Carve-outs zahlen sich aus

KPMG-Studie zeigt Wertsteigerung nach Abspaltung von Geschäftsbereichen über die Börse

Carve-outs zahlen sich aus

Der jüngste Spin-off hierzulande, Siemens Energy, hat noch keine Kursfantasie entfacht, doch mittelfristig können über den Kapitalmarkt laufende Carve-outs teils erhebliche Wertsteigerungen aufweisen, zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft KPMG. Die beste Performance legen Ausgliederungen hin, wenn sich die ehemalige Konzernmutter komplett zurückzieht. swa Frankfurt – Große Konzerne durchforsten nicht erst seit Beginn der Coronakrise ihre Portfolien. Schon vorher gab es Unsicherheit über die Ausbreitung von Handelskonflikten, die Furcht vor einem globalen Abschwung und die Notwendigkeit zur digitalen Transformation. Um Strukturen zu optimieren und das Investitionsbudget gezielt im Kerngeschäft einzusetzen, haben sich zahlreiche Unternehmen entschieden, Geschäftsbereiche auszugliedern und über einen Spin-off oder – mit zusätzlicher Kapitalaufnahme – über ein IPO an die Börse zu bringen. In manchen Fällen gab es auch Druck von Aktivisten oder regulatorische Anpassungen, die einen Umbau beschleunigten. Ohne KorsettDie Prüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG hat global 45 Ausgliederungen von Geschäftseinheiten über den Kapitalmarkt aus den vergangenen fünf Jahren bis März 2020 unter die Lupe genommen und stellt im Fazit fest, dass sich ein eigenständiges Börsenleben der in die Freiheit entlassenen ehemaligen Konzerntöchter in der Regel auszahlt. Die meisten Carve-outs haben sich besser entwickelt als die relevanten Aktienindizes.Im Spektrum der Sparten haben Finanzdienstleister in der von KPMG betrachteten Periode die meisten Carve-outs auf den Weg gebracht. In Deutschland steht hier allerdings DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank, allein auf weiter Flur, mehr Transaktionen gab es in diesem Sektor in den USA und in Großbritannien. Finanzdienstleiter stoßen Teile ab, die nicht so stark reguliert sind und sich in Eigenständigkeit besser entwickeln können als im hoch regulierten Korsett einer Bank, erklärt KPMG-Partner Ralf Pfennig.In Industrieunternehmen werden Geschäfte für ein Carve-out ausgesucht, die in der Vergangenheit zum Beispiel der Risikodiversifizierung im Konzern dienten, sich aber in Eigenständigkeit erfolgreicher entwickeln können, erklärt der Berater. Eine gewisse Größe müsse dabei gegeben sein, damit es der Kapitalmarkt annehme. Die Einheiten in der Studie brachten alle mehr als 1 Mrd. Umsatz auf die Waage. ZweigleisigIn der Analyse der KPMG sind die Ausgliederungen überwiegend (71%) über ein Spin-off gelaufen, der Börsengang erfolgte also über eine Zuteilung von Anteilen an die Altaktionäre der Muttergesellschaft. Ein kleinerer Teil entschied sich für ein IPO oder eine Hybridlösung, womit Mutter oder Tochter bei der Verselbständigung der Einheit Geld einsammeln. Oft wird zweigleisig gefahren und parallel zum Carve-out ein Verkauf sondiert, was bei Thyssenkrupp schließlich zur Veräußerung der Aufzugssparte für 17 Mrd. Euro an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven führte.Pfennig mahnt, dass ein Carve-out nicht über Nacht zu bewältigen ist. In der Studie brauchte der Schnellste acht Wochen, am oberen Ende waren es 27 Monate und im Durchschnitt ein Jahr. Dabei lässt sich ein IPO in der Regel schneller bewerkstelligen als ein Spin-off. Siemens rühmt sich, den Spin-off des Energiegeschäfts in 511 Tagen über die Bühne gebracht zu haben.In der Regel übernimmt die Muttergesellschaft laut KPMG für eine Übergangszeit als Dienstleister noch zentrale administrative Aufgaben. Steuerrechtlich sei dabei sicherzustellen, dass alles wie unter Dritten abläuft, sagt Pfennig.Unterschiedlich konsequent verläuft der Abschied. Während beim Spin-off typischerweise die Muttergesellschaft komplett aussteigt, behält sie beim IPO in den meisten Fällen zunächst noch die Kontrolle und bleibt erst einmal Mehrheitsaktionärin.Aktiv zu steuern ist der Leverage. Zentral ist die Entscheidung, wie viele Schulden der Tochter aufgebürdet werden. Dazu kommen Pensionsrückstellungen, wobei der Spielraum für die Verteilung hier eingeschränkt ist: Sie wandern mit den von der Ausgliederung betroffenen Beschäftigten mit. In der KPMG-Studie lag die Verschuldung in Relation zum operativen Ergebnis in gut 40 % der via Carve-out ausgegliederten Einheiten unter 2, gut ein Fünftel ging in einem Intervall zwischen 2 und 4 an den Start, bei immerhin 18 % lag der Leverage über 4.In der Analyse der Wertsteigerungen haben die Abspaltungen über ein IPO die Nase vorn. Hier stiegen die Aktienkurse nach zwölf Monaten im Schnitt um 16 %, nach zwei Jahren waren es schon 26 % und nach drei Jahren dann 57 %. Nach der Trennung via Spin-off zeigte sich in der von KPMG analysierten Gruppe nach zwölf Monaten erst ein Kurszuwachs von 2 %, nach zwei Jahren waren es 14 % und nach drei schließlich 46 %. Dieses Zeugnis hält dem Vergleich mit den jeweiligen Börsenindizes stand.Besonders gut ist die Börsenperformance der Unternehmen, bei denen die ehemalige Muttergesellschaft die Kontrolle abgegeben hat. Um Shareholder Value zu schaffen, sollte das ausgegliederte Geschäft “wahre Unabhängigkeit” erhalten, so das Fazit der Berater.