. „Wir wollen keine Geschenke, wir verlangen Ehrgeiz“, sagte Mike Hawes, der Chef des Branchenverbands SMMT (Society of Motor Manufacturers & Traders), auf einer Fachkonferenz in London. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: In 15 bis 16 Monaten stehen Unterhauswahlen an. Die Regierung habe der Branche ein paar ziemlich harte Ziele gesetzt. „Wir sind allen Herausforderungen gerecht geworden“, sagte Hawes. „Jetzt müssen die Politiker ihren Herausforderungen gerecht werden.“

„Wir werden nicht per Copy & Paste für die britische Wirtschaft übernehmen, was in einem anderen Land passiert“, konterte die konservative Wirtschafts- und Handelsministerin Kemi Badenoch. Sie versprach der Autobranche Unterstützung, „aber auf eine Art und Weise, die wir uns leisten können, die vernünftig ist und die Stärken unseres Landes nutzt“. Man sehe sich den IRA und die Reaktion Brüssels genau an, sagte Jo Bray, die als stellvertretende Direktorin in der Abteilung Advanced Manufacturing von Badenochs Ministerium für die Autobranche zuständig ist. Mit diesen Summen könne man aber nicht mithalten.

Umstrittene Ursprungsregeln

Der Preis ist heiß: Der Verband beziffert den Wert der Produkte, die bis Ende der kommenden Legislaturperiode hergestellt werden könnten, ab Fabriktor auf 106 Mrd. Pfund. Die Voraussetzung dafür wäre, dass die nächste Generation von Elektrofahrzeugen in Großbritannien hergestellt wird. Auf der Wunschliste des Verbands stehen dynamische Ziele für die Zuwanderung und Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern wie Australien, Kanada und Indonesien. Es bedürfe einer gleichmäßig über das ganze Land verteilten Ladeinfrastruktur. Es könne nicht sein, dass man für das Aufladen zu Hause 5% Mehrwertsteuer zahle, für das Aufladen unterwegs aber 20%, sagte Hawes.

Zu den Problemen, die der Branche Kopfzerbrechen bereiten, gehören die strengeren Ursprungsregeln für Elektrofahrzeuge, die im Handel mit der EU ab dem 1.1.2024 greifen. Sie könnten dazu führen, dass ausgerechnet die Fahrzeuge, die man für den Umstieg auf Elektromobilität unter die Leute bringen wolle, wegen Zöllen um 10% teurer werden, warnte Hawes. Alle Beteiligten arbeiteten an einer Lösung. Die britische Regierung unterstütze die Branche voll und ganz. Badenochs nächster Termin war ein Mittagessen mit dem EU-Botschafter in Großbritannien, wo sie das Thema ansprechen wollte. „Jetzt kommt es auf Brüssel an“, sagte Hawes. Es gehe derzeit unglaublich langsam voran. „Unsere Angst ist, dass es zu lange dauert. Wir können uns eine Einigung in letzter Minute am 31.12. nicht leisten.“ Die britischen Hersteller exportieren 80% ihrer Produktion, die Hälfte der Ausfuhren geht in die EU. Hawes forderte ein ebenes Spielfeld bei den Energiekosten. Die Stromkosten der britischen Unternehmen seien doppelt so hoch wie die ihrer Rivalen auf dem Kontinent.

Es sei unglaublich, wie komplex und bürokratisch es sei, in Großbritannien zu investieren, sagte Chris Gall, Engineering Director beim Bushersteller Alexander Dennis. Ein Busunternehmen habe vielleicht um die 100 Busse im Depot, die aufgeladen werden müssen. Um den Strom dorthin zu bekommen, müssen neben dem Energieversorger auch Lokalverwaltung und Straßenbehörde zustimmen – ein langwieriger und kostspieliger Prozess. Hawes pflichtete bei. Oft sei die Netzanbindung das Hindernis, überkommene Planungsvorschriften seien weitere Hürden. Im Moment gebe es im ganzen Land noch keine einzige Ladestelle speziell für Lkw.

Was den Fachkräftemangel angeht, dürfte es mit mehr Zuwanderung allein nicht getan sein. Es sei ja bekannt, dass es nicht genug Lkw-Mechaniker und Fahrer gebe, sagte Simon Villanueva, Director of Legal & Public Affairs bei Volvo Trucks. Das Image der Berufe sei schlecht. „Diversität ist ein Problem“, fügte er hinzu. „Wir haben ein alterndes männliches Arbeitskräftepotenzial. Das müssen wir ändern.“ Es habe einmal 100 berufsbildende Schulen gegeben, die Mechaniker ausbildeten. Mittlerweile seien es weniger als 40, weil es am nötigen Geld fehle.

Die lange von Halbleiterknappheit geprägte Situation in den Beschaffungsketten habe sich stabilisiert, sagte Andy Hamilton, Group CEO von LKQ Euro Car Parts. Villanueva zufolge sind die Probleme aber noch nicht vom Tisch. „Jedes Mal, wenn wir eins lösen, tritt ein neues auf“, sagte er.

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