China lässt Qualcomm auflaufen
wb Frankfurt – Der größte Deal in der globalen Halbleiterindustrie steht vor dem Aus: Die 44 Mrd. Dollar schwere Akquisition der niederländischen NXP durch Qualcomm aus den USA scheitert daran, dass sich die Wettbewerbshüter in China nicht äußerten und damit keine Genehmigung erteilt haben. Damit lässt Peking den US-Konzern auflaufen – ohne dem Deal ausdrücklich zu untersagen, wie dies die amerikanische Administration mit dem 148 Mrd. schweren Übernahmeplan von Broadcom für Qualcomm getan hatte. Der Vorgang zeigt, wie der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg zunehmend auch den M & A-Markt belastet. Nachdem Qualcomm vor vier Monaten von der Trump-Regierung vor der feindlichen Übernahme von Broadcom bewahrt wurde, ist sie jetzt selbst das profilierteste amerikanische Opfer des Streits zwischen den USA und China. Hochrangige US-Politiker wie Finanzminister Steven Mnuchin und Handelsminister Wilbur Ross sollen noch versucht haben, die Chinesen zu überzeugen, den Deal unabhängig von den Handelskonflikten zu behandeln. China verweist lediglich auf das Kartellrecht.Qualcomm gibt den im Oktober 2016 eingefädelten Deal mit dem europäischen Halbleiterspezialisten, dessen Frist in diesem April verlängert worden war, nun verloren. CEO Steve Mollenkopf setzt nun stattdessen auf einen Aktienrückkauf im Volumen von 30 Mrd. Dollar bis Ende September 2019. Mit dem Rückzieher muss Qualcomm gemäß den Vereinbarungen 2 Mrd. Dollar an NXP zahlen, die selbst Aktien für 5 Mrd. Dollar zurückkaufen will. Für die Akquisition stand nach acht Freigaben das Plazet der chinesischen Wettbewerbshüter an. Doch die State Administration for Market Regulation (SAMR) äußerte sich nicht. Dem italienischen Brillenhersteller Luxottica und dem französischen Linsenproduzenten Essilor hat die SAMR die Fusion genehmigt.Qualcomm wollte sich mit der Übernahme von NXP vor allem im Geschäft mit autonomen und vernetzten Autos stärken. Mollenkopf steht nun unter dem Druck der Investoren zu zeigen, wie der Hersteller aus San Diego sein Hauptgeschäft mit Chips für Smartphones diversifiziert und wie er das “Internet der Dinge” ohne NXP beliefern will.Rückschläge muss Qualcomm in der Belieferung von iPhones hinnehmen. Der Konzern, der einen großen Teil der Gewinne im Lizenzgeschäft mit Patenten für Mobilfunktechnologie macht, steckt seit längerem in einem Streit mit Apple, die niedrigere Zahlungen an den Chiphersteller durchsetzen will. Als Folge des Konflikts bekommt Qualcomm schon seit mehreren Quartalen keine Zahlungen mehr von iPhone-Zulieferern. Qualcomm wirft Apple im Gegenzug Patentverletzungen vor. Die nächste iPhone-Generation wird ohne Qualcomm-Chips gebaut, wie CFO George Davis jetzt kundtat. Der Umgang mit ihrer Marktstellung brachte Qualcomm zuletzt nicht nur den Unmut von Wettbewerbshütern ein, sondern auch den Widerstand von Kunden wie Apple und Huawei. Die Aktie von NXP gab in Reaktion an der Nasdaq um 7,7% nach. Qualcomm, die auch Quartalszahlen vorlegte, die gut angekommen sind, stiegen um 4,8 %. Der Umsatz stieg im dritten Quartal um 6,2 % auf 5,6 Mrd. Dollar und der Nettogewinn um 41 % auf 1,2 Mrd. Große Geldsammelstellen hatten sich bei NXP eingekauft und setzten sich für einen höheren Preis vonseiten Qualcomms ein. Elliott hält noch knapp 5 %, Hedgefonds kommen zusammen bei NXP auf etwa ein Drittel. Mitten im Übernahmeboom haben Hedgefonds, die mit M & A Geld verdienen wollen, zu kämpfen. Der Wert der Transaktionen ist im ersten Halbjahr um 43 % auf 2,5 Bill. Dollar geklettert, wobei angekündigte Megadeals die höchste Zahl seit der Finanzkrise erreichten. Das sollte den Fonds eigentlich in die Hände spielen. Doch Merger-Arbitrage- und Event-driven-Fonds haben Geld verloren. Sie müssen sich jetzt viel stärker als früher mit politischen Risiken auseinandersetzen. Und die gestiegene Volatilität ist ein weiterer Belastungsfaktor. Die Abwehrschlacht gegen den Konkurrenten Broadcom hatte Mollenkopf mit Unterstützung Trumps, der die nationale Sicherheit gefährdet sah, im März gewonnen. Der Herausforderer aus Singapur – Broadcom hat inzwischen den Sitz nach Kalifornien verlegt – wendet sich mit einer Offerte von 19 Mrd. Dollar dem Softwarekonzern CA zu.