China-Flaute erwischt Autobauer kalt

Alix Partners: Negative Überraschung - Hohe Überkapazitäten - Margendruck

China-Flaute erwischt Autobauer kalt

scd Frankfurt – Die Margen in der Automobilindustrie sind weltweit unter Druck geraten. Dem Beratungsunternehmen Alix Partners zufolge dürfte sich das auch in den nächsten Jahren so fortsetzen. Neben den hohen Investitionen in neue Technologien wie Elektroantrieb und autonomes Fahren sowie neue Geschäftsmodelle wie Carsharing setzt der Branche besonders die Schwäche des größten Automarktes China zu. “Die ausgeprägte Schwäche des chinesischen Marktes in den vergangenen zwölf Monaten war sicher die größte negative Überraschung für die Branche”, sagt Elmar Kades, Global Co-Lead Automotive und Managing Director bei Alix.Kades zufolge ist die Kapazitätsauslastung 2018 bei vielen Automobilherstellern im Reich der Mitte so weit gesunken, dass von einer ernsthaften Überkapazität gesprochen werden kann. Ford, PSA, Renault, Fiat, Kia und Hyundai kamen einer Studie von Alix zufolge allesamt nicht einmal auf 50 % Auslastung. Bei unter 75 % könne man bereits von Überkapazitäten sprechen. Volkswagen lag 2018 mit 80 % noch knapp darüber. Da der Premiummarkt von der Krise weitgehend verschont blieb, kamen BMW und Daimler auf mehr als 100 % Auslastung. Allerdings geraten auch deren Margen unter Druck.Auf eine baldige Erholung im chinesischen Markt sollten sich die Autobauer eher nicht einstellen. Alix rechnet damit, dass der Neuwagenabsatz in China 2019 und 2020 jeweils unter der Marke von 25 Millionen Stück bleiben wird, nachdem 2018 rund 27 Millionen und 2017 sogar noch 28 Millionen Neuzulassungen gezählt wurden. Das Rekordniveau des vorvergangenen Jahres dürfte der Studie zufolge erst 2024 übertroffen werden (siehe Grafik).Auch in Nordamerika zeigen sich Bremsspuren. Der zweitgrößte Automarkt der Welt soll bis 2022 um knapp 2 Millionen Neuzulassungen schrumpfen und sogar 2026 noch unter dem Niveau des vergangenen Jahres liegen. In Europa ist der Studie zufolge ein leichtes Absatzwachstum möglich – allerdings nur dank der osteuropäischen Länder. Im Westen – allen voran Deutschland – wird ein Rückgang prognostiziert. Keine Impulse zu erwarten “Es sind in den nächsten zwei, drei Jahren einfach keine Impulse vom globalen Automarkt zu erwarten”, sagt Kades. Er erwarte zwar, dass Südostasien anziehen werde, aber die Stückzahlen seien nicht hoch genug, um China zu kompensieren. Damit dürfte der Investitionsaufwand je verkauftem Auto, der in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen ist, weiter hoch bleiben – selbst bei stagnierenden Ausgaben.Kades traut zudem den chinesischen Wettbewerbern im Prinzip zu, dass sie in der Elektromobilität schaffen, was ihnen beim Verbrenner missglückt ist. “Es kann schon sein, dass der neue Fokus auf Elektromobilität und Konnektivität den chinesischen Herstellern den Weg in westliche Märkte eröffnet.” Bei der Batterie hätten chinesische Firmen schließlich weite Teile der Wertschöpfung in der Hand – von den Rohstoffen bis zur Zellfertigung. “Allerdings ist eine rasante Markteroberung, wie sie Huawei bei Smartphones geglückt ist, nicht zu erwarten. Dafür sind die Entwicklungszyklen in der Automobilindustrie viel zu lang”, ist sich Kades sicher.Spannend sei, dass bei der Elektromobilität noch ungewiss sei, wie sich die Wertschöpfungsanteile künftig verteilen. “Beim Elektroantrieb ist noch gar nicht klar, was der Hersteller künftig selbst macht oder fertigen lässt”, sagt er. “Produziert man etwa nur die Batteriepakete oder auch die Zelle? Den Elektromotor stellen viele Autobauer derzeit nur selbst her und kaufen Komponenten zu, weil es Großserienzulieferer noch nicht wirklich gibt und auch die Gewerkschaften da Druck machen.” Andere Entwicklungen in der Automobilbranche halten die Margen ebenfalls unter Druck. Mobilitätsdienste wie Carsharing rechneten sich erst richtig, wenn das autonome Fahren da sei. “Das verändert das komplette Geschäftsmodell.” Bis dahin seien allerdings alle Indikatoren negativ.Auch das Händlernetz werden die Autobauer kaum halten können. “Elektroautos brauchen deutlich weniger Wartung als Verbrenner. Damit wird es in Zukunft wahrscheinlich zu einem Händlersterben kommen.” Angesichts der langen Lebenszyklen der Autos werde sich dieses aber wohl über Jahrzehnte hinziehen.