Bund verschafft Lufthansa langen Atem

Knapp 5 Mrd. Euro unbefristete stille Einlage - Kapitaleinstieg zum Nennwert - Zoff mit Brüssel

Bund verschafft Lufthansa langen Atem

Mit einem bis zu 9 Mrd. Euro schweren Rettungspaket verschafft der Bund der Lufthansa einen langen Atem in der Krise. Eine stille Einlage über zunächst 4,7 Mrd. Euro steht dem Konzern unbefristet zur Verfügung, gegen anfangs moderate Verzinsung. Mit der EU gibt es indes noch Unstimmigkeiten.hei Frankfurt – Die Bundesregierung hat sich in zähem Ringen auf ein umfangreiches Rettungspaket für die Deutsche Lufthansa verständigt, das die Zufuhr von Eigenkapital und eigenkapitalähnlichen Einlagen von bis zu 6 Mrd. Euro sowie besicherte Kredite von 3 Mrd. Euro vorsieht. Wie das Unternehmen und das Bundeswirtschaftsministerium mitteilten, soll der dickste Brocken der Staatshilfe in Form einer stillen Kapitaleinlage von zunächst 4,7 Mrd. Euro erfolgen, die der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) als Stille Beteiligung I erwirbt. Sie ist in dieser Höhe unbefristet und kann vom Unternehmen ganz oder in Teilen gekündigt werden. Daher ist sie als Eigenkapital gemäß IFRS anerkannt.Die Vergütung wird gestaffelt und beträgt den Angaben zufolge 4 % für die Jahre 2020 und 2021. In den folgenden Jahren steigt sie bis auf 9,5 % im Jahr 2027 an. Die Einlage partizipiert bilanziell an den Verlusten, wird aber in Gewinnjahren wieder aufgefüllt und muss in Höhe des Nominalwerts zurückgezahlt werden. Eine Stille Beteiligung II im Volumen von 1 Mrd. Euro ist als Fremdkapital ausgestaltet, mit fester Laufzeit und jährlich zahlbarem Kupon. Sie kann in ein Aktienpaket von mindestens 5 % gewandelt werden, falls die Lufthansa die Verzinsung der Stillen Beteiligung I nicht leisten kann.Zuvor ist aber bereits der Erwerb einer direkten Aktienbeteiligung von 20 % aus einer Kapitalerhöhung zum Nennwert der Lufthansa-Aktie vorgesehen. Daraus fließen dem Unternehmen rund 300 Mill. Euro zu. Die Beteiligung des Bundes kann aufgestockt werden auf eine Sperrminorität von 25 % plus eine Aktie, falls der Lufthansa eine Übernahme durch ausländische Investoren drohen sollte. Die Marktkapitalisierung der Airline liegt auch nach einem Kursanstieg von 6,7 % nur noch bei 4 Mrd. Euro. Aktivistische Investoren, die auf prall gefüllten Kassen sitzen, könnten daher leicht ein nennenswertes Paket erwerben und Einfluss auf den Konzern nehmen. Dies soll möglichst verhindert werden.Abgerundet wird das insgesamt bis zu 9 Mrd. Euro schwere Paket durch eine KfW-Konsortialfinanzierung über insgesamt 3 Mrd. Euro, an der sich private Banken mit 600 Mill. Euro beteiligen müssen.Dem Staat stehen künftig zwei Aufsichtsratsmandate bei der Lufthansa zu, wobei diese “durch unabhängige Experten auszuüben sind”. Darüber hinaus verpflichten sich die beiden Aufseher bei Abstimmungen zur Enthaltung, solange es nicht um eine Übernahme geht.In Anbetracht der vorausgegangenen öffentlichen Debatte über staatlichen Einfluss bei der Lufthansa peilt der WSF einen zeitnahen Ausstieg an. Dieser könnte bereits Ende 2023 erfolgen, wenn die Lufthansa bis dahin die stille Einlage vollständig zurückzahlen kann. Der vereinbarte Mindestveräußerungspreis entspricht dem Nennwert je Aktie von 2,56 Euro zuzüglich einer jährlichen Verzinsung von 12 %. Unter dieser Voraussetzung verpflichtet sich der WSF “zum vollständigen Verkauf seines Aktienbesitzes bis zum 31. Dezember 2023 zum Marktpreis”, heißt es in der Mitteilung. Bei konkreten Auflagen hält sich der Staat zurück. Neben “weitgehenden Vergütungsbeschränkungen” ist lediglich die Rede davon, dass sich die Lufthansa “zur Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen einschließlich einer Erneuerung ihrer Flotte” verpflichtet. Damit sind offenbar zuvor diskutierte Abnahmeverpflichtungen für bestellte Airbus-Maschinen in dieser Form vom Tisch. Allerdings müssen nicht nur die Lufthansa-Gremien, die Hauptversammlung und beteiligte Banken dem Paket noch zustimmen, sondern auch die EU.Auch aus Brüssel waren verschiedene Eingriffsideen durchgedrungen. Die Kommission ist in Sorge um den Wettbewerb im deutschen Luftverkehr angesichts einer übermäßig gestärkten Lufthansa. Deshalb will sie offenbar einen Teil der Slots (Landerechte) des deutschen Marktführers an den wichtigen Drehkreuzen Frankfurt und München beschneiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel richtet sich daher nach eigenen Worten auf “harte Verhandlungen” mit Brüssel ein.