Brückeneinsturz hat böses Nachspiel
bl Mailand – Schwarzer Tag für die italienische Infrastrukturgesellschaft Atlantia: Nachdem die Staatsanwaltschaft Genua Ermittlungen gegen neun weitere Personen im Zusammenhang mit dem Einsturz der Autobahnbrücke von Genua im August 2018 aufgenommen hat, drei von ihnen unter Hausarrest stellte und gegen andere vorübergehende Berufsverbote verhängt hat, geriet der Aktienkurs massiv unter Druck. Das Papier gab um bis zu 7,7 % nach und war teilweise von der Notierung ausgesetzt. Die Betroffenen sind Fachleute und Manager des Autobahnbetreibers Autostrade per l’Italia (Aspi), einer Atlantia-Tochter, sowie von deren Tochter Spea, die für die Überwachung und Kontrolle des Autobahnnetzes zuständig ist.Die Ermittlungen waren nach dem Einsturz der Brücke, bei dem 43 Menschen zu Tode kamen, aufgenommen worden. Den Personen, gegen die nun neu ermittelt wird, wird vorgeworfen, Dokumente zu Sicherheitskontrollen an diversen Autobahnbrücken und Tunnels vor und nach dem Unglück zugunsten des Autobahnbetreibers geschönt zu haben. Die Staatsanwaltschaft stellte im Rahmen von Durchsuchungen diverse Unterlagen sicher, die schwerwiegende Versäumnisse und Manipulationen bei der Instandhaltung nachweisen sollen. Betroffen sind weitere Bauwerke in Ligurien, aber auch in anderen Regionen Italiens, etwa bei Neapel und in Apulien.Insgesamt wird nun gegen mehr als 80 Verdächtige ermittelt. Darunter befinden sich neben Beschäftigten von Atlantia und deren Töchtern auch Funktionäre des Verkehrsministeriums in Rom und der Straßenbaugesellschaft Anas, denen Fahrlässigkeit bei der Kontrolle der Brücke vorgeworfen wird.Die Autobahngesellschaft Autostrade bestreitet Versäumnisse bei den Kontrollen. Die Bauwerke seien sicher. Es wird auf einen Bericht verwiesen, der im Dezember 2018 an das zuständige Ministerium gegangen sei. Darin würden die einzelnen Maßnahmen detailliert aufgeführt und erklärt. Auch externe Gesellschaften hätten die Sicherheit bestätigt.Die Autobahnbrücke von Genua wird derzeit nach Plänen des Genueser Stararchitekten Renzo Piano wieder aufgebaut. Ihre Fertigstellung ist für das Frühjahr 2020 vorgesehen.Die Ausweitung der Ermittlungen dürfte die Position der zu 30 % von der Familie Benetton kontrollierten Atlantia politisch und wirtschaftlich schwächen. Während die in der Regierung vertretene 5-Sterne-Bewegung dem Unternehmen von Anfang an die Konzession für den Betrieb des umfangreichen Autobahnnetzes, zu dem die Genueser Brücke gehört, entziehen wollte, ist der neue Regierungspartner, der sozialdemokratische Partito Democratico (PD), diesbezüglich bisher zurückhaltend gewesen. Der PD fordert nur eine generelle Überprüfung der Konzessionen, schließt allerdings einen Konzessionsentzug nicht grundsätzlich aus. Ein Entzug ohne Schuldspruch wäre für Italien mit großen finanziellen Risiken verbunden, weil Atlantia vermutlich dagegen klagen würde. – Wertberichtigt Seite 6