Cellnex will Kriegskasse langsamer leeren
Cellnex, Europas größter Betreiber von Mobilfunkinfrastruktur, will sich nach der rasanten Einkaufstour der letzten Monate nun Zeit für neue Akquisitionen nehmen. „Wir waren in den vergangenen Monaten extrem aktiv“, sagte der CEO des Konzerns aus Barcelona, Tobias Martínez, bei der Vorlage der Quartalszahlen. „Man darf die M&A-Aktivität des ersten Quartals nicht auf den Rest des Jahres übertragen“, so Martínez vor Analysten.
Cellnex hat in den ersten drei Monaten für insgesamt 9 Mrd. Euro Käufe von Funkmasten in Frankreich, Polen und den Niederlanden abgeschlossen. Im Vorjahr besiegelten die Spanier den Erwerb von Mobilfunkstationen von Hutchison in sechs europäischen Ländern. Wenn die abgeschlossenen Operationen vollzogen sind, wird Cellnex ihre Funkmasten auf knapp 130000 in zwölf europäischen Märkten verdoppelt haben. Damit wäre der Konzern dann klar die Nummer 1 der unabhängigen Anbieter.
Derweil ist die Kriegskasse für die weitere Expansion prall gefüllt. Man will in den nächsten 18 Monaten weitere 9 Mrd. Euro investieren. Insgesamt stehen dem Konzern 22,7 Mrd. Euro zu Verfügung; die Hälfte davon sind Kreditlinien der Banken. Cellnex will bevorzugt in den zwölf Märkten wachsen, in denen man bereits präsent ist. Aber man schaue auch anderswo in Europa nach Kaufmöglichkeiten; eventuell auch in anderen Weltregionen. In Deutschland sind die Spanier bislang nicht vertreten, doch Martínez bestätigte vor Monaten Interesse an einem Einstieg in den Markt, wenn die Konditionen stimmen. Dass Cellnex trotz der Einkaufstour der letzten Zeit nicht zu jedem Preis zuschlägt, zeigte sich im Januar, als man gegenüber American Tower im Rennen um 30000 Türme von Telefónica den Kürzeren zog, ausgerechnet auf dem Heimatmarkt.
Bei Anlegern ist die Branche seit einiger Zeit sehr beliebt, denn sie bietet relativ sichere Anlagen mit einer soliden Rendite. So konnte Cellnex vor kurzem 7 Mrd. Euro frisches Kapital abzapfen in der vierten Kapitalerhöhung in zwei Jahren. Das Angebot war 45,6-fach überzeichnet.
Der Ausbau der 5G-Netze garantiert Wachstum für Netzanbieter. Martínez sieht diesbezüglich auch Chancen durch die von den massiven Corona-Hilfsfonds der Europäischen Union geförderte Digitalisierung.
Cellnex konzentriert sich nicht mehr allein auf den Kauf und die Vermietung von Mobilfunkmasten an Telefonanbieter. Man wolle auch in Netze investieren, aber nur als Teil der Infrastruktur, also keine Endanschlüsse für Verbraucher, wie Martínez klarstellte. Bei Zukäufen setze man auf strategische Partner, keine reinen Finanzinvestoren, wobei die Spanier die Kontrolle über das Management für sich beanspruchen.
Durch die Zukäufe machte der Umsatz von Cellnex im ersten Quartal einen Sprung gegenüber der Vorjahreszeit von 41% auf 506 Mill. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um 47% auf 381 Mill. Euro. Das Unternehmen erwartet beim Umsatz ein Wachstum von 50% in diesem Jahr und eine Verdreifachung bis 2025. Allerdings nahmen wegen der Zukäufe auch die Nettoverluste auf 43 Mill. Euro zu. Sobald der Rhythmus der Akquisitionen nachlasse, werde man auch endlich schwarze Zahlen erreichen, versicherte das Management.