GROSSANLAGENBAU

"China schläft wie ein Dornröschen"

Großanlagenbauer bekommen auch Wettbewerb aus Indien - Technologieführerschaft hilft nur begrenzt

"China schläft wie ein Dornröschen"

Deutsche Großanlagenbauer, zu denen Konzernteile von Linde, Siemens oder Thyssenkrupp gehören, stehen unter Druck. Scharfe Konkurrenz kommt nicht nur aus Südkorea, sondern auch aus China und sogar Indien.Von Daniel Schauber, MannheimVor Konkurrenten aus China haben deutsche Hersteller von Kraftwerken oder Zement- und Chemieanlagen enormen Respekt. Sie werden offenbar noch ernster genommen als die Südkoreaner, die den Weltmarkt schon kräftig aufgemischt haben. Das wurde am Dienstag auf dem Engineering Summit deutlich, zu dem sich rund 300 Branchenexperten zur Nabelschau in Mannheim treffen. Für ein Fünftel der deutschen Großanlagenbauer seien auch Angreifer aus Indien ein großes Thema, erklärte Klaus Gottwald, der bei der Maschinenbaulobby VDMA für Großanlagen zuständig ist (siehe Grafik).”China ist ein Wettbewerber, der noch wie ein Dornröschen schläft”, sagte Hans-Nicolaus Rindfleisch, Geschäftsführer der TÜV Süd Chemie Service GmbH. Rindfleisch berichtete von Anlagen chinesischer Bauart unter anderem in Syrien, Iran und Indonesien. Zwar liege das Kerngeschäft der chinesischen Großanlagenbauer noch in ihrem Heimatmarkt, aber der Konkurrent dränge in den Export. “Bei den Chinesen steckt latente Power dahinter. Ich bin ziemlich sicher, dass die Chinesen den westlichen Firmen deutlich mehr wehtun werden als die koreanischen Anlagenbauer.” Ihr technologische Know-how werde zwar nicht reichen, um den Platzhirschen in Europa oder Nordamerika Paroli zu bieten, aber in Asien und im Mittleren Osten seien sie auch technologisch wettbewerbsfähig. “Und es tut schon weh genug, wenn sie uns dort treffen”, so der Experte des TÜV. “Wie Brötchenbacken”Die oft beschworene Gefahr, die von den Koreanern ausgehe, relativierte der Branchenexperte. Zwar haben Anlagenbauer wie Samsung, Daelim, Daewoo, Hyundai, GS, Posco, Hanwha, Dowha oder Lotte aus Korea den Markt mit aggressiven Angeboten durchgerüttelt, doch die Marktanteilsgewinne gegen etablierte Anbieter wie Thyssenkrupp Uhde, Technip, Lurgi, Jacobs, Bechtel, Foster Wheeler oder Warley Parson hätten sich die Koreaner fast durchweg mit hohen Verlusten erkauft.Die Chinesen seien im Anlagenbau nicht besser als die Deutschen, aber “anders”, sagte Rindfleisch. Sie zögen die Projekte extrem straff durch. “Bei den Chinesen läuft die Kommunikation top down, da gibt es keine ellenlangen Diskussionen über Alternativen, und die Entscheidungsprozesse sind deutlich strikter als bei europäischen Firmen.” Der Bauprozess sei rigide organisiert: “Das wickeln die ab wie Brötchenbacken”, sagte Rindfleisch. Effizient, aber kaum kreativDie chinesische Art, Großanlagen zu bauen, lasse derweil wenig Raum für Kreativität. Das führe zwar zu effizienter Abwicklung, lasse aber dem Kunden wenig Spielraum für Veränderungen. Nach der Projektvergabe gingen die Chinesen gleichsam “mit dem Kopf durch die Wand”, Änderungswünsche des Kunden würden nach Vertragsabschluss nicht mehr berücksichtigt. Auch bei der Budgetkontrolle hätten Anbieter aus der Volksrepublik erkennbare Defizite. Schläge aus der DeckungRindfleisch erklärte, es sei der falsche Weg, wenn sich westliche Anbieter noch stärker auf die Technologieführerschaft kaprizierten. Man laufe so Gefahr, Geld auszugeben für etwas, das der Kunde nicht mehr honoriere. Der Vorsprung der etablierten Anbieter sei gegenüber Chinesen und Südkoreanern teilweise so hoch, dass es genüge, ihn zu halten, um die Spitzenposition zu bewahren, sagte er und zog eine Analogie zum Boxsport: “Der Hopser, der die Schläge rundherum setzt, wirkt zwar aktiver. Aber effizienter ist der Boxer, der sich solide in der Deckung hält und dann gezielte Schläge setzt.”An diesem Punkt kam allerdings sofort Widerspruch aus dem Publikum: “Die Engineering-Expertise, die wir bei den Südkoreanern sehen, ist extrem gut. Wir müssen auch da besser sein”, lautete der Zwischenruf eines hochrangigen deutschen Anlagenbau-Managers.