RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: PATRICK MEIISEL

Bundesländer dringenauf Verschärfungen

Entscheid zu Veräußerungsgewinnbesteuerung auf Streubesitzanteile erst 2015

Bundesländer dringenauf Verschärfungen

– Herr Dr. Meiisel, in den vergangenen Wochen ist immer wieder von zahlreichen möglichen Steueränderungen zu lesen gewesen, die viele Unternehmen und Investoren betreffen könnten.Stimmt. Der Bundesrat hat gestern dem Zollkodexanpassungsgesetz zugestimmt. Ein breiteres Echo in der Öffentlichkeit haben dabei insbesondere Änderungsvorschläge mehrerer Bundesländer gefunden, die größtenteils steuerverschärfend gewirkt hätten, aber gestern letztlich nicht in das Gesetz übernommen wurden. Allerdings haben die Bundesländer deutlich gemacht, dass sie unverändert auf eine Umsetzung drängen.- Um welche Gesetzesinitiativen handelt es sich genau?Die Änderungswünsche der Länder betreffen eine Vielzahl von Einzelregelungen, von denen aber drei besondere praktische Bedeutung haben. Zum einen sollen Gewinne von Kapitalgesellschaften aus der Veräußerung von Streubesitzanteilen, die eine Beteiligung von weniger als 10 % am veräußerten Unternehmen repräsentieren, künftig nicht mehr steuerbefreit sein. Eine vergleichbare Regelung wurde für Dividenden bereits im vergangenen Jahr als Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs eingeführt. Durch die Ausweitung auf Veräußerungsgewinne wollen die Länder Ausweichgestaltungen unterbinden.- Und zweitens?Des Weiteren soll eine Nichtbesteuerung oder ein doppelter Betriebsausgabenabzug durch hybride Steuergestaltungen verhindert werden, indem künftig ein Betriebsausgabenabzug nur gewährt werden soll, wenn die korrespondierenden Einnahmen beim Empfänger tatsächlich besteuert werden. Schließlich soll die Möglichkeit eingeschränkt werden, bestimmte Umwandlungen steuerneutral ohne Aufdeckung stiller Reserven durchführen zu können, wenn im Rahmen der Umwandlung finanzielle Gegenleistungen gewährt werden. Derartige Strukturierungsmöglichkeiten wurden bei der Übernahme von Porsche durch VW genutzt und werden seitdem auch von der Politik öffentlich kritisiert.- Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Änderungen auch umgesetzt werden?Bei der Veräußerungsgewinnbesteuerung auf Streubesitzanteile sind sich Bundesregierung und die Länder grundsätzlich einig, dass diese Änderung kommen soll. Die Bundesregierung will die Änderung im Rahmen einer Reform des Investmentsteuerrechts vornehmen. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung dabei aber für Business Angels und Start-ups nach Lösungen suchen will, um diese Bereiche durch die Neuregelung nicht zu belasten.- Und bei hybriden Gestaltungen?Die beabsichtigte Änderung bei den hybriden Steuergestaltungen ist zu Recht stark kritisiert worden. Auch die Bundesregierung will vor einer Umsetzung zunächst die Entwicklungen auf internationaler Ebene abwarten. Die OECD arbeitet derzeit an einem Katalog von Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen. Die Vorstellung der Ergebnisse wird für Ende 2015 erwartet. Deutschland sollte dieser internationalen Diskussion nicht durch unilaterale und punktuelle Maßnahmen vorgreifen und dadurch der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland schaden. Insofern tut die Bundesregierung gut daran, die mögliche Umsetzung derartiger Maßnahmen mit Augenmaß anzugehen. Hinsichtlich der Änderungen bei steuerneutralen Umwandlungen hat die Bundesregierung eine Prüfung zugesagt. Hierzu soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeiten.- Wann ist dann mit einer Umsetzung zu rechnen?Um ein Scheitern des Zollkodexanpassungsgesetzes zu verhindern, sagte die Bundesregierung in letzter Minute in einer Protokollerklärung zu, die Änderungswünsche der Länder aufzugreifen. Die Änderungen bei den steuerneutralen Umwandlungen und der Veräußerungsgewinnbesteuerung auf Streubesitzanteile könnten in der ersten Jahreshälfte 2015 umgesetzt werden. Änderungen bei den hybriden Steuergestaltungen bereits in 2015 erscheinen zwar nicht ausgeschlossen, derzeit aber weniger wahrscheinlich.—-Dr. Patrick Meiisel ist Partner bei Willkie Farr & Gallagher in Frankfurt. Die Fragen stellte Walther Becker.