Im GesprächAntonio Neri, Hewlett Packard Enterprise

CEO von HPE sieht Übernahmen als Wachstumstreiber

Hewlett Packard Enterprise (HPE) hat den Konzernumsatz und -gewinn stärker gesteigert als erwartet und will das Wachstum durch Übernahmen im Netzwerk- und Cloud-Geschäft ankurbeln. CEO Antonio Neri sieht das Unternehmen dabei als großen Profiteur des KI-Booms und baut auf energieeffiziente Supercomputer.

CEO von HPE sieht Übernahmen als Wachstumstreiber

Im Gespräch: Antonio Neri

CEO von HPE sieht Übernahmen als Treiber

Zuversicht bezüglich Akquisition von Netzwerkausrüster Juniper – Supercomputing und hybride Cloud als Wachstumsmotoren

Von Alex Wehnert, New York

CEO Antonio Neri zeigt sich zuversichtlich, dass Hewlett Packard Enterprise (HPE) mit der Übernahme des Netzwerkausrüsters Juniper schon bald neues Wachstumspotenzial freisetzen wird. „Ich bin nach wie vor sehr zuversichtlich, dass wir die Akquisition spätestens im Frühjahr 2025 abschließen werden“, sagt der Vorstandschef des 2015 von HP abgespaltenen Informationstechnologieriesen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dabei beruft er sich auf die „vorbehaltlose Zustimmung der Regulatoren" unter anderem in der Europäischen Union – in den Vereinigten Staaten bestehen hingegen noch Restzweifel an der Transaktion.

Spannung vor Urteil von Justizministerium

Denn das US-Justizministerium will wohl erst im nächsten Jahr eine Entscheidung über die finale Freigabe für den 14 Mrd. Dollar schweren Cash-Deal fällen, wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu hören ist. Unter Investoren breitete sich daher zuletzt die Hoffnung aus, dass das Urteil in die Regierungszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump fällt, von dessen Administration sich Marktteilnehmer eine laxere Kartellregulierung erhoffen.

„Wir führen sehr gute Gespräche mit dem Justizministerium und müssen uns einfach durch den üblichen Prüfprozess arbeiten“, betont Neri. Mit dem Machtwechsel in Washington veränderten sich die Voraussetzungen nicht grundlegend. Es sei erfreulich zu sehen, dass auch viele Finanzanalysten inzwischen das Potenzial des Deals erkennen würden.

Analysten zeigen sich optimistisch

So hat Morgan Stanley die Aktie von HPE vor der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen am Donnerstag von „Equal Weight“ auf „Übergewichten“ hochgestuft und darauf verwiesen, dass das IT-Unternehmen durch die Juniper-Akquisition seine ohnehin starke Basis an Cloud-Kunden erweitern werde. Dies könne die Gewinnstärke des in Texas ansässigen Unternehmens um 40 bis 50% antreiben und damit für äußerst positive Bewertungseffekte sorgen. Bank of America, die ihre Kaufempfehlung für die HPE-Aktie bekräftigte und ihr Kursziel zuletzt von 24 auf 26 Dollar anhob, sieht unterdessen den Boom um künstliche Intelligenz (KI) als starken Treiber für den Server-Markt. Nachdem das Papier am Donnerstag mit 21,65 Dollar geschlossen hatte, lag es im frühen New Yorker Freitagshandel rund 7% fester.

Erwartungen übertroffen

Neri hält HPE für „einzigartig positioniert“, um vom KI-Aufschwung zu profitieren. Der starke Bedarf an Computing-Ressourcen zum Training großer Sprachmodelle schiebt die Server-Erlöse an, die im Ende Oktober abgeschlossenen vierten Geschäftsquartal 2024 um 32% auf 4,7 Mrd. Dollar zulegten und damit die Erwartungen der Wall Street übertrafen.

Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten kurbelte das Unternehmen die Erlöse an, ohne sich in einen Preiskampf zu begeben. Das stützt den gruppenweiten Überschuss: Nach dem US-Rechnungslegungsstandard GAAP legte der Gewinn um 102% auf 99 Cent pro Aktie zu; bereinigt unter anderem um Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte und aktienbasierte Vergütungen steht ein unerwartet kräftiges Plus um 12% auf 58 Cent zu Buche.

„Diszipliniertes Vorgehen“ bei KI

Neri, der das „disziplinierte Vorgehen“ von HPE in Bezug auf die Zukunftstechnologie hervorhebt, betont gegenüber der Börsen-Zeitung: „Künstliche Intelligenz ist nicht im gleichen Maß für alle Kundengruppen gemacht.“ Dies zeige sich mit Blick auf das Supercomputing, wo Abnehmer von Serverblades wie Airbus die von HPE entwickelten Cluster nutzten, um in der Flugzeugentwicklung große Datenmengen sicher verarbeiten und analysieren zu können, ohne dafür eigene, stationäre Rechenzentren bauen zu müssen. „Unternehmen, die Anwendungen generativer KI entwickeln, benötigen vielleicht andere Lösungen – wir haben die Kapazitäten, beides anzubieten“, führt Neri aus.

