China von der globalen M&A-Bühne wie weggefegt
wb Frankfurt – Chinesische Unternehmen investierten im ersten Halbjahr 2019 nur 12,3 Mrd. Dollar in Europa und Nordamerika. Das sind 18 % weniger als in der gleichen Vorjahreszeit – und das ist das niedrigste Volumen seit 2014. Das geht aus der neuesten Analyse der Anwaltskanzlei Baker McKenzie in Zusammenarbeit mit der Rhodium Group aus New York hervor. Diese ist auf die Analyse von Trends chinesischer Investitionen spezialisiert.Nordamerika verzeichnete einen Anstieg von 19 % gegenüber dem außergewöhnlich niedrigen Niveau des Vorjahres. Der Zuwachs von 19 % entfiel ausschließlich auf die USA. Nach einem starken Start ins Jahr, der vom Abschluss zweier Megatransaktionen getrieben wurde, die 2018 vorbereitet wurden – Shandong Ruyi-Lycra und Anta/Amer – flachte die Aktivität stark ab. In Nordamerika gab es Deals für 3,3 Mrd. und in Europa für 9 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Chinesische Investitionen erreichten im ersten Halbjahr 2017 in Europa mit 53,9 Mrd. und in Nordamerika im zweiten Halbjahr 2016 mit 28,4 Mrd. Dollar den Höhepunkt.In Europa sind die Investitionen noch dreimal so hoch wie in Nordamerika. Während der Abwärtstrend ähnlich verlaufe, werde das höhere Investitionsniveau in Europa von Zielen widergespiegelt, die Pekings Outbound-Politik besser entsprächen, sowie einer geringeren politischen und regulatorischen Kontrolle. Der Anteil der staatlichen Investoren an den Gesamtinvestitionen ist in Europa auf 6 % gesunken.Die größten Transaktionen 2019 in Europa waren die Übernahme des finnischen Sportartiklers Amer durch Anta für 5,2 Mrd. Dollar, die Akquisition von 51 % des schwedischen Elektroautoherstellers Nevs (930 Mill. Dollar) durch Evergrande, der Erwerb des britischen Zahlungsunternehmens Worldfirst durch Ant Financial (für 700 Mill. Dollar) und die Übernahme des italienischen Hausgeräteherstellers Candy durch Haier für 547 Mill. Dollar. In Frankreich und Deutschland sackten die Investitionen um 97 bzw. 75 % ab.”Investoren konzentrieren sich eindeutig auf Transaktionen in Branchen mit geringeren regulatorischen Hürden. Aus den Zahlen geht jedoch hervor, dass Akquisitionen in potenziell problematischen Branchen – wie elektronischer Zahlungsverkehr oder Elektrofahrzeuge – ebenfalls getätigt werden können, wenn Investoren ihre Hausaufgaben machen”, sagt Thomas Gilles, Vorsitzender der EMEA-China-Gruppe von Baker. CFIUS lässt rückabwickelnDie jüngsten Schritte des Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS), mit denen zwei chinesische Unternehmen gezwungen wurden, bereits erworbene Vermögenswerte zu veräußern (Dating-App Grindr und das Start-up für Gesundheitsdiagnostik Patients LikeMe), verdeutlichen die wachsenden Bedenken der US-Aufsichtsbehörden. Und der Blick in die Pipeline gebe keinen Anlass zu Optimismus. Chinas Investitionen im Westen bleiben voraussichtlich auf dem niedrigen Niveau, schätzt Baker McKenzie. Zur Jahresmitte gab es nur 4,6 Mrd. Dollar an schwebenden M&A-Deals in Nordamerika und bloß 2 Mrd. Dollar in Europa.”Da Europa neue Richtlinien für das Investitionsscreening umsetzt, werden chinesische Investoren wahrscheinlich einer genaueren Prüfung unterzogen. Viele der im neuen EU-Rahmen festgelegten Kriterien könnten für chinesische Investoren besonders problematisch sein, einschließlich einer besonderen Prüfung für staatliche Investoren”, kommentiert Gilles.