Schadstoffe

Chemie befürchtet "Bürokratiemonster" im Umweltschutz

Die Chemieindustrie kritisiert die verschärften Vorgaben der EU gegen Schadstoffemissionen und befürchtet ausufernde Genehmigungsverfahren.

Chemie befürchtet "Bürokratiemonster" im Umweltschutz

Chemieindustrie befürchtet "Bürokratiemonster" im Umweltschutz

EU zurrt Änderungen zur Industrieemissionsrichtlinie fest – Branche appelliert an deutschen Gesetzgeber zum Maßhalten

swa Frankfurt

In der Chemieindustrie formiert sich Kritik an der EU-Regulierung gegen Umweltverschmutzung. Der Branchenverband VCI übt Kritik an der überarbeiteten Industrieemissionsrichtlinie, die der Umweltausschuss des EU-Parlaments jüngst abgesegnet hat. Mit dem vorliegenden Kompromiss entsteht aus Sicht des VCI ein "weiteres Bürokratiemonstrum, ohne dass davon die Umwelt profitiert". Die Branche befürchtet, dass Genehmigungsverfahren "noch länger und komplizierter" werden. "Das wird die Transformation zu einer klimaneutralen Industrie unnötigerweise verzögern“, sagt Ulrike Zimmer, VCI-Bereichsleiterin Technik und Umwelt. Der Chemieverband appelliert an die Bundesregierung, "die neuen Vorschriften bei der Umsetzung in deutsches Recht nicht noch weiter zu verschärfen und Spielräume zu nutzen".

Keine festen Grenzwerte

Der VCI kann bei aller Kritik auch positive Elemente in der EU-Entscheidung erkennen. So verzichte Brüssel auf verbindliche Transformationspläne sowie auf ein neues und sehr aufwendiges Grenzwertsetzungssystem. Danach hätten die Behörden den niedrigsten Grenzwert vorschreiben können, der durch den Einsatz der besten verfügbaren Technik möglich ist. Das hätte laut VCI zu einem enormen technischen Aufwand für neue und bestehende Anlagen geführt. Außerdem wären diese Grenzwerte technisch kaum dauerhaft zu gewährleisten.

Als "völlig überflüssig" brandmarkt der VCI indes, dass Unternehmen künftig für jede Anlage ein Umweltmanagementsystem erstellen sollen, um eine Genehmigung zu erhalten. Dieses solle zudem alle drei Jahre überprüft werden. „Vor allem kleine und mittlere Unternehmen werden vor neue und teils unüberwindliche Hürden gestellt“, befürchtet Zimmer.

Zentrale Vorschrift

Die Industrieemissionsrichtlinie ist aus Sicht der EU die wichtigste Rechtsvorschrift zur Vermeidung und Verringerung der Umweltverschmutzung durch große Industrieanlagen, einschließlich Tierhaltungsbetrieben, in den Mitgliedstaaten. Die derzeit geltende Richtlinie gelte für über 50.000 Anlagen in EU-Ländern, die zusammen für 20% aller Schadstoffemissionen in Luft und Wasser und 40% der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich seien. Treibhausgasemissionen fallen zudem noch unter die Regulierung des EU-Emissionshandelssystems.

Auf dem Radar sind 30.000 große Industrieanlagen, darunter Kraftwerke und Raffinerien sowie Abfallverbrennungsanlagen. Betroffen ist zudem die Produktion von Metallen, Zement, Glas, Chemikalien, Zellstoff und Papier, Lebensmitteln und Getränken. Dazu kommen 20.000 Betriebe mit intensiver Tierhaltung von Geflügel und Schweinen – dieses Segment wird am stärksten von der Richtlinie tangiert. Die neuen Vorschriften werden hier schrittweise angewandt, beginnend 2030 mit den größten landwirtschaftlichen Betrieben.

Rat und EU-Parlament hatten sich Ende 2023 vorläufig politisch geeinigt mit Blick auf die Überarbeitung der Industrieemissionsrichtlinie und die Verordnung über die Einrichtung eines Industrieemissionsportals. "Die EU strebt an, bis 2050 die Umweltverschmutzung auf ein Niveau zu senken, das für die menschliche Gesundheit nicht mehr schädlich ist. Mit der heutigen Einigung zu Industrieemissionen können wir dieses Ziel auf zwei Wegen angehen. Wir legen strengere Vorschriften zur Bekämpfung der Verschmutzung an der Quelle fest und verbessern zugleich die Berichterstattung und Überwachung von Emissionen", ließ sich Teresa Ribera Rodríguez zitieren, Ministerin für den Übergang zu einer grünen Wirtschaft und den demografischen Wandel Spaniens.

Wertberichtigt Seite 2
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.