British Steel sucht neuen Eigentümer
hip London – Die Talfahrt der britischen Stahlindustrie hat diese Woche erneut Fahrt aufgenommen. British Steel wurde unter Zwangsverwaltung gestellt, nachdem Gespräche zwischen der Regierung und dem Finanzinvestor Greybull Capital über eine Rettung des Unternehmens scheiterten. Das Unternehmen sieht sich als Brexit-Opfer. Kunden vom Kontinent hätten wegen der anhaltenden Ungewissheit weniger bestellt. Auch die Schwäche des Pfund seit dem EU-Referendum sowie die handelspolitischen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China wirkten sich dem Management zufolge negativ aus.Der Konkursverwalter und die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die als “Special Manager” mandatiert wurde, haben bereits mit der Suche nach einem möglichen Käufer des Stahlherstellers begonnen. Der Geschäftsbetrieb werde weitergeführt, die Löhne zahlt fortan die öffentliche Hand. Labour hatte darauf gedrungen, das Unternehmen zu verstaatlichen, um Arbeitsplätze und die britische Stahlindustrie zu erhalten. Für eine zeitweise Verstaatlichung hätte es Branchenbeobachtern zufolge jedoch der Hoffnung bedurft, später einen Abnehmer für British Steel finden zu können. Es geht um 5 000 Stellen und weitere 20 000 Arbeitsplätze bei Zulieferern.British Steel trägt einen großen Namen, ist aber nur ein kleiner Teil des einst unter diesem Namen firmierenden Stahlherstellers. Vor zwölf Jahren hatte die indische Tata die britisch-niederländische Corus erworben und damit auch die Werke, um die es nun geht. 2010 wurde Corus in Tata Steel Europe umbenannt. Was sich heute British Steel nennt, ist aus der Sparte Long Products Europe hervorgegangen, die von den Indern bereits 2014 zum Verkauf gestellt worden war. Sie veräußerten sie auf dem Höhepunkt der Stahlkrise vor drei Jahren zum symbolischen Preis von 1 Pfund an Greybull Capital. Die Beschäftigten entschieden sich damals dafür, im Gegenzug für Investitionen, die Arbeitsplätze sichern sollten, niedrigere Betriebsrenten in Kauf zu nehmen. Der Finanzinvestor ließ den Namen British Steel wiederauferstehen und schaffte im ersten Jahr nach der Übernahme den Break-even. “Die Wende bei British Steel war stets eine Herausforderung, und doch hat das Unternehmen viele Schwierigkeiten gemeistert und sah bis vor kurzem so aus, als wäre es auf dem Weg zu neuem Wohlstand”, verlautbarte Greybull.Wirtschaftsminister Greg Clark hatte dem Unternehmen vor kurzem eine Brückenfinanzierung in Höhe von 120 Mill. Pfund zur Verfügung gestellt, damit es für seine CO2-Verschmutzungsrechte bezahlen kann. Die EU hatte den Zugang zu kostenlosen Emissionszertifikaten für britische Firmen ausgesetzt, bis eine Austrittsvereinbarung unterzeichnet ist. Hätte British Steel bis Ende April nicht gezahlt, wäre eine Strafe von 500 Mill. Pfund fällig geworden (vgl. BZ vom 16. Mai).