China fährt große M&A-Geschütze auf

Im Präsidentschaftswahljahr 2016 dürften kleinere Übernahmen in den USA aber bessere Chancen haben

China fährt große M&A-Geschütze auf

Es ist in diesem Jahr nicht die erste Milliardenofferte aus China: Ungefähr 6 Mrd. Dollar bietet die HNA Group für den US-Konzern Ingram Micro. Ob es der Deal im Präsidentschaftswahljahr an den Vorbehalten der US-Öffentlichkeit vorbei schafft, ist auch in diesem Fall offen.Von Stefan Paravicini, FrankfurtDiese Nachricht passt ins Bild der vergangenen Wochen: Zu einer Bewertung von rund 6 Mrd. Dollar will die chinesische HNA Group die börsennotierte US-Gesellschaft Ingram Micro, einen Reseller von Computern, Netzwerktechnologie und Software übernehmen. Das teilten die Unternehmen am Mittwoch nach Börsenschluss mit. Die Aktie von Ingram Micro legte gestern um gut ein Fünftel auf knapp 36 Dollar zu.Dass zu dem Angebot von 38,90 Dollar je Aktie noch ein ordentlicher Respektabstand blieb, passte ebenfalls zu den Nachrichten des noch jungen Jahres. Denn während auf der einen Seite das Volumen der angekündigten M&A-Deals von chinesischen Investoren in den USA nach Angaben des Informationsdienstes Dealogic bereits nach sieben Wochen im neuen Turnus oberhalb des im vergangenen Jahr erreichten Niveaus liegt (siehe Grafik), wächst bei den Marktakteuren auch das Bewusstsein dafür, dass es gerade im Jahr einer US-Präsidentschaftswahl politisch heikel ist, wenn chinesische Firmen im großen Stil Jagd auf Ziele in den USA gehen. Fairchild gibt ON den VorzugDer US-Halbleiterkonzern Fairchild hat vor diesem Hintergrund in dieser Woche ein Übernahmeangebot von China Resources und Hua Capital Management zu Gunsten einer Offerte des US-Konkurrenten ON Semiconductor zurückgewiesen, obwohl das chinesische Konsortium mit 22 Dollar je Aktie 10 % mehr bietet. Das Management von Fairchild bemängelte, dass die in dem Angebot vorgesehene Breakup Fee in Höhe von 108 Mill. Dollar das Risiko nicht widerspiegele, dass die rund 2,5 Mrd. Dollar schwere Transaktion am Ende doch noch scheitert.Auch die jetzt vorgelegte Offerte von HNA für Ingram Micro verdeutlicht die gestiegene Sensibilität für die Risiken auf dem Weg zu einer erfolgreichen Übernahme von US-Unternehmen durch chinesische Investoren. HNA ruft für die Breakup Fee stolze 400 Mill. Dollar auf, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Die gleiche Zahlung hatte der chinesische Ölkonzern Cnooc mit der kanadischen Nexen vereinbart, als der Staatsbetrieb mit umgerechnet 15 Mrd. Dollar zur bisher größten Übernahme eines chinesischen Bieters im Ausland ansetzte.Dass US-Behörden derzeit ein besonders waches Auge auf M&A-Deals haben, wenn bei den Avancen von chinesische Investoren US-Assets betroffen sind, weiß auch die niederländische Philips. Der Verkauf ihrer Tochter Lumileds an ein chinesisches Konsortium um Go Scale Capital scheiterte am Einspruch des Ausschusses der US-Regierung für Auslandsinvestitionen in den USA (CFIUS). Der Ausschuss hatte seine Bedenken angemeldet, weil die Transaktion auch Patente des ehemaligen Joint Ventures von Philips und des US-Technologiekonzerns Agilent umfasst hätte. Auch die 43 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Chemiekonzerns Syngenta durch Chemchina könnte an den Vorbehalten des CFIUS scheitern, da die Schweizer in den USA eine Reihe von Forschungseinrichtungen unterhalten. Die Breakup Fee wurde hier auf 3 Mrd. Dollar festgelegt.Die 3,3 Mrd. Dollar große Offerte des chinesischen Baukonzerns Zoomlion für den US-Kranhersteller Terex ist ebenfalls längst noch nicht in trockenen Tüchern. Bessere Chancen räumen Marktbeobachter gerade in einem Präsidentschaftswahljahr Übernahmeplänen ein, die unterhalb der Milliarden-Dollar-Schwelle und damit gleichsam unter dem Radar der breiteren Öffentlichkeit fliegen. Dazu zählt etwa die Offerte des Autozulieferers Ningbo Joyson, der für den Airbag-Hersteller Key Safety 920 Mill. Dollar bietet.