IPO

Cheplapharm treibt Börsenpläne voran

Es könnte der Eisbrecher für das IPO-Jahr 2022 werden. Die Arzneifirma Cheplapharm will 750 Mill. Euro mit neuen Aktien einspielen. Der Börsenwert des Familienunternehmens könnte 7,5 Mrd. Euro erreichen.

Cheplapharm treibt Börsenpläne voran

cru Frankfurt

Der Arzneimittelhersteller Cheplapharm plant einen milliardenschweren Börsengang. Das Familienunternehmen aus Greifswald in Vorpommern will in den nächsten Wochen einen Bruttoemissionserlös von 750 Mill. Euro mit der Platzierung neuer Aktien einspielen, wie Cheplapharm am Montag mitteilte. Darüber hinaus wollen die Eigentümer, die Geschwister Sebastian Braun (Co-CEO) und Bianca Juha (Chief Scientific Officer), einen Teil ihrer Aktien verkaufen. Ihnen gehört jeweils die Hälfte der Braun Beteiligungs GmbH, die wiederum alleiniger Eigentümer der Cheplapharm ist und einer Lock-up-Frist von 360 Tagen zugestimmt hat.

„Wir hatten schon fantastische Angebote von Finanzinvestoren auf dem Tisch“, sagte Co-Vorstandschef Braun der Börsen-Zeitung, der seit dem Kauf der Firma durch die Familie Braun im Jahr 2003 als Geschäftsführer fungierte. „Wir haben uns dennoch für den Börsengang entschieden, weil wir so die Mittel einsammeln können, um alle Wachstumschancen, die sich in den kommenden Jahren bieten werden, so umfangreich wie möglich zu nutzen.“ Allein 2021 übernahm Cheplapharm Produkte für 920 Mill. Euro, darunter ein Portfolio von Mitteln gegen Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen des japanischen Pharmakonzerns Takeda. 2022 soll die Einkaufstour weitergehen. Die Übernahme weiterer Assets für mehr als 1,8 Mrd. Euro werde „kurzfristig geprüft“.

Auf stetiger Einkaufstour

Cheplapharm erwirbt etablierte Medikamente am Ende ihrer Reifephase von großen Pharmaunternehmen wie Roche, Novartis, Sanofi oder AstraZeneca, die sich zunehmend auf Innovationen konzentrieren. „Wir bieten planbare Cash-flows – ohne ein festgelegtes Enddatum“, sagte Braun. Unter den eingekauften Arzneien sind Mittel zur Behandlung von Herzkrankheiten, Krebs und Infektionen, die das Unternehmen, das selbst nur 500 Beschäftigte hat, in Lohnfertigung herstellen lässt und über ein Netzwerk von mehr als 100 Partnern vertreibt. In den ersten neun Monaten 2021 lag der Umsatz mit 793 Mill. Euro um 60% über dem gleichen Vorjahreszeitraum, bis zum Jahresende 2021 dürfte daraus mehr als 1 Mrd. Euro (2020: 640 Milll. Euro) geworden sein. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag nach neun Monaten bei 480 Mill. Euro – was einer Marge von 61% entspricht.

Cheplapharm will mit dem Nettoemissionserlös den Einkauf weiterer Pharmaprodukte von anderen Konzernen finanzieren und einen Teil der 2,45 Mrd. Euro Schulden zurückzahlen. Geplant sind der Börsengang und die Notierung der Aktie im stärker regulierten Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Dafür wird ein Streubesitz von 20% benötigt, so dass damit zu rechnen ist, dass etwa 10% aus neuen Aktien durch 10% aus dem Bestand der Altaktionäre ergänzt werden. Das 1998 in Freiburg gegründete Unternehmen betreibt keine eigene Arzneimittelforschung, sondern hat sich in den vergangenen 25 Jahren für mehr als 3 Mrd. Euro ein Portfolio aus mehr als 100 am Markt eingeführten und teilweise von der Weltgesundheitsorganisation als essenziell eingestuften Produkten zusammengekauft, deren Patentschutz ausgelaufen ist.

Konkurrent Royalty Pharma

Eigentlich hatte Cheplapharm das IPO bereits im Herbst 2021 angepeilt, wegen der Börsenschwankungen hatten sich die Pläne aber verzögert. Als vergleichbare Wettbewerber gelten die an der Nasdaq notierte Royalty Pharma aus New York und die in Deutschland börsennotierte Dermapharm aus Grünwald sowie der italienische Rivale Recordati aus Mailand, die mit dem rund 16-Fachen des Ebitda bewertet werden. Einschließlich 2,45 Mrd. Euro Schulden könnte Cheplapharm laut Finanzkreisen mit rund 10 Mrd. Euro bewertet werden. Der Eigenkapitalwert entspricht damit dem rund 13-Fachen des Ebitda.

Cheplapharm wäre der erste herkömmliche Börsengang des Jahres und zugleich der erste seit mehreren Monaten an der Frankfurter Börse – abgesehen von dem zweiten deutschen Spac (Special Purpose Acquisition Company) des Berliner Wagniskapitalgebers 468 Capital, der gerade dabei ist, 250 Mill. Euro für sein Übernahmevehikel einzusammeln, das am Donnerstag in den Handel startet. Die Cheplapharm-Erstnotiz wäre nach dem üblichen Zeitplan für Februar zu erwarten – das Unternehmen legt sich aber nur auf das erste Quartal fest. Federführend organisiert wird die Neuemission von den Investmentbanken Credit Suisse, Deutsche Bank und J.P. Morgan.

Das IPO könnte als Eisbrecher für das angesichts der Zinserhöhungen schwierige Jahr 2022 dienen – mit einer Vielzahl potenzieller IPO-Kandidaten, darunter so große wie der Sportwagenhersteller Porsche AG, die Ex-Thyssenkrupp-Aufzugstochter TK Elevator aus dem Bestand des Finanzinvestors Advent und die BASF-Öltochter Wintershall Dea. Weitere Kandidaten sind die Thyssenkrupp-Wasserstofftochter Nucera, der Prothesenhersteller Ottobock und das Stellenanzeigen-Portal von Springer, Stepstone, sowie die 1&1-Webhosting-Tochter Ionos.

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