RECHT UND KAPITALMARKT

Bundesregierung plant Erleichterung der Bankenabwicklung

Gesetzesentwurf nimmt auch Einfluss auf die Behandlung von Forderungen

Bundesregierung plant Erleichterung der Bankenabwicklung

Von Bernd Geier *)Am 30. April 2015 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes “zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts” (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) veröffentlicht, der den zuvor vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Entwurf eines Gesetzes “zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an die SRM-Verordnung” (SRM-Anpassungsgesetz) vom 10. März 2015 mit einigen Änderungen fortführt.Vorrangiges Ziel des Entwurfs ist die Harmonisierung nationalen Rechts mit den Vorschriften des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM), die zum 1. Januar 2016 ihre volle Wirkung entfalten. Bei dieser Gelegenheit sollen durch Aufnahme von Regelungen zur vertraglichen Anerkennung der vorübergehenden Aussetzung von Beendigungsrechten und zur Nachrangigkeit bestimmter Verbindlichkeiten aus unbesicherten Schuldtiteln auch materielle Ergänzungen erfolgen. Vertragliche AnerkennungDer Entwurf verpflichtet deutsche Institute und deren gruppenangehörige Unternehmen, in Finanzkontrakten eine ausdrückliche Regelung zur Anerkennung der Aussetzung von Kündigungsrechten bzw. sonstiger vertraglicher Pflichten durch die Abwicklungsbehörde aufzunehmen. Die Regelung gilt für Verträge, die dem Recht eines Drittstaats unterliegen oder für die ein Gerichtsstand in einem Drittstaat vereinbart wurde. Sie erfasst nach dem 1. Januar 2016 begründete Verbindlichkeiten und alle Verbindlichkeiten, die in Rahmenverträge einbezogen sind. Der Vorschlag ergänzt insoweit die bereits heute geltende Regelung zur vertraglichen Anerkennung der Umwandlung/Abschreibung von dem Recht eines Drittstaats unterliegenden, berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten. Die Regierungsbegründung stellt klar, dass das ISDA Resolution Stay Protocol vom 4. November 2014 (in seinem Anwendungsbereich) den ergänzenden Vorgaben des Abwicklungsmechanismusgesetzes genügen soll. NachrangigkeitDer Gesetzesentwurf nimmt auch Einfluss auf die Behandlung von Forderungen in der Insolvenz eines deutschen Einlagenkreditinstituts. Nicht bereits kraft Vereinbarung oder anderweitiger gesetzlicher Regelungen nachrangige Verbindlichkeiten aus unbesicherten Schuldtiteln sollen im Verhältnis zu den sonstigen, nicht nachrangigen Verbindlichkeiten nachrangig gestellt werden. Der Begriff “Schuldtitel” umfasst Inhaber- und Orderschuldverschreibungen, Namensschuldverschreibungen und Schuldscheine. Ausgenommen sind Geldmarktinstrumente sowie Schuldtitel, deren Rückzahlung oder Verzinsung nach Grund oder Höhe von einem zum Zeitpunkt der Begebung des Schuldtitels noch unsicheren Ereignis abhängig oder nicht in Geld zu erfüllen sind; diese Ausnahme findet indes keine Anwendung auf Anleihen, deren variable Verzinsung lediglich von einem Referenzzins abhäng .Ebenfalls nicht betroffen sind Schuldtitel, die als von der gesetzlichen Einlagensicherung geschützte Einlagen bereits heute den übrigen Insolvenzforderungen im Range vorgehen, und zwar auch soweit sie die gesetzliche Deckungssumme (100 000 Euro) übersteigen. Der Kreis der danach privilegierten Gläubiger soll zum 3. Juli durch das bislang nur als Entwurf vorliegende Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU über Einlagensicherungssysteme erweitert werden. Geschützt werden künftig auch Einlagen von Unternehmen, die nach den Vorschriften des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs einen Lagebericht aufzustellen haben. Der deutsche Gesetzgeber geht insoweit über die Vorgaben des Art. 108 der Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD hinaus. Die Neuregelungen haben zur Folge, dass künftig zum Beispiel die Behandlung von Schuldscheinen im Insolvenzfall davon abhängt, ob der Investor vom Schutz durch die Einlagensicherung profitieren kann. GleichbehandlungDie Nachrangigstellung bestimmter Schuldtitel im Insolvenzfall zielt primär auf die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung (sog. Bail-in) im Abwicklungsfall ab. Gläubiger derselben Klasse sind in der Abwicklung grundsätzlich gleich zu behandeln und kein Gläubiger darf größere Verluste als in einem regulären Insolvenzverfahren erleiden. Vom künftig neu begründeten Nachrang werden daher solche Schuldtitel erfasst, auf die der Bail-in nach Ansicht der Bundesregierung besonders rechtssicher und ohne (große) Ansteckungsrisiken angewendet werden kann. (Verbriefte) Derivate, insbesondere Zertifikate, sind wegen potenzieller Bewertungsschwierigkeiten daher auch ausgenommen. Die Ausnahme für verbriefte Derivate steht im Einklang mit den Vorschlägen des Financial Stability Board zur Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC). Die Neuregelung wird es deutschen Kreditinstituten erleichtern, sich ohne Emission vertraglicher Bail-in-Instrumente den neuen Anforderungen der Bankenabwicklung zu stellen.—-*) Dr. Bernd Geier ist Counsel im Frankfurter Büro von Allen & Overy.