BVI pocht auf „One share, one vote“-Prinzip
Der Fondsverband BVI unterstützt den Vorstoß zur Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarktunion, lehnt Einschränkungen von Aktionärsrechten aber ab. Das geht aus einer an das Bundesjustizministerium gerichteten Stellungnahme des BVI hervor mit Bezug auf den Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zu Mehrfachstimmrechten bei Gesellschaften, die sich in einem Wachstumsmarkt für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) listen lassen wollen.
Der Fondsverband befürwortet nach eigener Darstellung grundsätzlich Maßnahmen, die geeignet seien, den deutschen beziehungsweise europäischen Kapitalmarkt attraktiver zu gestalten. Die Einführung von Mehrfachstimmrechten gehört aus Sicht des BVI nicht dazu. „Deshalb lehnen wir diese Vorschläge ab, auch wenn Mehrstimmrechtsstrukturen auf Start-ups und Wachstumsunternehmen beschränkt sein sollen“, heißt es in der Stellungnahme.
Die Vorbehalte macht der BVI sowohl auf nationaler Ebene für das geplante Zukunftsfinanzierungsgesetz geltend als auch für die Vorschläge der EU-Kommission für eine Mindestharmonisierung von Mehrfachstimmrechtsstrukturen. „In keinem Fall sollte der deutsche Gesetzgeber aber mit einer nationalen Lösung den erst anstehenden Diskussionen auf europäischer Ebene vorgreifen“, mahnt der Fondsverband.
Die Beweggründe zur Abschaffung von Mehrfachstimmrechten 1998 im Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) haben nach Einschätzung des BVI Bestand. Die Einräumung eines Stimmrechtseinflusses, der nicht dem Kapital- und Risikoeinsatz beziehungsweise der Zahl der gehaltenen Aktien entspreche, erfülle in keinem Fall die Erwartungshaltung von Investoren, denn sie verhindere eine effektive und sanktionsorientierte Eigentümerkontrolle und stelle – bei aktiven Fonds – letztendlich ein Investitionshindernis dar. Dass Aktien ohne Stimmrecht in der Praxis regelmäßig mit einem Abschlag gehandelt würden, bestätige die Ablehnung vonseiten der Investoren.
Fondsanbieter passiver Produkte (ETFs) müssten zudem in Kauf nehmen, dass sie aufgrund einer etwaigen Indexgebundenheit unter Umständen gezwungen sein würden, Aktien von Unternehmen mit Mehrstimmrechtsstrukturen zu erwerben, obwohl diese unter Corporate-Governance-Kriterien nicht investierbar seien, warnt der BVI. Für Kapitalverwaltungsgesellschaften seien hinreichende Mitwirkungsmöglichkeiten in den Portfoliounternehmen notwendig, um den treuhänderischen Pflichten nachzukommen. Es mangelt laut BVI auch an nachvollziehbarer Evidenz, dass die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien Börsengänge von KMUs in Deutschland tatsächlich begünstigen könnten.