China lässt erstmals Sammelklagen zu

Initiative für Anlegerschutz richtet sich gegen betrügerische Firmen

China lässt erstmals Sammelklagen zu

nh Schanghai – Die chinesische Regierung wird nach einer lange herausgezögerten Entscheidung des obersten Gerichtshofes künftig Sammelklagen von durch Betrugsfälle geschädigten Aktionären zulassen. Damit wird ein gängiges Anlegerschutzinstrument, das vor allem in den USA, aber auch in europäischen Ländern unter verschiedenen Ausprägungen breite zivilrechtliche Anwendung findet, erstmals auch in China eine disziplinierende Wirkung auf börsennotierte Firmen ausüben können. Armada von KleinaktionärenDie nun getroffene Grundsatzentscheidung des Gerichtshofes gilt als eine Reverenz an die riesige Menge von chinesischen Kleinanlegern, deren Zahl auf rund 160 Millionen veranlagt wirkt. Anders als an westlichen Aktienmärkten und auch an der Hongkonger Börse wird das Aktienmarktgeschehen auf dem chinesischen Festland nicht etwa von institutionellen Investoren, sondern von eine Kleinanleger-Armada wesentlich beeinflusst. Gleichzeitig haben die Privataktionäre aber im bisherigen System praktisch keine Chance, sich auch bei öffentlich publik gewordenen Betrugsfällen mit Schadenersatzklagen zu vertretbaren Rechtskosten zur Wehr zu setzen und ihre Interessen durchzusetzen.Die Zulassung von Sammelklagen in China gilt als ein wichtiger zusätzlicher Baustein einer Reihe von Anlegerschutz- und Reformmaßnahmen in den vergangenen Monaten, die zu einer Modernisierung des chinesischen Kapitalmarktgeschehens beitragen sollen.In einer Mitteilung der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde China Securities Regulatory Commission (CSRC) wird die neue Maßnahme denn auch offensiv begrüßt. Dies sei ein bedeutender Schritt zur Stärkung von Anlegerschutzrechten und Aufrechterhaltung einer gesunden Marktdisziplin. Dabei werde man seitens der CSRC in schwerwiegenden Fällen mit negativer sozialer Auswirkung begleitend einschreiten. Schandfleck Luckin CoffeeZuletzt erlebte China einen aufsehenerregenden Fall, der als ein Musterbeispiel für die Notwendigkeit von organisierten Aktionärsklagen gilt. Dabei hatte die im Mai 2019 an die US-Technologiebörse Nasdaq gegangene Kaffeehauskette Luckin Coffee über das Fingieren von rund eines Drittels der Jahreserlöse 2019 den Anlegern eine flotte Wachstumsstory vorgegaukelt. Auf dieser Basis beschaffte sich die Gesellschaft unter anderem mit einer nunmehr wertlosen Wandelanleihe zusätzliches Kapital. Die mittlerweile von der Nasdaq verbannte Luckin Coffee ist nun weiteren regulatorischen Ermittlungen und möglichen Strafen ausgesetzt.