Champagnerbranche ist nicht in Feierlaune
Sie sind eines der Wahrzeichen von Paris und Inbegriff der französischen Lebensart: die Terrassen von Cafés und Restaurants. Hier trifft man sich mit Freunden abends zum Aperitif, hier trifft man sich aber auch mit Kollegen zum Mittagessen. Normalerweise, denn während der strengen Ausgangssperre blieben sie für Gäste geschlossen. Seit den Lockerungen sind sie nun aber an den lauen Sommerabenden gefragt wie nie zuvor. In vielen Restaurants und Cafés ist es derzeit schwierig, abends auf der Terrasse einen freien Tisch zu ergattern. Und das, obwohl die Betreiber mit Erlaubnis der Stadtverwaltung mehr Tische draußen aufstellen dürfen, damit sich die Besucher nicht im Inneren dicht aneinanderdrängeln müssen.Drängeln, das war früher auch ein Begriff, der als eine Art Synonym für den Louvre hätte gelten können, das meistbesuchte Museum der Welt. Wer vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie einen Blick auf die Mona Lisa erhaschen wollte, musste dicht gedrängt mit anderen Besuchern anstehen. Eine Gefahr, die zumindest in den nächsten Wochen und Monaten nicht bestehen dürfte. Denn der Louvre rechnet nach seiner Wiedereröffnung an diesem Montag mit gerade mal 8 000 bis 10 000 Besuchern pro Tag, während er früher auf bis zu 40 000 täglich kam.Das Museum geht davon aus, dass es erst in drei Jahren wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird. Seit Beginn der Pandemie hat es bereits 40 Mill. Euro verloren – weil Besucher ausbleiben, aber auch, weil die Säle nicht für Veranstaltungen vermietet werden können und Touristen nicht mehr in den Museumsshops einkaufen. Jean-Luc Martinez, Direktor des Louvre, versucht, dem Ganzen dennoch eine positive Seite abzugewinnen. “Diese Krise ist die Gelegenheit für uns, ein Publikum aus der Nähe zurückzuerobern.” Dennoch hofft er, dass ausländische Touristen bald wieder an die Seine kommen. Immerhin machen sie normalerweise 75 % der Besucher des Louvre aus, allen voran Amerikaner. Bis es jedoch so weit ist, ist das Museum auf die Unterstützung des Staates angewiesen, der es mit jährlich 90 Mill. Euro finanziert. *Stark getroffen hat die Pandemie auch die Champagner-Branche, die eine Krise solchen Ausmaßes seit mehr als 100 Jahren nicht erlebt hat. Ersten Schätzungen zufolge sind die Verkäufe des Edel-Schaumweins während der Ausgangssperre in Frankreich um 80 % eingebrochen und im Exportgeschäft um immerhin 60 %. Der Branchenverband Comité Champagne fürchtet nun, im Gesamtjahr 100 Millionen Flaschen weniger zu verkaufen. Das entspräche einem Rückgang um 30 % und einem Verlust von 1,7 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Bei der letzten großen Krise, die die Branche stark getroffen hat, sind die Champagner-Verkäufe 1974 um 15,4 % eingebrochen.Dabei stand die Branche bereits vor Ausbruch der Pandemie wegen der Streiks gegen die Rentenreform in Frankreich, der anhaltenden Unsicherheiten hinsichtlich des Brexit und der Drohung von US-Präsident Donald Trump unter Druck, als Vergeltung für eine von Frankreich beschlossene Digitalsteuer für Internetgiganten wie Amazon, Google, Apple und Facebook künftig Champagner mit Strafzöllen zu belegen. Die Verkäufe des Luxus-Schaumweins waren bereits vergangenes Jahr vom Volumen her leicht gesunken, doch wegen der höherpreisigen Positionierung konnte die Branche ihren Umsatz von 4,9 Mrd. Euro auf 5 Mrd. Euro steigern.Winzer und Champagner-Häuser wollen nun am 22. Juli die Höchstwerte der Ernte pro Hektar so festlegen, dass die Mengen nicht zu groß ausfallen und zu riesigen Lagerbeständen führen. Denn sie wollen vermeiden, dass es zu einem aggressiven Abbau der Lagerbestände mit Hilfe von Sonderangeboten kommt, da darunter das edle Image leiden würde. Ebenfalls beschlossen hat die Branche, die noch ausstehenden Zahlungen für die Ernte des vergangenen Jahres zu verschieben, dafür aber Zinsen von 1,5 % aufzuschlagen. Normalerweise werden die Ernten in vier Raten gezahlt. 90 % der insgesamt 34 000 Hektar großen Anbaufläche gehören 16 000 Winzern, die ihre Trauben an die 340 Champagner-Häuser verkaufen. Nur 4 000 Winzer vertreiben einen eigenen Champagner.