Bund setzt Flächenziele für Windkraft
sp/Reuters Berlin
Die Abstandsregeln für Windkraftanlagen in den Ländern sollen künftig nur noch dort gelten, wo die Flächenziele für den Ausbau der Windenergie an Land erreicht werden. Dazu will die Bundesregierung den Ländern klare Vorgaben bei den ausgewiesenen Flächen machen. Das von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesbauministerium erarbeitete Gesetzespaket wurde am Mittwoch in die Abstimmung mit den weiteren Ressorts geschickt und soll in der nächsten Woche das Kabinett passieren. Das Gesetz ist so formuliert, dass es keine Zustimmung des Bundesrats benötigt. Die geplanten Flächenziele für Windräder sowie weitere Änderungen seien „Meilensteine“ für einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Swaimah in Jordanien. Habeck hatte zum Jahresbeginn mehrere Bundesländer besucht und auch in Bayern, wo die sogenannte 10H-Regel einen Mindestabstand für Windkraftanlagen von Wohngebäuden vom Zehnfachen ihrer Höhe vorgibt, für einen schnelleren Ausbau der Windkraft geworben.
Mit dem Gesetzespaket, das Reuters am Mittwoch vorlag, sollen rund 2% der Fläche Deutschlands für Windräder reserviert werden. Um dies durchzusetzen, soll nicht nur Planungs- und Baurecht, sondern auch das Naturschutzgesetz geändert werden. Zwar können die Abstandsregeln für Windräder zu Wohngebäuden dem Vorhaben zufolge zunächst in Kraft bleiben. Verfehlt ein Bundesland aber seine Flächenvorgaben, werden diese Regelungen hinfällig. Bereits bis Juni 2023 müssen solche Vorschriften fallen, wie sie derzeit häufig selbst in bestehenden Windenergie-Gebieten greifen. Das Bundesgesetz ist so formuliert, dass eine Zustimmung der Länder im Bundesrat nicht nötig ist.
Der von der Bundesregierung angedachte Weg sei auf den ersten Blick „pfiffig“, kommentierte Energierechtsexperte Peter Rosin das Gesetzesvorhaben. Denn an bestehende landesrechtliche Ausnahmeregelungen komme der Bundesgesetzgeber nicht unmittelbar heran. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei zudem festzustellen, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof die 10H-Regelung als weitgehend verfassungsgemäß angesehen habe. „Es wird allerdings abschließend zu prüfen bleiben, ob die nachträgliche faktische Einschränkung der Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch allen (verfassungs)rechtlichen Anforderungen genügt“, erklärte Rosin auf Anfrage der Börsen-Zeitung. Politisch sei es aber richtig, auf einen bundesweit einheitlichen Regelungsrahmen zu gehen, um den Ausbau der Windenergie an Land zu unterstützen. „Ohne die Windenergie an Land wird die Energiewende nicht gelingen können“, sagte Rosin.
Die Regierung begründet ihr Vorgehen mit der dringend nötigen Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien für den Klimaschutz – aber auch mit dem Krieg in der Ukraine und der Sicherheitspolitik. „Es ist Teil eines umfassenden Regelungspaketes mit dem Ziel einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Energieversorgung, das den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse für den beschleunigten Ausbau aus dem Weg räumen soll“, heißt es im „Wind an Land“-Gesetz. Wesentliches Hemmnis für den Ausbau sei der Mangel an verfügbarer Fläche.
Um die Flächenziele durchzusetzen, sind im Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) klare Vorgaben für jedes Land enthalten: Bayern muss bis Ende 2026 demnach 1,1% ausweisen und bis 2032 dann 1,8%. Gleiches gilt für Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Länder mit mehr Wind wie etwa Mecklenburg-Vorpommern haben Vorgaben von 1,4% und 2,1%. Für Stadtstaaten gibt es deutlich niedrigere Werte. Die Bundesländer erhalten die Option, in einem gewissen Rahmen über Verträge untereinander ihre Vorgaben zu verschieben. Wenn ein Land mehr als die zugewiesene Quote für Windräder ausweist, kann es diese zusätzlichen Flächen an ein anderes „verkaufen“, das weniger leistet.
Kommentar Seite 1