Im Supercomputing kann HPE Stand November die drei leistungsfähigsten Systeme weltweit vorweisen. Der im kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory installierte „El Capitan“ kommt auf eine Geschwindigkeit von 1.742 Exaflops, kann also 1.742 Trillionen Berechnungen pro Sekunde treffen und soll in der Spitze 22-mal so schnell sein wie die von IBM und Nvidia entwickelte Vorgängermaschine Sierra. Das US-Energieministerium nutzt ihn für Forschung und Entwicklung zu Belangen der nationalen Sicherheit – die Wissenschaftler in Livermore sind für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des US-Nukleararsenals verantwortlich.

Energieeffizienz im Fokus

Neri erachtet die Flüssigkeitskühlung von Supercomputern und Datenzentren als „besonders spannende Gelegenheit“ für HPE. „Durch Liquid Cooling können wir auf die Nutzung von Ventilatoren verzichten und die Energieeffizienz der Systeme bedeutend steigern“, betont der CEO. Damit adressiert das Unternehmen Sorgen von Nachhaltigkeitsinvestoren in Bezug auf den Elektrizitätsverbrauch infolge des KI-Booms.

Die Internationale Energieagentur schätzt, dass auf KI ausgerichtete Datenzentren im übernächsten Jahr 90 Terawattstunden Strom fressen werden – 2022 lag der Wert noch bei sechs Terawattstunden. Hinzu komme der Verbrauch in traditionellen Datenzentren, der von 345 auf 576 Terawattstunden steigen werde. Klimaschützer fürchten, dass die KI-Anwendungen der Technologieriesen dem gesamten Netz stabile Ressourcen entziehen, die dann durch fossile Energieträger wie Erdgas ersetzt werden. 

Die Kühlung ist eine entscheidende Komponente des Verbrauchs. Neri verweist darauf, dass das „Liquid Cooling“ besonders effizient sei, weil sich in ihrem Rahmen Abwasser recyclen lasse. „Das funktioniert in Norwegen, wo sich ein bedeutender Teil des Stromnetzes aus Wasserkraft speist, zum Beispiel sehr gut“, sagt der in Argentinien geborene Manager.

Profitabilitätswachstum im Cloud-Geschäft

Während das Servergeschäft bei HPE den größten Umsatzbeitrag liefert, überrascht insbesondere die Entwicklung der Sparte Hybrid Cloud die Analysten positiv. Dort legten die Erlöse gegenüber dem Vorjahr um 18% auf 1,6 Mrd. Dollar zu und trugen damit nach einigen schwächeren Quartalen signifikant zum unternehmensweiten Umsatzwachstum um 15% auf 8,5 Mrd. Dollar bei. Zwar fällt die operative Marge mit 7,7% weit niedriger aus als im Server- oder Netzwerkgeschäft – in letzterem liegt sie bei 24,4%. Doch während die Umsatzrentabilität in der bisher profitabelsten, als „Intelligent Edge“ betitelten Sparte auf dem Rückmarsch ist, hat sie sich im Hybrid-Cloud-Segment gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt.

Auch in diesem Bereich soll eine Übernahme zusätzlichen Schwung bringen: Mit der Ende August abgeschlossenen Akquisition von Morpheus Data zielt das Management um Neri darauf ab, die Plattform HPE Greenlake auszubauen. Diese kombiniert lokale Rechenzentren, die Private Clouds, mit öffentlichen Speicherressourcen, sodass Unternehmen ihre Daten und Anwendungen auf beide verteilen können. Zuletzt kündigte RWE an, KI-optimierte Cloud-Lösungen von HPE nutzen zu wollen, um neue Informationen aus Wetterdaten ziehen und die Effizienz im Geschäft mit erneuerbaren Energien steigern zu können.

Radikaler Wandel im Umsatzmix

Neri will zudem von verschärften Datenschutzstandards profitieren. Die sogenannte souveräne Cloud soll Unternehmen dabei unterstützen, die Daten ihrer Kunden sowie ihre eigenen gemäß der Richtlinien verschiedener Länder zu sichern. „Das wird insbesondere in der Europäischen Union zunehmend wichtiger“, sagt Neri. HPE konkurriert in dem Segment mit Amazon Web Services, Google, Oracle und Microsoft. „Dass wir unsere Cloud-Lösungen über Greenlake auf einer Plattform anbieten können, hebt uns ziemlich stark von den Wettbewerbern ab“, führt der CEO aus.

Das Wachstum in jüngeren Geschäftsfeldern führt dazu, dass sich der Umsatzmix von HPE in kurzer Zeit recht radikal wandelt. Dies lastet auf der unternehmensweiten Marge, die gegenüber dem Vorjahr um 400 Basispunkte gesunken ist. Doch Analysten heben hervor, dass sich der IT-Riese durch eine enge Kontrolle der Betriebsausgaben robust aufstellt und zugleich rechtzeitig neue Wachstumspotenziale erschlossen hat.

Hewlett Packard Enterprise hat den Konzernumsatz und -gewinn stärker gesteigert als erwartet und will das Wachstum durch Übernahmen im Netzwerk- und Cloud-Geschäft ankurbeln. CEO Antonio Neri sieht das Unternehmen dabei als großen Profiteur des KI-Booms und baut auf energieeffiziente Supercomputer.

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